Entschließung des 173. Plenums vom 4. Juli 1994
Zusammenfassung
I. Vorbemerkung
II. Ausgangslage
III. Entwicklungsprobleme
IV. Empfehlungen
Anhang:
Studienberatung in den Hochschulgesetzen des Bundes und der Länder*
Zusammenfassung
Die Ausgestaltung der Studienberatung an den Hochschulen bedarf dringend einer Verbesserung, um einen wirksamen Beitrag zur Umsetzung der Studienstrukturreform leisten zu können. Ausgehend vom "Konzept zur Entwicklung der Hochschulen in Deutschland" vom Juli 1992 und den gemeinsamen Vorschlägen von HRK und KMK zur "Umsetzung der Studienstrukturreform" vom Juli 1993 empfiehlt die Hochschulrektorenkonferenz ihren Mitgliedshochschulen die Beachtung folgender Grundsätze:
- Die Allgemeinen Studienberatungsstellen sollten als Teil eines dezentralen und subsidiären Beratungsnetzes am Hochschulort arbeiten.
- Die Tätigkeit der Studienberatungsstellen muß von den Gremien an der Hochschule stärker beachtet, die Kooperation zwischen allgemeiner und Studienfachberatung muß nachhaltig verbessert werden.
- Tätigkeitsstruktur und Organisation, ggf. auch die interne Verantwortlichkeit der Allgemeinen Studienberatung, ist zu überprüfen; Arbeitsschwerpunkte und Profil sollten präziser gefaßt und auf deren Einhaltung hingewirkt werden.
- Die Studienberatung sollte eine Rückmeldefunktion für Probleme in Studium und Lehre erhalten, damit die Erfahrungen aus der Beratungstätigkeit in die Lehre zurückfließen können. Die Senatskommission für Lehre sollte regelmäßig Berichte der Allgemeinen Studienberatung erhalten bzw. von ihr anfordern; ggf. kann ein Beauftragter oder Beirat für Studienberatung bei der Senatskommission benannt bzw. eingerichtet werden.
- Der Studienfachberatung durch das Lehrpersonal ist stärkere Beachtung zu schenken, um den Studierenden die Orientierung im Studium zu erleichtern; ggf. können in den Fachbereichen/Fächern auch Verantwortliche benannt werden, die als Ansprechpartner für die Studierenden zur Verfügung stehen. Den fachlichen Beratungs- und Betreuungsaufgaben ist größeres Augenmerk zu schenken, als dies gelegentlich noch der Fall ist.
- Für die erfahrungsgemäß kritischen Studienphasen (Studieneingang, nach der Zwischenprüfung, in der Examensphase) sollten koordinierte Beratungsangebote verstärkt werden. Erforderlich sind kontinuierliche Gesprächskontakte zwischen den verschiedenen Ebenen der Beratung innerhalb und außerhalb der Hochschule, insbesondere zwischen allgemeiner und Studienfachberatung einerseits, zu Schulen und zur Berufsberatung andererseits.
Die für die Tätigkeit in der Allgemeinen Studienberatung erforderliche Mindestqualifikation umfaßt ein abgeschlossenes Hochschulstudium, gründliche Kenntnisse des Hochschulsystems und der verschiedenen Studienmöglichkeiten, sowie Beratungskompetenz. Berufsanfänger sollten verpflichtet werden, diese Qualifikation in einem von den Hochschulen organisierten und ggf. von der Landesrektorenkonferenz beaufsichtigten Aus- und Fortbildungsprogramm zu erwerben. In größeren Beratungsstellen sollte sich das fachliche Profil der Hochschule widerspiegeln und auf eine ausgewogene Altersstruktur der dort Tätigen geachtet werden.
Auf Landesebene sollte unter Verantwortung der Hochschulen, ggf. der LRK, ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch der Studienberater stattfinden. Die HRK wird in regelmäßigen Abständen Vertreter der Allgemeinen Studienberatungsstellen zu einem Informations- und Meinungsaustausch auf Bundesebene einladen.
