Der Mauerfall – Zäsur und Neubeginn auch für die deutschen Hochschulen

„Wissenschaft und Forschung bilden auch im vereinten Deutschland wichtige Grundlagen für Staat und Gesellschaft“, so steht es im Einigungsvertrag.

Mit dem Mauerfall wurden in Deutschland nicht nur in Wirtschaft und Sozialsystem tiefgreifende Veränderungen angestoßen. Bis 1989 waren die Forschungszusammenarbeit und der Studierendenaustausch zwischen der Bundesrepublik und der DDR äußerst schwierig, zwischenzeitlich nahezu zum Erliegen gekommen. Vom Grundlagenvertrag 1972 bis zu einem Kulturabkommen allein hatte es 14 Jahre gedauert; das Wissenschaftsabkommen folgte immerhin nur ein Jahr später. Die Strukturen der beiden Wissenschaftslandschaften hatten sich unterschiedlich entwickelt; in der DDR etwa war die 1946 gegründete Akademie der Wissenschaften nach sowjetischem Vorbild zur zentralen Einrichtung für Spitzenforschung geworden.

In der damaligen Westdeutschen Rektorenkonferenz hatte man sich über die Jahre bemüht, die Hochschulentwicklung in der DDR im Blick zu behalten. So verfolgte und dokumentierte man die dortige Hochschulgesetzgebung und führte eine Liste der DDR-Hochschulen, die nach dem Mauerfall zur wichtigen Grundlage für erste Einladungen werden sollte.

Umbruch für die Hochschulen in Ost und West

Schon zwischen dem 9. November 1989 und der Vereinigung am 3. Oktober 1990 begann für die DDR-Hochschulen ein fundamentaler Wandel. Er war verbunden mit großen Hoffnungen von kritisch denkenden, in ihrer Arbeit und Karriere behinderten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf der einen Seite und vielen Ängsten auf Seiten der systemkonformen, etablierten und mit Ämtern gut versorgten Kolleginnen und Kollegen auf der anderen Seite. Der Kampf um die Deutungshoheit über ein in vierzig Jahren DDR staatlich gesteuertes Hochschulsystem, der schmerzhafte Prozess der Aufarbeitung geschehenen Unrechts, die Rekonstruktion von schon lange vor Gründung der beiden deutschen Staaten verlorener Wissenschaftsfreiheit und hochschulischer Selbstverwaltung – das alles setzte bereits in diesem Zeitraum ein.

Auch auf Seiten der westdeutschen Hochschulen wirkte der Mauerfall wie ein Aufbruchssignal. Die deutsch-deutschen Wissenschaftsbeziehungen waren bis dahin vollständig abhängig von der wechselvollen politischen Beziehung zwischen beiden deutschen Staaten, von dem tiefen ideologischen Graben und dem daraus resultierenden gegenseitigem Misstrauen. Nun sah man die Möglichkeit, die Entwicklung freier Lehre und Forschung in der DDR mit zu befördern. Dazu gehörte sehr schnell auch, die Gründung einer von staatlichem Einfluss unabhängigen Interessenvertretung autonomer Hochschulen in der DDR zu unterstützen.

Zwei Rektorenkonferenzen

Am 12. und 13. Februar begrüßte das Plenum der damaligen Westdeutschen Rektorenkonferenz (WRK) in Bonn erstmals DDR-Rektoren als Gäste, darunter den Rektor der Humboldt-Universität zu Berlin, Dieter Hass. Am 1. März 1990 gründete sich dann die Rektorenkonferenz der DDR unter seiner Präsidentschaft. Die Hoffnung war, dass damit die Basis gelegt war, durch gegenseitigen Informationsaustausch, Arbeitsgruppen und Veranstaltungen die wichtigsten gemeinsamen Themen ausmachen und angehen zu können, so u.a. die Frage der Anrechnung von Studien- und Prüfungsleistungen. In dem vom selben Plenum gefassten Beschluss „Zur Zusammenarbeit mit den Hochschulen in der DDR" ist dies nachzulesen.

Die Zeit der Koexistenz von WRK und ihrem Pendant in der DDR war kurz. Am 27.9.1990 beschlossen deren Mitglieder einstimmig, die Rektorenkonferenz der DDR zum 3. Oktober aufzulösen. Bei dem Beschluss, ihr Restvermögen nach Abzug der Liquidationskosten der Stiftung zur Förderung der WRK zu übertragen, gab es allerdings eine Enthaltung. 

Hochschulrektorenkonferenz statt WRK

Schnellstmöglich nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten, bei der nächsten Plenarversammlung am 4. November 1990, nahm die WRK als erste Wissenschaftsorganisation 21 Hochschulen aus den fünf neuen Bundesländern und aus dem früheren Ost-Berlin auf. Damit stand auch eine Namensänderung an, entsprechend der neuen Rolle als Vertretung aller Hochschulen in Deutschland. Das Plenum diskutierte Varianten wie „Rektorenkonferenz Deutschlands“ – da fehlte der Hinweis auf die Hochschulen - oder Deutsche Hochschulkonferenz (DHK) – das schien wieder zu weit weg vom alten Namen. Am Schluss einigte man sich auf „Hochschulrektorenkonferenz (HRK)“.

Die Beschlüsse von WRK und HRK aus diesem und den folgenden Jahren betonen die Bedeutung von Bildung und Wissenschaft für die Vereinigung der deutschen Staaten und die damit einhergehende Freiheit von Forschung und Lehre, Stärkung der Autonomie und grundlegende Reform des Studiums. Gleichzeitig sind sie auch Ausdruck der Sorge um eine Ausstattung, die den Hochschulen in den östlichen Bundesländern ihre konkurrenzfähige wissenschaftliche Leistungsfähigkeit sichern sollte.

Herausforderungen nach der Einheit

Der Einigungsvertrag definierte als ersten Schritt die Evaluierung aller Institutionen.
Die heutige Situation der ostdeutschen Hochschulen vor dem Hintergrund einer 30jährigen Entwicklung seit dem Mauerfall skizziert HRK-Präsident Peter-André Alt am 6. November 2019 in der Berliner Zeitung.

Dieser Text wird kontinuierlich ergänzt.

Beschlüsse

160. Plenum der HRK am 12./13.2.1990:


161. Plenum der HRK am 25.6.1990:


162. Plenum der HRK am 5.11.1990:


425. Präsidium der HRK am 13.12.1990:

429. Präsidium der HRK (vom 63. HRK-Senat bestätigt) am 6.5.1991:


164. Plenum der HRK am 1.7.1991:

165. Plenum der HRK am 4.11.1991:


166. Plenum der HRK am 17./18.2.1992:


167. Plenum der HRK am 6.7.1992:


168. Plenum der HRK am 2.11.1992: