Zur Weiterentwicklung des Akkreditierungssystems - Gestaltung des Institutionellen Qualitätsaudits


Entschließung der Mitgliederversammlung am 24. April 2012

Kurzfassung


Auch wenn die Akkreditierungsverfahren seit ihrer Einführung in der Praxis im Sinne der Hochschulen sich positiv verändert haben, so beruhen sie immer noch auf einem kontrollorientierten Ansatz. Trotz der Erleichterungen in der Systemakkreditierung [1] sieht die Mitgliederversammlung der HRK weiterhin die Notwendigkeit, stärker als gegenwärtig das Element der Selbstvergewisserung in der Qualitätsentwicklung der Hochschulen zu betonen. Daher fordert die Mitgliederversammlung der HRK, die Systemakkreditierung schnellstmöglich zu einem Institutionellen Qualitätsaudit (IQA) weiterzuentwickeln.

Vorrangiges Ziel eines IQA soll es sein, durch Initiierung und Implementierung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses in den Hochschulen die Entwicklung der Qualität von Lehre und Studium zu fördern. Lehrende und Studierende erhalten dabei ausdrücklich Spielräume bei deren Gestaltung, so dass sie nachhaltig motiviert werden, sich um Qualitätsverbesserungen zu bemühen.

Hierdurch wird nicht nur das dezentrale Verständnis von Qualitätsentwicklung in Lehre und Studium gefördert, sondern auch die Gestaltungsautonomie und die Übernahme von Verantwortung auf Fachbereiche bzw. Fakultäten mit Nachdruck gestärkt. Zudem realisiert das hier vorgelegte IQA grundsätzlich die Idee des Studierens im Europäischen Hochschulraum. Für diese Anliegen weist das IQA folgende Vorzüge auf:

  • es knüpft an die selbstgesteckten Ziele, Strategien und Programme einer Hochschule an und fördert somit deren Autonomie und Profilierung;

  • es legt die Maßstäbe der European Standards and Guidelines (ESG) an, daher ist es kompatibel mit europäischen und internationalen Verfahren der externen Qualitätssicherung an Hochschulen und erleichtert die internationale Mobilität der Studierenden;

  • es richtet sich mit seinem Ergebnis in erster Linie an Studierwillige, Studierende, Eltern, potenzielle Beschäftigte und Arbeitgeber und ist daher ein Instrument im nationalen und internationalen Wettbewerb der Hochschulen um "beste Köpfe";

  • es induziert keine unmittelbaren verwaltungsrechtlich relevanten Genehmigungsakte und ist insofern staatsfern, aber es rechtfertigt das Vertrauen des Staates, der erfolgreich auditierten Hochschule z.B. per Zielvereinbarungen das Recht zur Genehmigung, Veränderung und Einstellung von Studiengängen zu übertragen;

  • es stellt eine Weiterentwicklung im Vergleich zu den Verfahren der Systemakkreditierung dar.

Wesentliche Idee der Auditierung ist es, dass die Leistungsfähigkeit des hochschulinternen Qualitätsmanagements glaubhaft gemacht werden kann. Unterstützend wirken dabei

  • ein fokussierter Selbstbericht der Hochschule, in dem ihr Selbstverständnis sowie ihre Ziele und Strategien dargestellt sind, sowie

  • ein straff abgefasstes hochschuleigenes Qualitätsmanagementhandbuch, in dem dokumentiert ist, mit welchen Strukturen und Prozessen des Qualitätsmanagements die Hochschule die selbstgewählten Qualitätsziele in Lehre und Studium unter Beachtung interner und externer Referenzrahmen verfolgt. Vereinbart wird die Durchführung eines IQA zwischen der zu auditierenden Hochschule und dem "Qualitätsrat", der aus der Weiterentwicklung des heutigen Akkreditierungsrates durch Besetzung der zentralen Gremien mit Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft entsteht. Der Qualitätsrat benennt in Abstimmung mit der zu auditierenden Hochschule die Gruppe der Auditorinnen und Auditoren, die einen Bericht über die Leistungsfähigkeit des hochschulinternen Qualitätsmanagements verfasst. Dieser Bericht enthält auch Hinweise auf obligatorische und fakultative Weiterentwicklungsmöglichkeiten der Qualität von Lehre und Studium und schließt mit einer Empfehlung über Erfolg oder Misserfolg der Auditierung. Im Erfolgsfall vergibt der Qualitätsrat auf dieser Grundlage "Qualitätssiegel".