I. Vorbemerkung
Mit dem Ausbau der Hochschulen, der Ausdifferenzierung der Fächer und der stark anwachsenden Zahl von Studienbewerbern mit heterogenen Studienvoraussetzungen sowie zur Förderung eines eigenaktiven Studiums kommt der Information und Beratung gesteigerte Bedeutung für die Orientierung vor Studienaufnahme, zu Beginn und im Verlauf des Studiums zu. Deshalb gilt Studienberatung seit Beginn der 70er Jahre als integraler Bestandteil eines komplexen Hochschulsystems. Die Hochschulrektorenkonferenz hat in der Vergangenheit mehrfach auf die Bedeutung der Studienberatung hingewiesen, hierzu mehrere Empfehlungen ausgeprochen und Tagungen durchgeführt [1].
Optimierung der Allgemeinen Studienberatung und eine verbesserte Abstimmung der am Beratungsgeschehen beteiligten Einrichtungen innerhalb und außerhalb der Hochschule sind ferner Bestandteil der gegenwärtigen Bemühungen um eine Verbesserung der Qualität individueller Studienverlaufsergebnisse. In den gemeinsamen Vorschlägen von HRK und KMK zur "Umsetzung der Studienstrukturreform" vom Juli 1993 wird festgestellt: "Mängel bei der Studienvorbereitung in der Schule und die vielfach desorientierenden Bedingungen in den überfüllten Hochschulen machen weitere Bemühungen um eine Verbesserung der Orientierung der Studierenden insbesondere in der Eingangsphase erforderlich." [2]
Daran anknüpfend hat das Präsidium der HRK eine Arbeitsgruppe mit dem Auftrag eingesetzt, Vorschläge zur Aktualisierung, Konkretisierung und Umsetzung dieser Grundsatzbeschlüsse zu erarbeiten. Diese Arbeitsgruppe, der Hochschullehrer, Studienberater und Studierende angehörten, hat die folgende Empfehlung vorbereitet, die nach Beratung in den Ständigen Kommissionen für studentische Angelegenheiten sowie Lehre und Studium und im Präsidium der HRK von der Plenarversammlung am 4. Juli 1994 einstimmig verabschiedet wurde.
II. Ausgangslage
Gemäß den Bestimmungen des Hochschulrahmengesetzes (§ 14; § 43, Abs. 1) und der Hochschulgesetze der Länder sind die Hochschulen verpflichtet, Studieninteressenten und Studierende über die Bedingungen und Möglichkeiten eines Studiums zu informieren. Die Aufgaben der Studienberatung teilen sich Hochschullehrer ("fachliche Beratung") und die Studien-/Studierendenberatungsstelle ("allgemeine Beratung"). Darüber hinaus bieten auch studentische Fachschaften Betreuung und Hilfestellung in den einzelnen Fächern an. Im allgemeinen kann die Studienberatung als fachlich begründete und ausdifferenzierte sowie überwiegend fest etablierte Institution an deutschen Hochschulen beschrieben werden.
Der Aufgabenbereich der Studienberatung bezieht sich auf die Information und Beratung von Studieninteressenten, die allgemeine Vorbereitung zum Studium und auf die verschiedenen Phasen des Studienverlaufs. Er umfaßt die Information und Beratung über die Organisation und Bedingungen eines Studiums sowie die psychologisch fundierte Beratung zu einem persönlich angemessenen Umgang mit den Anforderungen des Studiums (Entscheidung, Orientierung, Leistung, Selbstverantwortung) und denen des studentischen Lebens.
Studienberatung kann sich entsprechend einzelner landesrechtlicher Regelungen auch auf Hilfen bei studienbedingten persönlichen Schwierigkeiten erstrecken [3]. In einigen Ländern wird zur Zeit geplant oder ist bereits gesetzlich geregelt, daß Studierende, die die Regelstudienzeit überschritten haben, ohne sich zur Prüfung zu melden, sich einer obligatorischen Beratung unterziehen müssen.
