"Eingebundene Souveränität" - Zur Zukunft der Medizin in der Universität


Empfehlung des 204. HRK-Plenums am 14.6.2005


Vorwort


Ziel der Empfehlung ist es, eine nachhaltige Einbindung der Medizin in Forschung und Lehre der Universitäten sicherzustellen, denn Lehre und Forschung gehören zu den gesetzlich festgeschriebenen Aufgaben der Universitätsklinika. Gleichzeitig muss aber auch der aus den Aufgaben der Medizin notwendigen Souveränität Rechnung getragen werden. Um dies zu erreichen, müssen Hochschulleitungen und medizinische Fakultäten einerseits und die Leitungen der Universitätsklinika andererseits Abstimmungen erreichen, die zu einem an den Anforderungen durch Forschung und Lehre ausgerichteten Klinik-Profil führen, das sich z. B. auch in einem diesem Profil angemessenen Case-Mix-Index niederschlägt.


Zusammenfassung (Schlussfolgerungen)

  1. An in Medizin führenden Universitäten muss die Medizin als ein für die wissenschaftliche Produktivität der gesamten Universität wichtiger Teilbereich nicht separiert, sondern akademisch und organisatorisch eng in den Fächerverbund integriert geführt werden. Ihre Stellung innerhalb der Universität sollte im Interesse der Entwicklungsfähigkeit sowohl der Gesamtinstitution wie ihrer Teilbereiche einem Konzept der "Eingebundenen Souveränität" folgen. Dies erfordert ein Gleichgewicht zwischen Integration und Eigenständigkeit, das sowohl gegenseitige Interessensanerkennung als auch wechselseitigen Interessensausgleich verwirklicht.

  2. Eine Entwicklungsplanung der Universität und der in sie eingebundenen Medizin muss im Interesse der Profilbildung der Universität als Ganzes eng miteinander koordiniert und ineinander verflochten werden. Dies ermöglicht insbesondere durch gemeinsame Berufungsstrategien in verbundenen fachlichen Schwerpunkten insbesondere in den Lebens-, aber auch anderen Wissenschaften Wettbewerbschancen, die bei unverbundener Entwicklungsplanung weder für die Medizin noch für die anderen universitären Bereiche allein zu erreichen wären. Die Einbindung dient damit der Steigerung des wissenschaftlichen Potenzials der Gesamtuniversität sowie - bei gemeinsamer Ressourcennutzung und Vermeidung von Mehrfachvorhaltungen - auch der gebotenen Wirtschaftlichkeit.

  3. Die Universität insgesamt muss eine stärkere Professionalisierung ihrer Leitungs- und Entscheidungsstrukturen erreichen, da in allen Wissenschaftsbereichen nicht zuletzt durch die zunehmende Verknappung von Ressourcen Kriterien der Effektivität und Effizienz eine wachsende Rolle spielen. Hier kann die Medizin die im Dienstleistungsbereich der Krankenversorgung gewonnenen Managementerfahrungen und -kompetenzen einbringen und damit notwendige Entwicklungen im Wissenschaftsmanagement der gesamten Universität beschleunigen.

  4. Die abschließende Verantwortung für die Profilbildung der Universität als Gesamtinstitution, d.h. einschließlich ihrer Medizinbereiche, muss bei den zentralen Leitungsgremien und -organen der Universität liegen. Dies setzt eine angemessene Vertretung der Medizin, mindestens aber eine maßgebliche Beteiligung an der Meinungs- und Entscheidungsfindung in diesen Leitungsgremien der Universität voraus.

  5. Für die Gestaltung von medizinischer Forschung und Lehre muss die inhaltliche und finanzielle Verantwortung im Rahmen der Entwicklungsplanung der Universität in ähnlichem Umfang bei der Medizinischen Fakultät liegen wie bei anderen Fakultäten. Daher muss die Entscheidungskompetenz über die Verwendung der für die Medizin zur Verfügung gestellten Mittel des Landeszuschusses für Forschung und Lehre der Medizinischen Fakultät, d.h. dem Dekanat bzw. dem Fakultätsvorstand, zugeordnet werden. Dies setzt die klare Abgrenzung der Kosten von Krankenversorgung einerseits sowie Forschung und Lehre andererseits durch eine transparente Trennungsrechnung voraus.

  6. Insoweit die Universität organisationsrechtlich weiterhin als Trägerin des Klinikums fungiert, sollten Wirtschafts- und Haushaltsverantwortung für den gesamten Bereich der Medizin im Sinne einer pragmatischen Aufgabenteilung im Wege der Delegation durch die Hochschulleitung von der Medizin selbst eigenverantwortlich wahrgenommen werden. Das Verhältnis von Universitäts- und Klinikumsverwaltung muss nach dem Prinzip der eingebundenen Souveränität definiert und so weit wie möglich entflochten werden. Die für Aufgaben in medizinischer Forschung und Lehre erforderlichen Leistungen des Universitätsklinikums sollten durch Leistungs- und Zielvereinbarungen mit Universität und Fakultät festgelegt werden.