Gekoppelt an die Einführung des IQA sind veränderte Rollen der Akteure im System:

  • die "Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland" (Akkreditierungsrat) wird durch Neugestaltung und -besetzung ihrer Gremien in einen "Qualitätsrat" überführt, der ein Gremium ausgewiesener Expertinnen und Experten im Bereich des Qualitätsmanagements an Hochschulen mit deutlich vergrößertem Wissenschaftseinfluss darstellt. Dezentrale Untergliederungen sollen helfen, Kapazitätsengpässe zu vermeiden und unerwünschten Zentralisierungseffekten entgegenzuwirken. Die Mitglieder werden durch die HRK, den Wissenschaftsrat, die KMK und die externen Stakeholder im Einvernehmen nominiert. Diese Institutionen sind im Stiftungsrat vertreten. Die neue Einrichtung wird durch eine Verwaltungsvereinbarung zwischen den Ländern in ihrer Rolle als Koordinierungs-, Monitoring- und Entwicklungs-Institution gestärkt.

  • Den derzeit im Bereich der Akkreditierung tätigen Agenturen wächst die Rolle von Beratungseinrichtungen zu, die - wenn dies gewünscht wird - die Hochschulen auf ihrem Weg der Qualitätsentwicklung begleiten.

  • Die Hochschulen können aus dem Europäischen Register für Qualitätssicherung (EQAR) Agenturen auswählen.


Den Hochschulen wird es weiterhin möglich sein, Studiengänge einer Programmakkreditierung zu unterziehen.

Einzelheiten zur Notwendigkeit und Ausgestaltung des IQA sind der anhängenden Langfassung zu entnehmen.


Langfassung


1. Notwendigkeit und Ziele der Weiterentwicklung der Akkreditierungsverfahren

Mit der Einführung der Akkreditierungsverfahren in Deutschland war neben der Sicherung der Studienqualität auch der Gedanke an eine stete Qualitätsverbesserung verbunden. Denn statt des schwerfälligen Systems der Rahmenprüfungsordnungen, die in einem langwierigen Prozess zwischen Kultusministerkonferenz und Hochschulrektorenkonferenz ausgehandelt werden mussten, sollte die zügige Akkreditierung von Studiengängen es den Hochschulen ermöglichen, ihr Studienangebot dem Verständnis ihrer individuellen Rolle im Wissenschaftssystem und ihrer Verantwortung für die Gesellschaft gemäß zu gestalten.

Hierzu bedarf es jedoch eines Qualitätssicherungs- und -entwicklungssystems, das Lehrenden und Lernenden bewusst größere Freiräume bei der Gestaltung von Lehre und Studium bietet, so dass sie nachhaltig motiviert werden, sich um Qualitätsverbesserungen zu bemühen. Ein solches System stärkt die Gestaltungsautonomie in den Fakultäten und motiviert die Lehrenden zur Qualitätsentwicklung in Lehre und Studium sowie zur größeren Übernahme von Verantwortung.

Dies ist den Verfahren der Programmakkreditierung nicht im erhofften Maße gelungen. Sie haben sich häufig als zu kleinteilig prüfende bürokratische Verfahren erwiesen, die als Kontrollmechanismus empfunden werden, das Qualitätshandeln der Fakultäten/Fachbereiche und der Hochschule als Ganzes kaum beeinflussen, und nur selten den Wunsch nach aktiver Gestaltung von Verbesserungsprozessen wecken.