An einer Reihe von Hochschulen sind EDV-gestützte Studieninformationssysteme eingeführt oder in der Erprobung, mit deren Hilfe die Studierenden differenzierte Informationen, z.B. über Studienpläne, kommentiertes Lehrveranstaltungsangebot, Prüfungstermine, Sprechzeiten selbständig abrufen können.
Es besteht weitgehend Übereinstimmung, daß Studienberatung weder die Aufgabe hat noch in der Lage ist, bestimmte aktuelle grundlegende Mängel zu beheben. Hierzu gehören insbesondere Defizite in der Lehre, vor allem aufgrund mangelhafter personeller und sächlicher Ausstattung der Fachbereiche, unzureichende soziale Absicherung der Studierenden mit der Folge von Studienzeitverlängerung (Erwerbstätigkeit neben dem Studium, Wohnprobleme), fehlende Eignung von Studierenden für ein Hochschulstudium, fehlende berufliche Perspektiven der Absolventen mit der Folge eines hinausgezögerten Studienabschlusses oder eines Studienabbruchs.
Die gegenwärtige Situation der Studienberatung stellt sich in den alten und neuen Bundesländern unterschiedlich dar:
An den Hochschulen der neuen Länder ist der Übergang von einem gelenkten Studienzugang mit festen fächerspezifischen Planquoten in einem zentral vorgegebenen Studiensystem zu einem im wesentlichen auf der selbständigen Entscheidung der Studieninteressenten beruhenden System und eine in die Selbstverantwortung der Hochschulen übergegangene Planung des Lehrangebots rechtlich vollzogen. Damit verbunden sind Orientierungsprobleme der Studierenden und ein Trend zu steigendem Studienabbruch und Fachwechsel zu beobachten.
Deshalb sind Aufbau und Unterstützung der Studienberatung und Qualifizierung der Studienberater dringliche Aufgaben. Die HRK hat bereits im Juli 1991 allgemeine Grundsätze zum Auf- und Ausbau der Beratungsangebote für Studieninteressenten und Studierende in den neuen Ländern verabschiedet. Die Umsetzung dieser Empfehlungen hängt jedoch von konzeptionellen und materiellen "Anschubhilfen" ab und ist noch keineswegs überall sichergestellt.
Insbesondere für die alten Länder gilt unverändert: Die hohe Nachfrage von Studienberechtigten mit durchaus unterschiedlicher Vorbildung hält an, während das Hochschulsystem den wachsenden und sich verändernden Anforderungen nicht mehr entspricht. Dies wirkt sich z.T. in unbefriedigenden Studienverläufen aus (die Regelstudienzeit deutlich überschreitende tatsächliche Studienzeiten, geringer Studienabschlußerfolg, unerwünschter Studienfachwechsel). Angesichts dessen wird von der Studienberatung insgesamt erwartet, zur überlegteren Studienwahlentscheidung und besseren Orientierung im Studienablauf beizutragen, sowie Hilfen für Studierende in schwierigen Phasen des Studiums bereitzustellen.
In den Empfehlungen zur "Umsetzung der Studienstrukturreform", die HRK und KMK im Juli 1993 gemeinsam verabschiedet haben, wird eine "Verbesserung der Orientierung vor Aufnahme des Studiums und im Studium, insbesondere in der Eingangsphase" als wesentlich für das Gelingen der Studienreform hervorgehoben [4]. Hinsichtlich der in den Empfehlungen ebenfalls erwähnten "persönlichkeitsbildenden Schlüsselqualifikationen", der Förderung eines "selbstverantworteten Studierens" sowie eines "zeit- und leistungsgerechten Studienverhaltens" kommt der Studienberatung eine wichtige unterstützende Funktion zu. Diese und andere bildungspolitische Willenserklärungen bedürfen in mancher Hinsicht noch der Konkretisierung.
