Stellungnahme des Senats der HRK vom 15.2.2005
Das Plenum der HRK hat sich am 9. November 2004 für eine stärkere Einbeziehung der Lehrerbildung in die gestufte Studienstruktur ausgesprochen. Der Europäisierungsprozess bietet die Chance, die Qualität der Lehrerbildung zu verbessern, sie zu internationalisieren und ihren Stellenwert innerhalb der Hochschule zu erhöhen. Dazu müssen die Hochschulen aber in die Lage versetzt werden, im Zuge ihrer Profilbildung auch diesen Ausbildungsbereich stärker selbst zu gestalten.
Aus Sicht der Hochschulen ist es grundlegend, dass sich die Lehrerbildung in die Studienstruktur der übrigen Fachdisziplinen einfügt, um die Qualität der Ausbildung zu steigern und Synergien mit anderen Bereichen der Hochschule zu erreichen. Das Plenum kritisiert den Entwurf der KMK, da sie die Einhaltung der Strukturvorgaben grundsätzlich restriktiv handhabt, jedoch mit Blick auf die staatlich regulierten Bereiche wie die Lehrerbildung auf Ausnahmen besteht. Die fehlende Einigung zwischen den Ländern führt in diesem Prozess zu inakzeptablen und aus Sicht der HRK unnötigen Abweichungen. Eine gegenseitige bundeslandübergreifende Anerkennung der Abschlüsse muss gesichert sein, um den Absolventen eine nationale Mobilität zu ermöglichen. Mit Blick auf ein Zusammenwachsen Europas müssen längerfristig europäische und nicht bundeslandspezifische Standards als Referenzpunkte herangezogen werden.
Für eine reformierte Lehrerbildung sind aus Sicht der HRK folgende Ziele prioritär:
- die Sicherung einer qualitativ hochwertigen Lehrerausbildung, die auf eine Beschäftigungsfähigkeit zielt, und sich jenseits der Detailsteuerung durch berufsrechtliche Regelungen (Lehrerbildungsgesetze und die Lehrerprüfungsordnungen) und besoldungsrechtliche Fragen entwickeln kann;
- die Überarbeitung und Umgestaltung der Studienkonzeptionen mit Blick auf die anstehenden Berufsfelder und auf die im Lehrerberuf geforderten Kompetenzen und Qualifikationen (Outputorientierung);
- eine Polyvalenz des Bachelorabschlusses, um eine Anbindung an die sonstige fachliche Ausbildung der Fakultäten und Fachbereiche sicherzustellen;
- studienbegleitende Prüfungssysteme zur Überprüfung des Kompetenzportfolios und nicht eine abschließende Staatsexamensprüfung;
- Einbeziehung der Standards für die Bildungswissenschaften in die Definition von Kompetenzen sowie für die Qualitätssicherung;
- Einführung eines Kreditpunktsystems und die Ausstellung des Diploma Supplements. Folgende Forderungen an die Kultusministerkonferenz hat der Senat der HRK formuliert.
1. Mit der Überführung der Lehramtsstudiengänge in die Bachelor- und Masterstruktur scheidet eine direkte Einflussnahme des Staates auf die Prüfungen und die Studienkonzeptionen aus.
Bachelor- und Masterabschlüsse sind Hochschulabschlüsse. Die Entscheidung, Lehramtsstudiengänge in die Bachelor- und Masterstruktur zu überführen, führt dazu, dass hier Hochschulprüfungen eingeführt werden und eine direkte Einflussnahme der staatlichen Seite auf die Prüfungen ausscheidet. Das Staatsexamen als abschließende Prüfung widerspricht darüber hinaus in seinem Wesen der Modularisierung, dem studienbegleitenden Prüfungssystem und der Orientierung an Kompetenzen und Qualifikationen. Laut den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz zur Akkreditierung ist die materiell inhaltliche Überprüfung eines Studienangebotes der Akkreditierung vorbehalten. Die Wahrnehmung der staatlichen Verantwortung beschränkt sich auf die landeshochschulplanerischen Aspekte und die Finanzierung.
Die von der KMK vorgeschlagenen "gleichwertigen Maßnahmen", die eine Anerkennung des Masterabschlusses als dem Staatsexamen äquivalent ermöglichen sollen, weisen eine Tendenz zur Detailsteuerung auf, die in deutlichem Widerspruch zu der allgemeinen Entwicklung zu mehr Autonomie und Gestaltungsfreiheit der Hochschulen steht.