  7. Unabhängig von dem Ausmaß der organisationsrechtlichen Eigenständigkeit des Universitätsklinikums gegenüber der Universität müssen Entwicklungs- und Wirtschaftsplanung sowie Rechenschaftslegung für den Gesamtbereich der Medizin einschließlich ihrer klinischen Bereiche in die entsprechenden universitären Abläufe eingebunden sein. Dies bedeutet z.B. auch, dass die Hochschulleitung im Aufsichtsrat eines Universitätsklinikums - wo vorhanden - mit maßgeblicher Rolle einbezogen sein muss.

  8. In allen akademischen Bereichen von Lehre, Forschung und Nachwuchsausbildung ist die Nutzung von Synergien und Kooperationspotenzialen zwischen Medizin und anderen Disziplinen der Universität Voraussetzung für die Optimierung der wissenschaftlichen Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit.


Einleitung


Universitäten und universitäre Medizin [1] stehen - wie das Hochschulsystem insgesamt - vor zunehmenden Herausforderungen: Als Innovationsmotoren von Wirtschaft und Gesellschaft ist ihr Aufgabenspektrum starken Wandlungen unterworfen. Steigender Wettbewerbsdruck und zunehmende Ressourcenbegrenzung erzwingen strukturelle und organisatorische Veränderungen im Interesse der Erhaltung oder Steigerung von wissenschaftlicher Produktivität und wirtschaftlicher Effizienz. Dazu kommt ein Zuwachs im Aufgabenspektrum, das über den akademischen Auftrag in Forschung und Lehre hinaus zunehmend auch Dienstleistungsaufgaben im Bereich des Wissens- und Technologietransfers sowie der Wissensanwendung umfasst. Dies macht auch neue Formen des Management erforderlich.


Für die Universität ist ein enges Zusammenwirken mit der Medizin wegen deren inhaltlicher Beziehungen zu anderen akademischen Disziplinen - vor allem zu den Natur-, den Ingenieur- sowie den Sozial­wissenschaften - von eminenter Bedeutung. Insbesondere im Rahmen einer strategischen Entwicklungsplanung für die Forschung, die zur Festsetzung von fachübergreifenden Schwerpunkten führen und interdisziplinäre Forschungsaktivitäten ermöglichen muss, ist dieses Zusammenwirken unverzichtbar. Auch die Medizin kann ihre wissenschaftlichen Potenziale nur in einem solchen Kooperationsverhältnis voll entfalten.


Nicht zuletzt Finanzierungsengpässe (auch der Krankenversorgung) haben Diskussionen über die Binnenorganisation der Universitätsmedizin, neue Rechtsformen insbesondere der Universitätsklinika sowie die rechtliche, organisatorische und finanzielle Stellung der Medizin insgesamt innerhalb der Universitäten ausgelöst. Trotz der unbestritten notwendigen wissenschaftlichen Verflechtung der Universitätsmedizin mit den anderen Disziplinen der Universität zeichnet sich dabei - übrigens nicht nur in Deutschland - insgesamt eine wachsende Tendenz zur organisationsrechtlichen Entflechtung ab. Daher ist der gegenwärtige Zustand in Deutschland schon jetzt gekennzeichnet durch einen sehr unterschiedlichen Grad der Verselbständigung insbesondere der Universitätsklinika - von einer "Teilkörperschaft Universitätsklinikum" innerhalb der Trägerin Universität bis hin zu gänzlicher organisationsrechtlicher Trennung des Klinikums von der Universität, ja sogar völliger Eigenständigkeit der gesamten Medizin, wie sie etwa im Einzelfall der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) bereits existiert und in anderen Ländern (z.B. Österreich) flächendeckend realisiert ist.


Auslöser für diese Entwicklung sind viele unterschiedliche Faktoren, darunter nicht zuletzt Probleme der Bewirtschaftung und des Managements, die aus der Unterschiedlichkeit, ja Inkompatibilität der Aufträge und Strukturen resultieren: Medizin, vor allem ihre klinisch-praktischen Bereiche, sieht insbesondere im Hinblick auf ihre umfänglichen Dienstleistungsverpflichtungen in der Krankenversorgung ihre Interessen in der Gesamtuniversität vielfach nicht zureichend wahrgenommen. Hierzu tragen neben den finanziellen Problemen vor allem die anders gearteten Entscheidungs- und Verantwortungsstrukturen und -kriterien bei. Andererseits erscheint aus der Sicht der anderen Universitätsdisziplinen auf Grund ihrer eigenen fachlichen Traditionen das Effizienzdenken der Medizin und der dort dominierende Einfluß von Interessen des Krankenversorgungsbereichs als nicht ausreichend wissenschaftsorientiert.


Derartige Unterschiede von Auftrag, Effizienzvorstellungen und sich daraus ergebenden Managementformen und -kriterien existieren z.T. auch innerhalb der Medizin zwischen den theoretisch-medizinischen und den klinisch-praktischen Disziplinen; sie werden verschärft durch die bisher nur unvollkommen getrennte Bewirtschaftung der Landeszuschüsse für Forschung und Lehre einerseits und der Krankenkassenerlöse anderseits, die daher in der Regel durch eine gemeinsame, von der der Universität im übrigen getrennte Einheitsverwaltung vollzogen wird.