III. Entwicklungsprobleme
Als generelle Probleme der Studienberatung und offene Fragen sind vor allem zu nennen:
Die Studienberatung hat in den Hochschulen vielfach noch nicht die Akzeptanz und Förderung, die ihrer (potentiellen) Bedeutung entspricht und die sie zur Erfüllung ihrer Aufgabe benötigt. Sie wird nicht in ausreichendem Maß als Ressource der Hochschule wahrgenommen. Auch sind Aufgabenprofil und Leistungen der Allgemeinen Studienberatungsstellen nicht immer in genügender Weise in der Hochschule vermittelt. Darin ist einer der wesentlichen Gründe zu sehen, daß die Kommunikation zwischen Allgemeinen Studienberatungsstellen und Lehrenden vielfach nur unzureichend entwickelt ist und in der Studienberatung vorhandenes Wissen über systematische Schwierigkeiten mit der Studierbarkeit von Studiengängen kaum auf das Geschehen in der Lehre zurückwirkt.
Während die administrative Zuordnung der Allgemeinen Studienberatungsstellen - sei es als Teil der Hochschulverwaltung, sei es als Zentrale Einrichtung der Hochschule - im allgemeinen zufriedenstellend geregelt ist, wird ihre Tätigkeit von den akademischen Gremien zum Teil unzureichend wahrgenommen. Auch dies ist eine wichtige Ursache für fehlende Rückkoppelung zur Lehre. Teilweise entspricht die interne Organisation der Studienberatungsstellen nicht den Anforderungen an eine eindeutige und funktional differenzierte Aufteilung von Verantwortlichkeiten.
Ungeachtet der Tatsache, daß einzelne Länder beachtliche Anstrengungen unternehmen, stagniert der Ausbau der Studienberatungsstellen und ihre personelle und sächliche Ausstattung seit längerer Zeit. Die von der damaligen WRK und der KMK 1976/81 geforderte Relation (Studienberater : Studierende) von mindestens 1 : 3000 ist heute an praktisch keiner Hochschule erreicht, ganz abgesehen davon, daß es an einigen Hochschulen keine Allgemeine Studienberatungsstelle gibt.
Das Tätigkeitsspektrum der Allgemeinen Studienberatungsstellen ist infolge der breit gefächerten Vielfalt möglicher Aufgabenstellungen und entsprechender Nachfragen i.d.R. nicht eindeutig bestimmt und bekannt. Das Profil der Beratungstätigkeit bleibt daher in der Praxis unscharf und erschwert die Bescheibung eines einheitlichen Berufsbildes.
So werden dort Informationen über allgemeine Studienangelegenheiten und -möglichkeiten abgefragt; in gleicher Weise werden sie von den Studierenden prinzipiell für Probleme in Anspruch genommen, mit denen diese im Studium, darüber hinaus aber auch im privaten Bereich konfrontiert sind, sofern sie den individuellen Studienverlauf gravierend beeinträchtigen. Unabhängig davon, ob die Ländergesetze dies jeweils vorsehen, bietet rund ein Viertel der Allgemeinen Studienberatungsstellen auch spezielle psychologische Beratung bzw. Psychotherapie an. Diese Angebote erfordern jedoch einen hohen Personalaufwand und setzen daher Personalstellen und weitere Mittel in erheblichem Umfang voraus.
Die Aufgabenverteilung zwischen allgemeiner und fachlicher Studienberatung ist in der Praxis nicht ausreichend geklärt. Die Studienfachberatung ist grundsätzlich Aufgabe der Lehrenden. Manche Fachbereiche haben Beauftragte, die vorrangig als Ansprechpartner für Studierende zur Verfügung stehen. Eine Koordinierung der fachbezogenen Beratungsaufgaben scheint jedoch nicht in allen Fachbereichen gewährleistet zu sein. Meist informieren und beraten auch studentische Fachschaften über Fragen des Fachstudiums.
Dies geschieht ebenfalls im Rahmen von Tutorien. Fachspezifische Beratung findet schließlich auch durch die Allgemeine Studienberatung zumeist auf der Basis von Studienplänen u.ä. statt. Eine Abstimmung oder Vernetzung dieser zentralen-dezentralen Ebenen bzw. von deren Aktivitäten sowie Absprachen hierüber fehlen in der Regel.