Beim Blick über die nationale Situation hinaus in den Europäischen Hochschulraum lässt sich zudem konstatieren, dass sich die externe Qualitätssicherung - je nach "Reife" des Systems der externen Qualitätssicherung - von der Akkreditierung einzelner Programme zur entwicklungsorientierten Auditierung der Hochschule hin bewegt. Dies lässt sich auch an den Veränderungen im deutschen Akkreditierungssystem ablesen: Die Einführung der Systemakkreditierung war der erste Schritt in diese Richtung, besonders nachdem die allzu rigiden Regelungen in den Anfängen gelockert worden sind. Zwar hat sich die Praxis der Systemakkreditierung im Sinne der Hochschulen weiterentwickelt, dennoch kann sie nur als Zwischenschritt betrachtet werden, da der Ansatz des Verfahrens an sich aber immer noch auf eher kontrollorientierten Regelungen beruht.

Erforderlich ist daher ein weiterer Entwicklungsschritt im Akkreditierungssystem, der in den Hochschulen einen kontinuierlichen Prozess zur Verbesserung der Qualität von Lehre und Studium anstößt, damit - in Bezug auf Lehre und Studium - den Studierenden auch unter sich ändernden Rahmenbedingungen (Erkenntnisfortschritte in der Wissenschaft, Änderungen in den Anforderungen des Beschäftigungssystems etc.) ein stets qualitätsvolles, anforderungsgerechtes und am Hochschulprofil orientiertes Studienangebot offeriert werden kann. Dieser weitere Entwicklungsschritt wäre mit der Einführung eines Institutionellen Qualitätsaudits (IQA) vollzogen. Im Folgenden finden sich hierzu erste Überlegungen:

2. Charakteristika des Institutionellen Qualitätsaudits (IQA) im Vergleich zu bisherigen Akkreditierungsverfahren


Für die Qualitätssicherung und -entwicklung in Hochschulen gilt spätestens seit der Konferenz der Bildungsministerinnen und -minister in Berlin 2003, "...dass die Hauptverantwortung für die Qualitätssicherung in der Hochschulbildung gemäß dem Grundsatz der institutionellen Autonomie bei jeder Hochschule selbst liegt, und dass dies die Grundlage für eine tatsächliche Verantwortlichkeit der Hochschulen im nationalen Qualitätssystem bildet" [2].

Diesem Prinzip folgend, gestalten die europäischen Hochschulen in der zunehmend differenzierten Hochschullandschaft Studium und Lehre eigenverantwortlich. Sie orientieren die Studiengänge an Selbstverständnis, Zielen und Strategie der Hochschule, um Studierenden aus dem In- und Ausland eine breite Palette akademischer Bildung anbieten zu können. Die unterschiedlichen Ziele und Strategien der Hochschulen sind ausschlaggebend für die Formulierung der Qualifikationsziele ihrer Studiengänge und die angestrebten Lernergebnisse der Studiengangselemente.

Es ist dabei Aufgabe des internen Qualitätsmanagements der Hochschule, den Prozess der kontinuierlichen Verbesserung der Qualität von Lehre und Studium anzustoßen und aufrecht zu erhalten sowie die hochschulinternen Qualitätssicherungs- und Qualitätsentwicklungsverfahren entsprechend zu konzipieren und auszugestalten. Hierbei ist zu beachten, dass aus der verfassungsrechtlich gesicherten Lern- und Lehrfreiheit Spielräume für Lehrende wie Lernende in der Gestaltung der Curricula resultieren. Hinsichtlich der operativen Umsetzung ist dabei Voraussetzung, dass die Hochschulziele präzise formuliert und auf die Ebene der Programme "herunter gebrochen" werden.

So kann eine ergebnisorientierte Verbindung zwischen den Zielen in Studium und Lehre, den Lernergebnissen und dem Qualitätsmanagement hergestellt und die Rechenschaftslegung erleichtert werden. Hochschulleitung und Dekanate der Fakultäten/Fachbereiche stimmen sich in diesem Umsetzungsprozess miteinander ab, da sie als Repräsentanten der zentralen und die dezentralen Ebene jeweils eine spezifische Verantwortung gemäß dem Subsidiaritätsprinzip tragen: Hochschulleitung und Akademischer Senat sind für das Gesamtkonzept der Qualitätssicherung und -entwicklung verantwortlich, die Fakultäten/Fachbereiche und deren Räte sind es für die qualitätsvolle Gestaltung der einzelnen Studiengänge.