Die nachstehenden Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) konzentrieren sich daher gänzlich auf das Verhältnis zwischen der Universitätsmedizin einerseits und der Universität als Gesamtinstitution andererseits. Damit sollen sie zu einem sachgerechten Interessenausgleich beitragen. Ziel muss es sein, die Universitäts-interne Kooperation durch Nutzung von Synergien zu stärken und damit zur Profilentwicklung der Universität in Forschung und Lehre beizutragen. Insofern ergänzen diese Überlegungen die bereits vorliegenden, überwiegend auf die Medizin selbst fokussierten Stellungnahmen [2] anderer Wissenschafts­organisationen, die sich mit notwendigen organisatorischen, strukturellen und rechtlichen Veränderungen innerhalb der Universitätsmedizin - vorwiegend im Interesse einer Stärkung der klinischen Forschung - befasst haben, durch die Sicht der für die Entwicklung des Hochschulsystems insgesamt verantwortlichen Universitätsleitungen. Denn nur bei einer beiden Seiten gerecht werdenden Regelung auch der wechselseitigen Beziehungen an der Schnittstelle zwischen der Medizin und den nicht-medizinischen Bereichen der Universität wird es möglich sein, eine optimierte Kooperation unter Nutzung aller vorhandenen Potenziale im Interesse interdisziplinärer Forschung, Lehre und Nachwuchsausbildung zu sichern.


Im Interesse einer wirksamen strukturellen und funktionellen Verankerung der Medizin in der Universität sollten künftige Überlegungen zur Gestaltung von Organisation und Management von dem Grundgedanken der "eingebundenen Souveränität" der Medizin geleitet sein. Dabei gilt es, mit Blick auf die Entwicklungsfähigkeit der Gesamtinstitution einen Interessensausgleich bei gegenseitiger Interessensanerkennung herzustellen. In diesem Zusammenhang müssen die zwei verschiedenen "Aufträge" berücksichtigt werden, die für die Medizin schon jetzt gelten und zunehmend auch andere Bereiche der Universität betreffen werden: einerseits der wissenschaftlich-akademische Auftrag in Forschung, Lehre und Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie andererseits der Auftrag, Dienst- und Transferleistungen durch ein professionelles Management zu organisieren und dabei Kriterien von Effizienz und Effektivität in Planungs-, Entscheidungs- und Umsetzungsprozesse einzubringen.


Die Bewältigung der Duplizität dieser Aufgaben ist für die Universität als Ganzes eine neue, aber im zunehmenden Wettbewerb entscheidende Herausforderung, wenn sie ihren Charakter als akademische Einrichtung bewahren und gleichzeitig ihre Leistungsfähigkeit als Dienstleistungseinrichtung stärken will. Dies kann nur gelingen, wenn sie von den Hochschulleitungen in ihrer strategischen Bedeutung erkannt und von allen Teilen der Universität, insbesondere auch der Medizin, als gemeinsame Aufgabe mit getragen wird.


Sonderstellung der Medizin in der Universität


Die Sonderstellung der Medizin in der Universität ergibt sich unmittelbar aus der Komplexität ihrer Auftragslage im klinischen Bereich, die sich vor allem aus dem Krankenversorgungsauftrag, den staatlichen Vorgaben für die Ausbildung und der Verantwortlichkeit der ärztlich Handelnden ergeben:

a. Als Träger eines Krankenversorgungsauftrags ist die klinische Universitätsmedizin den Krankenkassen bzw. Kassenärztlichen Vereinigungen als Vertragspartner verpflichtet. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, betriebswirtschaftliche Kriterien mit hohem Gewicht als Steuerungsmaßstäbe einzusetzen. In jüngster Zeit hat dies angesichts erheblicher Finanzierungsprobleme im Gesundheitswesen zu einem massiven Druck auf Strukturen und Verfahren der Universitätsmedizin geführt. Dies ist ein Faktor, der im übrigen Bereich von Lehre und Forschung in der Universität bisher keine gleich gewichtete Entsprechung hat.

b. Die Duplizität der Aufgaben der klinischen Universitätsmedizin und die damit verbundenen externen Steuerungsvorgaben erzwingen u.a. eine Personalstruktur in den klinischen Bereichen, die für einen rein akademischen Betrieb untypisch ist und sich selbst von der in anderen Krankenhäusern der Maximalversorgung unterscheidet. Dies hat u.a. Folgen für die Kosten und die Haushaltsführung eines Klinikums.

c. Im Bereich von akademischer Lehre und ärztlicher Weiterbildung ist die Medizin weit mehr als andere Bereiche der Universität staatlichen (Approbationsordnung) und berufsständischen Vorgaben unterworfen, die eine institutionenspezifische Profilierung ausschließlich nach wissenschaftsorientierten Kriterien kaum erlauben. Die Dominanz dieser auch inhaltlichen Vorgaben für die auf ein konkretes Berufsbild fokussierten Ausbildungsaufgaben und der Zwang der Kapazitätsverordnung zur völligen Auslastung der Lehrkapazitäten in der Ausbildung künftiger Ärzte und Zahnärzte tragen dazu bei, dass das Engagement der Medizin für die Einrichtung von stärker forschungsorientierten Lehrprogrammen vergleichsweise begrenzt ist.

d. In den klinischen Bereichen der Medizin bedingt die persönliche Verantwortung der ärztlich Handelnden gegenüber den Patienten Entscheidungsstrukturen, die deutlich hierarchischer geprägt sind als in der Wissenschaft sonst üblich. Die im täglichen Betrieb der Krankenversorgung geübten Denkstrukturen gehen daher angesichts der Bedeutung von Verantwortung und Haftung in einem Universitätsklinikum mit einer starken "top-down"-Komponente der Verfahren der Meinungs- und Entscheidungsfindung einher.