Abgesehen von der grundlegenden Voraussetzung eines abgeschlossenen Hochschulstudiums besteht Unsicherheit über die Qualifikationsanforderungen von professionellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in zentralen Studienberatungsstellen bezüglich spezieller fachlicher Vorbildung, beruflichem Erfahrungshintergrund und beraterischer Kompetenz. Ein im Kern verbindlich festgelegtes Qualifikationsprofil derjenigen, die in der Studienberatung tätig sind oder werden wollen, hat sich über gewisse regionale Festlegungen hinaus bisher nicht etabliert. In der Regel sind Art und Umfang der Weiterbildung in das Belieben des einzelnen Beraters gestellt. Es besteht daher Bedarf an verbindlichen, den Standards sonstiger Beratungsberufe entsprechender Zusatz- und Fortbildungen.
IV. Empfehlungen
Die HRK hat sich in ihrem "Konzept zur Entwicklung der Hochschulen in Deutschland" vom Juli 1992 zur Notwendigkeit einer Reform der Studienstrukturen bekannt und hat daran anknüpfend gemeinsam mit der KMK Vorschläge zur Umsetzung erarbeitet. Dabei wird ausdrücklich auf den Stellenwert von Information, Orientierung und Beratung der Studierenden zur Verbesserung der Studienergebnisse hingewiesen. Davon ausgehend empfiehlt die HRK ihren Mitgliedshochschulen, sich an folgenden Grundsätzen zu orientieren:
Die Hochschulen sollten Allgemeine Studienberatungsstellen, sofern sie nicht bereits bestehen, einrichten oder hochschulübergreifend mit bestehenden oder im Aufbau befindlichen Einrichtungen der Hochschulen, der Studentenwerke oder anderer Träger am Hochschulort oder in der Region kooperieren. Die Aufgaben der Studienberatung sollten als Teil eines dezentral und subsidiär arbeitenden Netzes von Beratung innerhalb und außerhalb der Hochschulen entsprechend den örtlichen Bedürfnissen definiert werden.
Dazu gehört, daß Studienberatungstellen und entsprechend der hochschulinternen Rechnervernetzung auch Fachbereiche mit modernen Medien und Informationsmitteln (EDV-gestützte Datenbanken) ausgestattet sein sollten, mit deren Hilfe Studieninformationen innerhalb der Hochschule und zwischen den Hochschulen übermittelt und abgefragt werden können. Dies kann die Beratungstätigkeit erleichtern und von Routineanfragen entlasten.
Die Allgemeinen Studienberatungsstellen müssen in die Tätigkeit der Hochschulgremien stärker eingebunden werden. Sie sollten, ungeachtet ihrer organisatorischen Zuordnung, der Hochschulleitung (Prorektor/Vizepräsident) unterstehen und in der Senatskommission für Lehre regelmäßig gehört werden. Darüber hinaus erscheint je nach örtlichen Gegebenheiten ein vom Senat oder der Senatskommission für Lehre eingesetzter Beirat oder Beauftragter für die Allgemeine Studienberatung von Vorteil.
Damit würde einerseits ihre Akzeptanz innerhalb der Hochschule erhöht, andererseits würden die Studienberater/-innen in die aktive Mitverantwortung für die Verbesserung von Studium und Lehre einbezogen. Die Studienberatungsstellen würden besser in die Lage versetzt, sich die entsprechenden Ziele ihrer Hochschule insgesamt zu eigen zu machen und ihre Tätigkeit stärker als Serviceaufgabe der Hochschule und für die Hochschule zu verstehen. Dieses Verständnis der Allgemeinen Studienberatung führt zur Verbesserung der Kooperation zwischen allgemeiner und Studienfachberatung, für die Verfahrensregeln der gegenseitigen Konsultation und Kooperation festzulegen sind.