Die externe Qualitätssicherung hat die Aufgabe, mit Hilfe einer regelmäßigen, wissenschaftsgeleiteten Begutachtung zu überprüfen und zu gewährleisten, dass die hochschulinternen Prozesse der Qualitätssicherung und -entwicklung die Qualität von Lehre und Studium tatsächlich verbessern. So kann die Hochschule gegenüber Studierwilligen, Studierenden, Eltern, Arbeitsgebern, Politik und Staat nachweisen, dass sie ihren Aufgaben und ihrer Verantwortung der Gesellschaft gegenüber nachkommt. Den Anforderungen an ein derartiges wissenschaftsgeleitetes Begutachtungsverfahren entspricht in idealer Form ein Institutionelles Qualitätsaudit (IQA), in dessen Zentrum die Begutachtung der Leistungsfähigkeit des hochschulinternen Qualitätsmanagements zur Erreichung der hochschuleigenen Ziele in Studium und Lehre steht.

Das IQA misst die Hochschule nicht allein an allgemein verbindlichen Standards, sondern an den von der Hochschule selbst formulierten Ansprüchen. Dadurch kann das IQA an Hochschulen unterschiedlicher Zielsetzung zu jeweils angemessenen Bewertungen führen.

Ein IQA kann sich dabei auf die gesamte Hochschule oder abgrenzbare Teilbereiche (z.B. ausgewählte Fakultäten, Fachbereiche oder Fachbereichsgruppen) beziehen, die über ein eigenverantwortlich gesteuertes Qualitätsmanagementsystem verfügen. Die Durchführung eines IQA in einzelnen Teilbereichen stärkt das wissenschaftsbezogene Qualitätsmanagement in den Fakultäten und gibt wertvolle Hinweise für die weitere Ausgestaltung des hochschulweiten Qualitätsmanagementsystems.

Ein IQA ist zudem als iterativer Prozess zu betrachten und ermöglicht es, die Verfolgung der Qualitätsziele einer Hochschule und ihren Lernprozess als Organisation über einen längeren Zeitraum hinweg nachzuvollziehen und zu bewerten. Zu diesem Zweck sollte es alle sieben Jahre wiederholt werden.

Auch bei Einführung eines IQA bleibt die Option der Programmakkreditierung erhalten. Denn Programmakkreditierungen bieten den konzentrierten Blick auf die Qualität eines einzelnen Studiengangs, der für die Hochschulen auch bei der Entwicklung von gebührenpflichtigen Weiterbildungsangeboten oder der Anbahnung und Pflege internationaler Kooperationen interessant sein kann. Außerdem haben die Hochschulen weiterhin die Möglichkeit, einzelne Studiengänge durch international agierende Agenturen bzw. Berufsverbände zertifizieren zu lassen.

3. Konsequenzen eines erfolgreich abgeschlossenen Institutionellen Qualitätsaudits


Eine Hochschule, die das IQA erfolgreich durchlaufen hat, erhält das "Siegel für Studienqualität". Ausschlaggebend für dessen Verleihung ist ein entsprechendes Votum der Auditorinnen und Auditoren. Verliehen wird das "Siegel für Studienqualität" durch den Qualitätsrat, der aus der Neugestaltung des Akkreditierungsrates hervorgeht. Dieser Rat hat eine noch näher zu diskutierende Zahl von regionalen Untergliederungen. Dieses Siegel gilt in erster Linie als Qualitätsausweis gegenüber Studierwilligen, Studierenden, Eltern und Arbeitgebern.

Darüber hinaus ist in verwaltungsrechtlicher Hinsicht von besonderer Bedeutung, dass zwischen einem erfolgreich abgeschlossenen IQA und der Genehmigung von Studiengängen keine unmittelbare Verknüpfung besteht. Ein erfolgreich abgeschlossenes IQA stellt jedoch sicher, dass die Hochschule mittels ihres Qualitätsmanagementsystems gewährleisten kann, dass die Studiengänge sowohl den strukturellen als auch den inhaltlich-fachlichen Standards entsprechen. Damit wird die Überprüfung der Studienstruktur und der damit verbundenen Formalia im Ministerium überflüssig.