Diese Besonderheiten der Medizin, die übrigens teilweise auch zu dem im internationalen Vergleich seit langem beklagten Defizit an leistungsfähiger klinischer Forschung führen, erzeugen zwischen der Medizin und den anderen Universitätsbereichen ein Spannungsverhältnis. Denn einerseits ist die Medizin durch ihren akademischen Auftrag in die Universität eingebunden und steht dort in akademischen Belangen im Wettbewerb mit anderen wissenschaftlichen Disziplinen, andererseits sind die Universitäts-typischen Entscheidungskriterien und -verfahren ihrem Dienstleistungsauftrag nicht immer angemessen. Darüber hinaus steht die Medizin durch ihren Versorgungsauftrag im klinischen Bereich in einem Kooperations- und Effizienzwettbewerb mit anderen Einrichtungen des regionalen Gesundheitswesens [3], der ihr Entscheidungsspielräume nimmt, die in anderen wissenschaftlichen Bereichen der Universität gegeben sind.


Dies sind einige der Faktoren, die die Sonderstellung der Medizin in der Universität begründen. Denn die in der Medizin deutlich wahrgenommene Bedeutung von wirtschaftlich-administrativer Effizienz und Effektivität als Lenkungskriterium und die daraus resultierende Notwendigkeit eines entsprechenden Managements erzeugen Erwartungen an die Organisation von Entscheidungsstrukturen, die durchaus verschieden sind von denen der nicht-medizinischen Bereiche der Universität. Die in der Krankenversorgung unabdingbare Weisungsbefugnis von persönlich verantwortlichen und haftbaren Dienstvorgesetzten ist für den Bereich der Wissenschaft ein undenkbares Leitungsprinzip. Wenngleich für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich sachlich angemessen, stehen Wissenschafts- und Dienstleistungsmanagement somit in einem ebenso unvermeidlichen Spannungsverhältnis wie eine aus guten Gründen stärker "Hierarchie-geprägte" Klinikumsleitung einer stärker "Demokratie-geprägten" Universitätsleitung. Hieraus resultieren Defizite an Verständnis und Verständigung in der Medizin gegenüber dem Arbeitsverfahren der nicht-medizinischen Universitätsbereiche und ebenso in umgekehrter Richtung.


Dieser "Kulturbruch" besteht übrigens auch innerhalb der Hochschulmedizin zwischen den klinischen Einrichtungen und den nicht mit der Krankenversorgung befassten theoretisch-medizinischen Grundlagendisziplinen, deren Wissenschaftsverständnis - ebenso wie das der nicht-medizinischen Bereiche der Universität - wenig Raum lässt für unternehmens-orientierte Indikatoren als Lenkungsgrößen. Wenngleich auf der Ebene von Verwaltung und Ressourcenverteilung durch die Einführung der Trennungsrechnung künftig deutlicher vom Dienstleistungsbereich getrennt, sind diese wissenschaftlichen Einrichtungen mit den Kliniken jedoch in einigen Universitäten durch eine gemeinsame Administration verbunden und werden daher nach anderen Vorstellungen von Governance und Professionalität geführt als in den nicht-medizinischen Bereichen der Universität üblich. Insoweit ist in der Medizin gegenüber den anderen Disziplinen der Universität die Bedeutung von Lehre und Forschung in einen Gesamtzusammenhang eingeordnet und damit stärker relativiert. Dies wird besonders in der Doppelverpflichtung der akademischen Mitarbeiter in den Klinika erkennbar, die einerseits "ärztlicher Dienst", andererseits "wissenschaftliches Personal" sind. Es kann sich auch in der Doppelfunktion der Leitungspersonen der klinischen Medizin niederschlagen, die zusätzlich zur Berufung auf eine Professur der Universität auch Chefarztverträge mit einem ggf. rechtlich selbständigen Klinikum haben, woraus gelegentlich Probleme der Bewertung von Zuständigkeiten resultieren können. Dies gilt insbesondere dann, wenn in die Zweckbestimmung eines eigenständigen Universitätsklinikums die Unterstützung von Forschung und Lehre nicht als eine der Krankenversorgung mindestens gleichrangige Aufgabe rechtlich verbindlich eingeschlossen ist.


Wissenschaftliche Verflechtung


Medizinische Forschung in Deutschland hat internationales Niveau vor allem dort erreicht, wo klinisch-praktische und theoretisch-experimentelle Disziplinen innerhalb der Medizin eng miteinander und mit den anderen Disziplinen der Universität, insbesondere den Natur- und Ingenieur-, aber auch den Geistes- und Sozial­wissenschaften, kooperiert haben. Wissenschaftliche Erkenntnisfortschritte und die daraus resultierende Entwicklung der diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten der klinisch-praktischen Medizin sind unmittelbare Ergebnisse der explosiven Entwicklung neuer Methoden, die zu großen Teilen auch außerhalb der Medizin - in den Naturwissenschaften - stattgefunden hat.