Analog zu den Qualitätssicherungsinstrumenten, die bei der Einführung der anderen Studienangebote angewandt werden, müssen Anforderungen an die Lehrerbildung und damit Kompetenzen definiert werden, an deren erfolgreicher Vermittlung die Konzeption und die Qualität des Studienganges gemessen werden kann.
Die HRK sieht für die Wahrung der staatlichen Verantwortung ein Verfahren analog zu dem mit der Innenministerkonferenz zur laufbahnrechtlichen Einordnung des Masters an Fachhochschulen als gangbaren Weg. Durch die Beteiligung eines Vertreters der Schulbehörde an der inhaltlich materiellen Begutachtung kann die staatliche Verantwortung adäquat wahrgenommen werden.
Die anderen genannten Regelungen - Festlegung der Zugangsvoraussetzung durch die staatliche Behörde, zu Grunde legen der Lehrerprüfungsordnung für die inhaltliche Gestaltung der Studiengänge und Beteiligung staatlicher Vertreter an den Hochschulprüfungen - werden von der HRK daher abgelehnt.
2. Ob ein Studiengang Fachwissenschaften und Erziehungswissenschaften auf beiden Ebenen - dem Bachelor und dem Master - vorsieht oder einen fachwissenschaftlichen Schwerpunkt im Bachelor und einen erziehungswissenschaftlichen im Master setzt, muss der Hochschule überlassen sein.
Im Rahmen der Modellversuchsprojekte werden bereits unterschiedliche Profile entwickelt: integrative Modelle (Koppelung von Fachwissenschaften und Erziehungswissenschaften auf beiden Qualifikationsebenen) und konsekutive Modelle (fachwissenschaftlicher Bachelor und erziehungswissenschaftlicher Master). Beide Modelle müssen möglich sein.Anzustrebende fachlichwissenschaftliche, didaktische und erziehungswissenschaftliche Kompetenzen sollten den Anforderungen der Kultusministerien und der Berufspraxis gerecht werden.
3. Eine Festlegung, derzufolge Bachelor- und Masterabschluss nur gemeinsam zur Zulassung für den Vorbereitungsdienst führen können, widerspricht der gewünschten Flexibilität der neuen Studienstruktur.
Es muss den Hochschulen ermöglicht werden, beispielsweise in 4-jährigen Bachelorstudiengängen, auf das Grundschullehramt vorzubereiten. Die mit dieser Festlegung getroffene Einschränkung behindert den in den Strukturvorgaben möglichen Gestaltungsspielraum und führt zu der aus Sicht der HRK nicht akzeptablen Unterscheidung in unterschiedliche Masterqualifikationslevel. Der "Master light", der schon nach insgesamt vier Jahren erworben werden kann, verhindert ein eindeutiges Qualifikationsniveau des deutschen Masters. Besoldungsrechtliche Aspekte sind nicht im Zuge der Strukturvorgaben für die Akkreditierung zu regeln.
Die vorgeschlagene Ausnahmeregelung ist aus Sicht der HRK überflüssig, da die bestehenden Rahmenbedingungen (Bachelor 3-4 Jahre; Master 1-2 Jahre) hier die notwendigen Gestaltungsfreiräume eröffnen.
4. Die HRK fordert die Länder auf, eine Parallelführung von Bachelor-, Master- und Staatsexamensstudiengängen in der Lehrerbildung umgehend zu beenden und eine konsequente strukturelle und inhaltliche Studienstrukturreform auch für den von ihnen verantworteten Bereich anzustreben.
Bei einer flächendeckenden Einführung der Bachelor- und Masterstruktur für alle Studienbereiche darf die Lehrerbildung nicht außen vor bleiben. Eine Parallelführung von Bachelor- und Masterstudiengängen mit unterschiedlichen Studienkonzepten und Prüfungssystemen an einer Hochschule ist für diese nicht tragbar und mit Blick auf die zur Verfügung stehenden Kapazitäten nicht umsetzbar.
5. Die HRK fordert die KMK nachdrücklich auf, für den staatlich regulierten Bereich nicht aus dem in Deutschland erreichten Konsens zur Umsetzung des Bologna-Prozesses auszuscheren.
Während bei der Schaffung eines Europäischen Hochschulraumes eine Orientierung an europäischen Entwicklungen grundlegend ist, werden in der Lehrerbildung bundeslandspezifische Rahmenregelungen getroffen. Diese Entwicklungen und die sich daraus ergebenen Detailregelungen konterkarieren den bereits erreichten Grundkonsens in Deutschland zur Umsetzung eines Europäischen Hochschulraumes.