Ein erfolgreich abgeschlossenes IQA rechtfertigt somit das Vertrauen des Landes, der betreffenden Hochschule - z.B. im Rahmen von Zielvereinbarungen - die mit der Genehmigung, wesentlichen Änderung und Aufhebung von Studiengängen verbundenen Rechte und Pflichten zu übertragen. Die Hochschule nimmt daraufhin diese Aufgaben autonom wahr und informiert das Land über ihre Entscheidungen (dieses Modell ist ohnehin - wenngleich unter der Voraussetzung der Akkreditierung und den damit verbundenen Rechtsfolgen - in der Mehrzahl der Länder bereits umgesetzt).Ein erfolgreich abgeschlossenes IQA mit dem verliehenen "Siegel für Studienqualität" kann zudem als Instrument im Wettbewerb um Studierwillige und Studierende dienen, da dieses "Qualitätssiegel" dokumentiert, dass die Qualität von Lehre und Studium hoch ist und laufend wirksam weiter verbessert wird.

4. Begutachtungsfelder des Institutionellen Qualitätsaudits (IQA)


Grundlage für ein IQA sind ausschließlich die "Standards and Guidelines for Quality Assurance in the European Higher Education Area" (ESG), die europaweit den Maßstab für interne und externe Qualitätssicherung darstellen. IQAs werden nach den international anerkannten Evaluationsprinzipien (Selbstbericht - Peer Review - Bericht mit Empfehlungen - Follow-Up-Maßnahmen) durchgeführt. Damit nimmt das IQA Bezug auf europäische Übereinkünfte, unterstützt die Errichtung des Europäischen Hochschulraums, fördert die studentische Mobilität und erleichtert Anrechnungs- und Anerkennungsverfahren.

Den Rahmen für die Ansprüche der Hochschule an Studienqualität und Qualitätssicherung stecken die ESG mit ihren Bewertungsfeldern ab:

  • the interests of students as well as employers and the society more generally in good quality higher education;
  • the central importance of institutional autonomy, tempered by a recognition that this brings with it heavy responsibilities;
  • the need for external quality assurance to be fit for its purpose and to place only an appropriate and necessary burden on institutions for the achievement of its objectives." [3]

Außer diesen Prinzipien der ESG ist für das IQA vor allem deren erster Teil, die "European standards and guidelines for internal quality assurance within higher education institutions" von Bedeutung. Sie finden sich in den Gegenständen des IQA wieder [4].

  • Leitlinien für Qualität (ESG I, 1)
  • Qualität der Leistungen (ESG I,2)
  • Bedingungen für studentisches Lernen (ESG I,3, I,5)- Qualität der Lehrenden (ESG I,4)
  • Informations- und Kommunikationspolitik (ESG I,6, I,7).

Auch wenn das IQA den ersten Teil der ESG in seiner Breite und Tiefe in den Blick nimmt, so sind die den "Standards" beigefügten "Guidelines", auf denen die Begutachtungsfelder des IQA beruhen, nicht als detaillierte Abhak- und Prüfliste zu betrachten. Das widerspräche dem Charakter der ESG und auch dem des IQA: Das IQA begutachtet das Qualitätsmanagementsystem und seine Wirkungsweise, prüft aber nicht kleinteilig seine Ergebnisse.

Die Begutachtung im IQA stützt sich nicht ausschließlich auf eine Kontrolle der Dokumentation einzelner Verfahren und Prozesse. Die Hochschule, d.h. Hochschulleitung und die einzelnen Fakultäten bzw. Fachbereiche, sind dafür verantwortlich, auf Basis eines Selbstberichtes den Gutachterinnen und Gutachtern plausibel und glaubhaft darzustellen, dass und wie ihr Qualitätsmanagement funktioniert. Die Begutachtung geschieht im Wesentlichen anhand des Qualitätsmanagementhandbuches, das die erforderlichen Verfahren benennt und begründet.