Entsprechend dieser großen Bedeutung naturwissenschaftlicher Methodik in der medizinischen Forschung hat auch ein beträchtlicher Teil der in medizinischen Einrichtungen - zunehmend auch in den wissenschaftlichen Bereichen der Kliniken - beschäftigten Wissenschaftler keine medizinische, sondern eine naturwissenschaftliche Ausbildung. Die "Lebenswissenschaften" bilden einen Wissenschaftsbereich, in dem das Fächerspektrum der Medizin eng mit dem anderer Disziplinen der Universität verflochten ist. Diese wissenschaftliche Verflechtung ist für die Weiterentwicklung der Forschung in den Grenzgebieten der Disziplinen wie auch für die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses unabdingbar. Nicht nur die Medizin ist im Interesse ihrer wissenschaftlichen Produktivität auf ihre Einbeziehung, zumindest aber auf die enge Kooperation mit der Universität angewiesen, sondern umgekehrt wird auch die Universität eine relevante Schwerpunktbildung beispielsweise in den Lebenswissenschaften nicht ohne Einbeziehung der Medizin erreichen können. Daher ist Forschungsentwicklung ohne eine die Fächer- und Fakultätsgrenzen übergreifende Entwicklungsplanung und -entscheidung kaum denkbar; dies muss daher einen Niederschlag in geeigneten Organisationsstrukturen in den Universitäten finden.


Die Einbeziehung der Medizin in die Strukturen der Universität sichert überdies auch dem Universitätsklinikum einen deutlichen Wettbewerbsvorteil als Schwerpunktklinikum der Maximalversorgung gegenüber anderen Krankenhäusern der Region, der bei Leistungsbewertung und Finanzierung durch die Krankenkassen berücksichtigt werden muss; dies begründet auch den Anspruch der Universitätsklinika auf eine anders geartete Einstufung bei den Entgeltregelungen nach DRG. Die Tatsache, dass der universitäre Auftrag der Klinika eine andere Personalstruktur und damit höhere Kosten verursacht, ist auch für ihre wirtschaftliche Effizienz und Konkurrenzfähigkeit gegenüber Krankenhäusern anderer Träger ebenso wie gegenüber anderen Wissenschaftsbereichen mit deutlich geringerem Dienstleistungsauftrag von größter Bedeutung.


Aus diesen Gründen gehört die Medizin in den Gesamtzusammenhang der Wissenschaften und damit in den Gesamtzusammenhang der Universität. Die Frage bleibt, wie das Zusammenwirken der Medizin mit den anderen Wissenschaften angesichts des "Kulturbruchs" organisatorisch im Interesse einer optimalen Fortentwicklung der Wissenschaft, aber auch einer gesteigerten Wettbewerbsfähigkeit der Universität insgesamt gestaltet werden kann.


Entwicklungsplanung als Strategie-Instrument


Die Entwicklungsplanung ist das zentrale Element der Strategiefähigkeit der Hochschulen und damit Voraussetzung für ihre Wettbewerbsfähigkeit. Diese manifestieren sich vor allem in der Fähigkeit zu einer Struktur- und Entwicklungsplanung, die

  • optimale Rahmenbedingungen für Wissenschaft, für wissenschaftsbasierte Lehre sowie Nachwuchsausbildung schafft,
  • die Leistungsfähigkeit der Hochschule als Expertenorganisation und Dienstleistungseinrichtung für Wissens- und Technologietransfer sowie Wissensanwendung stärkt,
  • in allen diesen Belangen durch generelle Professionalisierung eine maximale Nutzung von Synergien bei hoher Effizienz entwickelt.

Angesichts zunehmend begrenzter Ressourcen, fortschreitender Spezialisierung und Fragmentierung der Wissenschaften und daher steigendem Bedarf an inter- oder transdisziplinärer Forschung werden Profilbildung und Schwerpunktsetzung im Rahmen einer strategischen Entwicklungsplanung für die gesamte Universität zunehmend unverzichtbar. Die Definition von Schwerpunkten im Rahmen eines Gesamtprofils oder Leitbildes muss notwendigerweise auch die Entscheidung über eine zukunftsfähige Gewichtung zwischen akademischem Auftrag und extern orientiertem Engagement in Form von Dienstleistungen im Rahmen von Krankenversorgung, Beratungstätigkeit, Wissens- und Technologietransfer, etc. umfassen. Dies bedarf der übergeordneten Planung mit Blick auf die Entwicklung der gesamten Institution Universität einschließlich ihrer Medizinbereiche. Eine solche Betrachtungsweise ist notwendig, um den inneren Zusammenhang der Wissenschaften zur Schaffung transdisziplinärer Schnittstellen wie auch zur Ermöglichung neuer zukunftsweisender Forschungs- und Lehrgebiete - insbesondere im Rahmen der postgradualen Ausbildung - zu gewährleisten. Hierzu gehört insbesondere die Einrichtung Disziplinen-übergreifender Graduiertenschulen und Forschungsverbünde, ggf. unter Beteiligung weiterer Partner außerhalb der Universität.