Soweit die Größe der Allgemeinen Studienberatungsstelle es erforderlich macht, ist eine Aufteilung von Verantwortlichkeiten innerhalb der Studienberatungsstellen vorzunehmen und verbindlich festzulegen. Es sollte überprüft werden, ob Tätigkeitsstruktur und Organisation der Aufgabenstellung angemessen sind. Es ist Sache der Hochschule, die Schwerpunkte der Allgemeinen Studienberatung entsprechend dem jeweiligen Bedarf an der Hochschule zu setzen und auf deren Beachtung hinzuwirken.
Die Studienberatung sollte eine Rückmeldefunktion für Probleme in Studium und Lehre bekommen. Dazu empfiehlt sich folgendes:
Die Allgemeine Studienberatung sollte der Senatskommission regelmäßig über in der Beratungstätigkeit auftauchende wesentliche Studienprobleme berichten. Die Kommission sollte die Problemlagen fachspezifisch bündeln und Entscheidungsvorschläge zur Abhilfe entwickeln.
Die Senatskommission sollte die Informationen fächerspezifisch den Dekanen zuleiten, um den Rückfluß der Informationen in die Fächer zu gewährleisten und Ansatzpunkte für die Beseitigung von Mängeln aufzuzeigen. Dies könnte insbesondere für die Erstellung von Lehrberichten hilfreich sein.
Die Hochschulleitung sollte die Allgemeine Studienberatung aufgrund ihrer aktuellen Erfahrungen zu speziellen Fragen der Studienorganisation und der Lehre auch außerhalb ihrer turnusmäßigen Berichte in Beratungen einbeziehen und ihre Stellungnahme einholen.
Defizite in der Studien- und Prüfungsorganisation, soweit die Verantwortung dafür im Fachbereich liegt, sind im Fach selbst zu beheben. Bemühungen sollten daher im Fachbereich ansetzen, die Studiengänge studierbar und den Studienablauf transparent zu machen, um die Ergebnisse zu verbessern. Dazu gehört auch, daß die Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeiter ihren fachlichen Beratungsaufgaben (einschl. von Informationen über das betreffende Berufsfeld) und studienbegleitender Betreuung größeres Augenmerk schenken [5].
In größeren Fachbereichen sollte diese Aufgabe von den einzelnen Fächern bzw. Instituten getragen oder von Beauftragten für Studienfachberatung, die für jeweils mindestens drei Jahre benannt werden, übernommen werden. Diese Aufgabe könnte auch einem Studiendekan übertragen werden. Die HRK hält es für sinnvoll, für den Fall einer Nomination von Beauftragten für Studienfachberatung die jeweilige Fachschaft zu beteiligen.
Insbesondere in den erfahrungsgemäß kritischen Studienphasen (z.B. Studieneingang mit fachlichen und sozialen Orientierungsproblemen, Examensphase mit Prüfungsängsten und der Befürchtung mißlingender Berufseinmündung) sowie im Hinblick auf Studierende mit besonderen Erschwernissen (z.B. behinderte Studierende, Studierende mit Kindern, ausländische Studierende) sollten koordinierte Beratungsangebote und Hilfen verstärkt eingesetzt und institutionalisiert werden. So empfehlen sich für den Studienbeginn Tutorien, die im Fachbereich verankert sind.
Service-Leistungen der Allgemeinen Studienberatung für die Fachbereiche könnten z.B. in der Tutorenschulung bestehen. Zwischen den verschiedenen Ebenen der Studienberatung sollte ein kontinuierlicher Gesprächskontakt entwickelt werden. Die intensive Zusammenarbeit mit den Schulen und mit der Berufsberatung sollte selbstverständlich sein. Dies gilt gleichermaßen für andere Einrichtungen wie Sozialberatungsstellen und Studentenwerke, von denen manche psychologische oder auch psychotherapeutische Beratung anbieten.