Es dokumentiert, wie die Hochschule bzw. die Fakultäten und Fachbereiche bei der Gestaltung der Studiengänge vorgehen und wie dabei interne und externe Referenzrahmen berücksichtigt werden. Dabei ist es - wie die ESG - jedoch nicht präskriptiv, sondern lässt Freiraum für fachspezifische Anforderungen und innovative Ideen. Zur Begutachtung des Qualitätsmanagementhandbuches kommen Interviews in den Kernbereichen der Hochschule sowie an den Schnittstellen zu Fakultäten bzw. Fachbereichen.

5. Akteure


Mit der gegenüber der Akkreditierung grundsätzlich veränderten Gestaltung der externen Qualitätssicherung durch ein IQA verändern sich auch die Rollen der Akteure im System. Eine Einrichtung, die bundesweit die Verfahren koordiniert, ist dabei unverzichtbar.

Die Gruppe der Auditorinnen und Auditoren setzt sich zusammen aus einer Kerngruppe sowie weiteren Personen, die je nach Größe und Ausrichtung der Hochschule hinzukommen. Die Kerngruppe besteht aus drei Mitgliedern von Hochschul-, Fakultäts- oder Fachbereichsleitungen, einer/m Fachwissenschaftler/in, einer/em Student/in mit Erfahrung in der akademischen Selbstverwaltung und einer/em Vertreter/in der Berufspraxis. Je nach Größe und Ausrichtung der Hochschule kommen weitere Vertreterinnen und Vertreter der Fachwissenschaften und ggf. Vertreterinnen und Vertreter reglementierter Berufe hinzu.

Die Größe der Gutachtergruppe umfasst also mindestens sechs Personen. Sie kann je nach Bedarf entsprechend erweitert werden. Die Auditorinnen und Auditoren verfügen über unterschiedliche Erfahrungshintergründe, wobei Qualitätsmanagementerfahrung unverzichtbar ist. Mindestens eine/r von ihnen kommt aus dem Ausland. Sie werden vom Qualitätsrat auf ihre Aufgaben gründlich vorbereitet, wobei die Ziele des IQA und die Rolle der Auditorinnen und Auditoren, Fragetechniken und Gesprächsführung, Methoden zur Analyse der Materialien und die Erstellung des Auditberichts zu den wichtigsten Themen gehören.

"Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland" (Akkreditierungsrat) - "Qualitätsrat"


Die "Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland" kann in ihrer jetzigen Form aufgrund ihrer Organisationsform und ihrer personellen Ausstattung die mit der Durchführung von IQA verbundenen Aufgaben nicht sinnvoll und effizient wahrnehmen. Sie muss daher grundlegend umgestaltet, durch eine Verwaltungsvereinbarung gestärkt und durch eine auskömmliche Finanzierung zur Wahrnehmung ihrer neuen Aufgaben befähigt werden.

Im Mittelpunkt dieser neuen zentralen Einrichtung zur Förderung der Qualität an Hochschulen in der Nachfolge des Akkreditierungsrats, dem "Qualitätsrat", steht ein Expertengremium aus Hochschulen und Wissenschaft. Die Mitglieder - die ihre Expertise und Erfahrung im Bereich des Qualitätsmanagements an Hochschulen nachweisen können - werden durch die HRK, den Wissenschaftsrat, die KMK und die externen Stakeholder des Beirates im Einvernehmen nominiert. Die Vertretung der Hochschulen ist somit im "Qualitätsrat" deutlich gestärkt im Vergleich zum derzeitigen Akkreditierungsrat.

Im Beirat (der die Nachfolge des derzeitigen Stiftungsrats antritt) sollten die Vertreterinnen und Vertreter der Stakeholder (Hochschulen, Studierende, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen, Länder, internationale Experten) vertreten sein. Für das operative Geschäft des "Qualitätsrats" ist die Einrichtung regionaler Untergliederungen möglich, um Kapazitätsengpässe und unerwünschte Zentralisierungseffekte zu vermeiden.