Handlungsbereiche für die Entwicklungsplanung sind insbesondere:

  • Zielvereinbarungen, die sowohl hochschulintern zwischen der Universitätsleitung und den Fächern/Fachbereichen wie auch zwischen Universität und Land geschlossen werden und die Medizin im Sinne einer "eingebundenen Souveränität" einschließen,
  • eine auf die Stärkung existierender oder die Entwicklung zukünftiger wissenschaftlicher Schwerpunkte gerichtete Berufungspolitik, die im Interesse einer zielgerichteten wissenschaftlichen Entwicklung und im gleichen Sinne auch Berufungen in der Medizin umfasst,
  • eine konzeptionell orientierte Planung von institutionellen Kooperationen mit Partnern, die nach strategischen Gesichtspunkten ausgewählt sind,
  • eine qualitätsorientierte Internationalisierung in Lehre und Forschung,
  • eine Lehrplanung, die dem Gesamtkonzept der wissenschaftlichen Schwerpunktsetzung entspricht,
  • eine Stärkung der Drittmittelfähigkeit durch besondere administrative und materielle Unterstützung der Infrastruktur in den festgelegten Schwerpunktbereichen.

Mit Blick auf den besonderen Auftrag der Medizin in der Krankenversorgung, aber auch mit Blick auf die wachsende Bedeutung von Wissenstransfer, Beratung und Dienstleistung in anderen Wissenschaftsbereichen der Universität muss die Duplizität zwischen akademischem Auftrag und externer Dienstleistungsaufgabe ein zentraler Gegenstand bei der Strategieentwicklung sein. Zur Zeit werden Dienstleistung und Transfer vorwiegend unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten geplant. Künftig muss - und hierfür kann die Medizin Anstöße geben - die Hochschulleitung für alle Disziplinen eine Gesamtstrategie entwickeln, in der verschiedene Aktionsstränge gebündelt und Prioritäten und Posterioritäten mit Blick auf das Ganze bewusst gesetzt werden. Wenn Dienstleistungen in Gebieten - zum Beispiel in der Krankenversorgung - erbracht werden, in denen ein akademischer Auftrag nicht vorgesehen wird, muss dies zumindest Teil einer bewussten von den Leitungsorganen für die Gesamtuniversität verantworteten Planung beruhen und Gegenstand des strategischen Konzeptes sein.


Die bei dieser Zielsetzung durch Einbindung der Medizin in die Universität gegebenen Chancen können nur genutzt werden, wenn

  • die Universität sich als ganze Einrichtung der Herausforderung stellt, die Entwicklung der akademischen Disziplinen auch unter dem Kriterium von Effizienz und Effektivität zu betreiben.
  • die Medizin ihrerseits ihren akademischen Auftrag nicht der Dominanz der Krankenversorgung oder der wirtschaftlichen Effizienz unterordnet. Soweit auch Leistungen eines rechtlich selbständigen Universitätsklinikums zur Erfüllung dieses Auftrags erforderlich sind, sollten diese durch entsprechende Leistungsvereinbarungen gesichert werden.
  • in der Grundlagenforschung und in der Lehre durch Kooperation zwischen der Medizinischen Fakultät und anderen Bereichen der Universität deutliche Qualitätsgewinne - in der Regel für beide Seiten - erzielt werden.

Wenn hierin ein gemeinsames Interesse gesehen wird, ergeben sich bedeutende Chancen für die Gesamtentwicklung der Institution Universität. Diese Chancen dürfen nicht vergeben werden. Daher sieht die Hochschulrektorenkonferenz die Notwendigkeit, eine integrative Gesamtentwicklungsplanung bewusster als bisher als Auftrag der Medizin führenden Hochschulen zu verstehen und geeignete Strukturentscheidungen voranzutreiben.


Hierzu gehört zum einen eine generelle Professionalisierung der Universität, wie sie in Grundzügen in der HRK-Empfehlung "Professionalisierung als Leitungsaufgabe" (Juni 2004) formuliert worden ist. Wenn es gelingen soll, für die Gesamtentwicklung der Universitäten eine Perspektive anzustreben, nach der das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile, dann gilt es, das Gesamtinteresse der Universität durch klare Schwerpunkt- und Profilbildung sowie durch konsequente Funktions- und Kooperationsverflechtung der Fakultäten und Disziplinen zu definieren. Dies ist nicht trivial angesichts der zunehmenden Differenzierung der Wissenschaften und der sich daraus ergebenden wachsenden Interessendiversifikation in allen Bereichen der Universität. Es ist jedoch zwingend, weil trotz weiter zu erwartender Ressourcenverknappung eine Fokussierung der verbleibenden Haushaltsmittel im Interesse von Exzellenz geboten ist.


Demzufolge muss einerseits auch die Medizin als Teil der Universität ihre Entwicklungsplanung in die der Gesamtuniversität stellen und diese andererseits bei der Erstellung einer Gesamtentwicklungsplanung die Medizin einbeziehen. Innerhalb der Medizin gehört hierzu auch die durch steigenden Wettbewerb und Ressourcenverknappung erzwungene strategische Entscheidung über die Struktur und Aufgabenzuweisung der Einrichtungen von Medizinfakultät bzw. Universitätsklinikum, zu denen hier nicht im Einzelnen Stellung bezogen wird:


Soll/muss das volle Fächerspektrum für alle drei Aufgaben (Lehre, Forschung, Krankenversorgung) vorgehalten werden? Könnte es Abteilungen geben, die vorrangig nur das Eine - etwa Krankenversorgung -, nicht aber auch das Andere - Forschung und Lehre - betreiben? Soll das Universitätsklinikum - z.B. in Ballungsräumen - sich auf eine begrenzte Zahl von in der Region sonst nicht vertretenen klinischen Angeboten spezialisieren? Wie kann sichergestellt werden, dass die für Forschung und Lehre erforderlichen Strukturen auch in einem rechtlich selbständigen Universitätsklinikum erhalten und adäquat ausgestattet werden? Solche Überlegungen für die strukturelle Ausrichtung der Medizin können im Rahmen der Schwerpunktplanung nur mit Rücksicht auf den größeren Fächerzusammenhang der Universität entschieden werden; sie sind Gegenstand der strategischen Positionierung der ganzen Universität, für die es kein allgemein verbindliches Schema geben kann.


Leitungs- und Entscheidungsstrukturen


Aus dem Gesagten ergibt sich die Notwendigkeit, innerhalb der Universität einheitliche bzw. kompatible Rahmenbedingungen für die Wissenschaft in der Medizin ebenso wie in den anderen Disziplinen und Fakultäten zu schaffen. Leitungs- und Entscheidungsorgane müssen daher so beschaffen sein, dass sie sowohl den Planungs- als auch den Umsetzungsprozess in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsfeld abschließend verantworten können. Hierzu bedarf es einer Leitungsstruktur, die eine eindeutige Entscheidungszuweisung für die zentralen und dezentralen Gremien und Organe beinhaltet und gleichzeitig die entscheidungsrelevanten Aspekte - Wissenschaft, Management und Dienstleistung - berücksichtigt.


Die Schaffung professioneller, wissenschaftsadäquater bzw. wissenschaftsorientierter Managementstrukturen für alle Teile der Universität ist eine wesentliche Herausforderung, denn Exzellenz in der Wissenschaft setzt nicht nur die Rekrutierung der "besten Köpfe" und die Verfügbarkeit entsprechender Ressourcen voraus, sondern entwickelt sich nur in einem durch ein wissenschaftsorientiertes Management geschaffenen Organisationsraum. Bei dessen Gestaltung kann die Medizin durch die in der Organisation der Klinika gewonnenen Erfahrungen und Kompetenzen für die Universität die Professionalisierung von Managementstrukturen unterstützen. Damit wird ein Prozess in Gang gesetzt, der für die gesamte Universität mittelfristig notwendig ist. Für den Erfolg dieses Prozesses wird es von entscheidender Bedeutung sein, dass die Mitglieder der Universität die institutionellen Interessen der Universität als Ganzes im Wettbewerb sowie die zunehmende Bedeutung der Parameter Effizienz und Effektivität sowie die Verpflichtung zur Rechenschaftslegung für alle Disziplinen ebenso wie für die Gesamtinstitution wahrnehmen.


Solange solches Denken noch neu ist, ist die notwendige Überzeugungsarbeit eine Aufgabe der Hochschulleitungen, die gleichzeitig die Erkenntnis vermitteln müssen, dass in diesem Prozess erhebliche Chancen für alle Bereiche der Universität liegen. Notwendige Konsequenz der Professionalisierung von Managementstrukturen führt zu einer Organisations- und Verfahrensverflechtung innerhalb der ganzen Universität, die die Einheitlichkeit der Planungs- und Entscheidungsstrukturen sichert und zu einer Einbindung der Medizin - oder anderer Bereiche - in die Gesamtorganisation Universität beiträgt.


Universitäten - wie alle Hochschulen - müssen grundsätzlich das Recht haben, ihre Grundordnung und darin auch ihre Leitungsstrukturen selbst festzulegen. Auf dieser Grundlage erfolgt die Entscheidungsfindung auf allen Ebenen nach dem Prinzip der Zielvereinbarung, demzufolge die Profilentwicklung der Fächer/Fakultäten nach übergeordneten, strategischen Planungs- und Leitbildentscheidungen in einem mehrfachen top-down/bottom-up-Prozess zum Ausgleich gebracht wird. Innerhalb der Medizin macht die Sicherung der für die Zielerreichung erforderlichen Ausstattungen dort, wo ein Universitätsklinikum bereits rechtlich weitgehend oder ganz verselbständigt ist, ggf. auch Zielvereinbarungen zwischen der Universitätsleitung (bzw. der Medizinischen Fakultät) einerseits und dem Klinikum andererseits erforderlich.


Die Verantwortung für die Finanzierbarkeit und Realisierbarkeit der Planungen, also die Managementverantwortung wie auch die Verantwortung für die an Zielvereinbarungen orientierte leistungsbezogene Vergabe von Ressourcen liegt beim Präsidium/Rektorat der Universität bzw. bei dem Medizinischen Dekanat, dessen Mitglieder in der Regel durch doppelte Legitimation (Wahl und Bestätigung) bestellt sind.