Dem "Qualitätsrat" obliegt die Koordination und das Monitoring des gesamten Systems. Zu seinen Aufgaben gehören

  • die Entscheidung über die Vergabe des Siegel für Studienqualität;
  • die Betreuung des Pools von Auditorinnen und Auditoren;
  • die Zusammenstellung von Gutachtergruppen;
  • unmittelbare Vorbereitung der Gutachterinnen und Gutachter auf Auditverfahren;


(Akkreditierungs-)Agenturen


Den derzeit im Bereich der Akkreditierung tätigen Agenturen wächst die Rolle von Beratungseinrichtungen zu, die die Hochschulen auf ihrem Weg der Qualitätsentwicklung und im Auditierungsprozess auf Wunsch beraten und begleiten können. Sie können die Hochschulen auch bei der Qualitätsverbesserung einzelner Studiengänge unterstützen bzw. einzelne Studiengänge akkreditieren. Die Agenturen können Gutachterinnen und Gutachter auf die Durchführung von Auditverfahren inhaltlich vorbereiten.Im Sinne der Verwirklichung des Europäischen Hochschulraums können für deutsche Hochschulen alle Agenturen arbeiten, die in das Europäische Register für Qualitätssicherung (EQAR) aufgenommen worden sind.


6. Ablauf des Institutionellen Qualitätsaudits (IQA)


Grundlage für das IQA und die daraus resultierenden Entwicklungsempfehlungen ist der Selbstbericht, den die Hochschule erstellt und dem das Qualitätsmanagementhandbuch der Hochschule (s. hierzu Abschnitt 7) beigefügt ist. Der Bericht beschreibt das Selbstverständnis der Hochschule, ihre Ziele im Bereich der Qualität und des Qualitätsmangements - insbesondere dessen Wirken im Fall nicht erfüllter Qualitätsstandards - im Bereich Studium und Lehre in Verbindung mit den Bereichen Forschung und Verwaltung.

Bei der Abfassung des Selbstberichtes werden die verschiedenen Statusgruppen innerhalb der Hochschule einbezogen und die unterschiedlichen Perspektiven der Statusgruppen innerhalb der Gutachtergruppe berücksichtigt. Den Selbstbericht der Hochschule ergänzen ggf. entsprechende Berichte aus den Fakultäten bzw. Fachbereichen.

Der Selbstbericht einer Hochschule sollte einen Umfang von 15 bis 20 Seiten nicht überschreiten. Sollen außer dem beigefügten Qualitätsmanagementhandbuch weitere Dokumente in die Begutachtung mit einbezogen werden, so wird der Gruppe der Auditorinnen und Auditoren an deren Aufbewahrungsort oder ggf. online Einblick gewährt.

Die Hochschule vereinbart die Durchführung des IQA mit der zentralen Einrichtung, dem Qualitätsrat, der anhand des von der Hochschule beschriebenen Gutachterprofils eine Gruppe von Auditorinnen und Auditoren vorschlägt. Bei Befangenheit von Auditorinnen und Auditoren hat die Hochschule ein Widerspruchsrecht.

Die Auditorinnen und Auditoren halten sich mehrere Tage an der Hochschule auf. Im Verlauf ihres Besuchs führt die Kerngruppe für Lehre und Prüfungen notwendige Gespräche mit der Hochschulleitung und den Dekanaten, mit allen Statusgruppen, der Verwaltung und weiteren Serviceeinrichtungen. Diese Interviews konzentrieren sich auf die Prinzipien, die Breitenwirkung und die grundlegenden Prozesse des Qualitätsmanagementsystems, die sicherstellen sollen, dass die Hochschule die selbstgesteckten Ziele erreicht.