Da die zentrale Verantwortung für die Entwicklung der Universität insgesamt sowohl im akademischen wie im Dienstleistungsbereich Aufgabe der Universitätsleitung ist, sollte die Medizin in den zentralen Gremien und besonders in der Universitätsleitung in angemessener Weise vertreten, zumindest aber maßgeblich in der Entscheidungsfindung dieser Gremien berücksichtigt werden - das Erfordernis einer zurechenbaren Entscheidungsverantwortung lässt selbst regelmäßige Abstimmungsgespräche nicht als ausreichend, weil nicht mit entsprechender Verantwortung verbunden, erscheinen. Zur Managementverantwortung gehören auch die Entscheidungen über die Realisierbarkeit und Finanzierbarkeit von Maßnahmen der Schwerpunktsetzung und Profilbildung. Daher ist die Beteiligung der hier Verantwortlichen, insbesondere des Präsidiums/Rektorats und der hierfür vielfach noch unzulänglich ausgestatteten Dekanate in allen Entscheidungsprozessen eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Gesamtentwicklung.


Die Kompetenz zu abschließenden Planungsentscheidungen unter Berücksichtigung der in den Fächern und Fakultäten einschließlich der Medizin erarbeiteten akademischen sowie wirtschaftlichen Gesichtspunkte sollte einem Hochschulrat - soweit vorhanden - zugeordnet sein, ggf. nach Stellungnahme des Akademischen Senats zur Wahrung der Zuständigkeit für die akademische Zieldefinition. Hierbei müssen für die Medizin dieselben Regeln und Verfahrenswege gelten, wie für andere Fakultäten.. Daher muss die mittelfristige Forderung an die Landesgesetzgeber wie an die Universitäten sein, Hochschulräte - soweit vorhanden - so auszustatten, dass sie diese Aufgabe wahrnehmen können. Zur kompetenten Wahrnehmung der entsprechenden Entscheidungskompetenzen ist eine Besetzung mit externen und internen Mitgliedern der Universität sinnvoll, um sowohl die akademisch-wissenschaftlichen Aufgaben als auch die externen Anforderungen an die Universität angemessen zu repräsentieren. Damit wird der Hochschulrat zu einem entscheidenden Strategiegremium, das die Aufgabe hat, interne und externe Aspekte der Entwicklungsplanung mit den Anforderungen an die Universität und verfügbaren Ressourcen zur Deckung zu bringen.


Verwaltungsverflechtung


Im Interesse einer sinnvollen Klärung der Zuständigkeiten in Haushalts- und Verwaltungsangelegenheiten sollte der für Forschung und Lehre relevante Haushalt der Medizin grundsätzlich formaler Teil des Universitätshaushaltes sein; daraus ergibt sich die formale Zuständigkeit von Präsidium/Rektorat für Haushaltsaspekte auch der Medizin - z.B. im Rahmen von Hochschulvertragsverhandlungen mit dem Land.


Dieses Prinzip bietet auch eine belastbare Orientierungsgrundlage für die Gestaltung von Berufungsverhandlungen. Grundsätzlich ist die Erstellung einer Berufungsliste zunächst Aufgabe der Fakultät, wenngleich schon hier ein modernes Berufungsmanagement weitere Beteiligungen und Zuständigkeiten im Interesse der Wahrung strategischer Interessen der Universität erforderlich machen wird. Wenn ein Ruf vom Ministerium oder - und dies sollte im Interesse autonomer Strategiefähigkeit der Hochschule möglichst bald überall so geregelt sein - durch Präsident/Rektor ergangen ist, sollten die Verhandlungen formal und faktisch in der Hand des Präsidiums/Rektorats liegen und unter Beteiligung des Dekanats (für die akademischen Aufgaben der Professur) und Klinikumsvorstand (für Aufgaben in der Krankenversorgung) geführt werden.


 


Anmerkungen


[1] Unter "universitärer Medizin" werden hier die humanmedizinischen Bereiche von Universitäten (einschl. der Zahnmedizin) verstanden, die als Fakultäten und Klinika organisiert sind. Nicht eingeschlossen ist hier Veterinärmedizin, wenngleich angesichts des doppelten Auftrags in Forschung und Lehre sowie Krankenversorgung manche der hier dargelegten Überlegungen auf sie gelten könnten.


[2] Empfehlungen des Wissenschafrtsrat zu forschungs- und lehrförderlichen Strukturen in der Univrsitätsmedizin, Januar 2004 (Drs. 5913/04); Denkschrift Klinische Forschung der DFG. Diese Stellungnahmen befassen sich vorwiegend mit Struktur- und Organisationsfragen innerhalb der Medizin, lassen aber das Verhältnis zwischen dem Medizinbereich der Universität und der Universität als Gesamtinstitution weitgehend unberührt.


[3] Es ist anzumerken, dass bei der Gestaltung des Rechts- und Arbeitsrahmens für die Hochschulmedizin durch Hochschul- und Krankenhausgesetze, Landesbettenpläne, Entgeltregelungen (z.B. DRG) oder Pflegesatzvereinbarungen in der Regel dieser Doppelauftrag nur unzureichend berücksichtigt wird.