Für die Gespräche an verschiedenen Fakultäten oder Fachbereichen kann die Kerngruppe von einzelnen Mitgliedern vertreten werden. Sie wird ggf. durch Fachwissenschaftlerinnen und Fachwissenschaftler bzw. bei reglementierten Berufen durch deren Vertreterinnen und Vertreter ergänzt. Bei den Gesprächen in den Fakultäten bzw. Fachbereichen richtet sich das Augenmerk auf die Akzeptanz bei den Akteuren und damit die Wirksamkeit des Qualitätsmanagements in Studium und Lehre. Hier werden auch an Ort und Stelle die entscheidenden Dokumente stichprobenartig begutachtet und die Einhaltung der nationalen Standards durch die Betrachtung einzelner Studiengänge geprüft.

Die Gruppe der Auditorinnen und Auditoren verfasst einen Bericht über den Besuch an der Hochschule, in dem die Plausibilität und Glaubwürdigkeit der Prinzipien, der Prozesse, der Breiten- und der Tiefenwirkung des Qualitätsmanagements im Hinblick auf die Hochschulziele und die Einhaltung der nationalen Standards bewertet werden. Grundlage sind das Qualitätsmanagementhandbuch, die Ergebnisse der Interviews und der Dokumentstichproben auf zentraler und dezentraler Ebene. Der entwicklungsorientierte Bericht zeigt deutlich Stärken und gute Praxis auf und enthält Verbesserungsvorschläge für weniger gut entwickelte Bereiche.

Die Leistungsfähigkeit des Qualitätsmanagements der jeweils betrachteten Hochschule sowie die Erfüllung der Anforderungen in den Gegenständen des IQA wird von den Auditorinnen und Auditoren auf einer Skala von eins bis vier bewertet (fehlt - in Ansätzen vorhanden - gut entwickelt - weit fortgeschritten). Die Hochschule muss dabei mindestens das Prädikat "gut entwickelt" erhalten, um positiv bewertet zu werden.

Für die Qualitätsentwicklungsprozesse an einer Hochschule ist dabei bedeutsam, dass der Bericht der Auditorinnen und Auditoren der Hochschule und den Fakultäten bzw. Fachbereichen gezielte Hinweise auf Optimierungspotenziale gibt. Somit profitiert die Hochschule auch dann vom IQA, wenn sie nicht mit einem positiven Gesamtergebnis abschließt.

7. Das Qualitätsmanagementhandbuch


Die Begutachtung des Qualitätsmanagementhandbuchs ist ein wesentliches Element des IQA. Es dient drei Zwecken:

  1. Das Handbuch stellt das Qualitätsmanagement der Hochschule übersichtlich, verständlich und in straffer Form nach außen dar;

  2. Es stellt die qualitätsrelevanten Strukturen und Prozesse im Bereich Studium und Lehre dar;

  3. Es verweist auf weitere Informationsquellen, die für die Qualitätsentwicklung in Studium und Lehre hilfreich sind.

Das Handbuch ist somit nicht nur eine Informationsquelle für Studierwillige, Studierende, Eltern, potenzielle Arbeitgeber, Politik etc. über die Qualitätsphilosophie und Verantwortungsstrukturen der Hochschule, sondern zugleich für die Hochschulmitglieder und -gremien ein Leitfaden zur Gestaltung von Studiengängen.

Das Handbuch wird fortlaufend aktualisiert und dabei ggf. neuen Anforderungen angepasst.

[1] Regeln für die Akkreditierung von Studiengängen und für die Systemakkreditierung, http://www.akkreditierungsrat.de/fileadmin/Seiteninhalte/Beschluesse_AR/Beschluss_Regeln_Studiengaenge_Systemakkreditierung_23022012.pdf,Zugriff am 15.3.2012

[2] "Den Europäischen Hochschulraum verwirklichen", Kommuniqué der Konferenz der europäischen Hochschulministerinnen und -minister am 19. September 2003 in Berlin, S. 3, http://www.bologna-berlin2003.de/pdf/Communique_dt.pdf

[3] European Association for Quality Assurance in Higher Education (ENQA), (2009, 3rd ed.): Standards and Guidelines for Quality Assurance in the European Higher Education Area, S. 10f.

[4] European Association for Quality Assurance in Higher Education (ENQA), (2009, 3rd ed.): Standards and Guidelines for Quality Assurance in the European Higher Education Area, Teil 1