In größeren Studienberatungsstellen sollte darauf geachtet werden, daß
- das fachliche Profil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Beratung möglichst das Fächerspektrum der jeweiligen Hochschule bzw. Hochschulregion widerspiegelt,
- die Altersstruktur des Beratungsteams angemessen ist und
- sowohl männliches wie weibliches Beratungspersonal vorhanden ist, um im Bedarfsfall auch geschlechtsspezifische Beratung zu ermöglichen.
Die Erfahrungen zeigen ferner, daß das Fehlen pädagogischer/psychologischer Fachkompetenz in einer Studienberatungsstelle als Defizit anzusehen ist. Studienberater sollten zumindest in der Lage sein, psychische Probleme als solche zu identifizieren und die betreffenden Ratsuchenden an geeignete Stellen zu verweisen.
Für die Tätigkeit in der Allgemeinen Studienberatung müssen Bewerberinnen und Bewerber eine Mindestqualifikation nachweisen oder in einer Qualifizierungsphase erwerben. Die Mindestqualifikation umfaßt:
- ein abgeschlossenes Hochschulstudium
- gründliche Kenntnisse der verschiedenen Hochschul- und Studiengangsangebote, formale Zugangsvoraussetzungen und Abschlußmöglichkeiten etc.,
- Beratungskompetenz (z.B. Gesprächsführung, Gruppenmoderation).
Von Vorteil wären darüber hinaus:
- Erfahrungen in der Hochschullehre oder
- berufspraktische Erfahrungen außerhalb der Hochschule sowie
- für schwerpunktmäßig psychosoziale Aufgabenbereiche eine spezifische Vorbildung.
Berufsanfänger, die diese Voraussetzungen nur zum Teil erfüllen, sollten verpflichtet werden, ein von den Hochschulen in geeigneter Form organisiertes Aus- und Fortbildungsprogramm berufsbegleitend zu absolvieren. Hierfür können auch zeitlich befristete Stellen eingerichtet werden. Eine professionellen Standards genügende Ausübung der Tätigkeit von Studienberatern setzt voraus, daß die o.g. Qualifikationen gezielt und systematisch erworben werden. Darauf sollten die Hochschulen stärker als in der Vergangenheit Wert legen. Eine entsprechende Aus- und Fortbildung, die innerhalb eines Zeit-raumes von zwei bis drei Jahren zu absolvieren ist und von den Hochschulen organisiert wird, sollte umfassen:
- die Vermittlung von vertieften Kenntnissen über das Hochschulsystem einschließlich der verschiedenen Hochschularten, über Zulassungs- und Studienvoraussetzungen, Möglichkeiten der Studienförderung u.ä. ("Sachwissen"),
- Aus- und Weiterbildung in Techniken der Gesprächsführung (z.B. Moderation von Gruppengesprächen) und
- die Begleitung der Beratungspraxis durch Supervision.
Es erscheint sinnvoll, die Weiterbildung der Studienberaterinnen und Studienberater auf Landesebene unter Aufsicht der Hochschulen und ggf. mit organisatorischer Hilfe der Landesrektorenkonferenz festzulegen und zu koordinieren.
Zur Qualifizierung von Studienberatern in den neuen Ländern wäre die Neuauflage eines Hospitationsprogramms von Studienberatern aus den westlichen Ländern ein sinnvoller Schritt. Die HRK hält einen regelmäßigen Informations- und Erfahrungsaustausch der Studienberatungsstellen auf Landesebene, ggf. unter Verantwortung der LRK, für angebracht. Sie bietet an, in Zukunft in regelmäßigen Abständen Vertreter der Allgemeinen Studienberatungsstellen zu einem Informations- und Meinungsaustausch auf Bundesebene einzuladen.
Anhang: Studienberatung in den Hochschulgesetzen des Bundes und der Länder*
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Anmerkungen
[1] "Zur Studienberatung". Empfehlung des 119. Plenums der WRK, 28./29.6.1976; "Zur Einrichtung und Ausstattung von zentralen Studienberatungsstellen an Hochschulen". Empfehlungen des 315. Präsidiums und des 134. Plenums der WRK, 27.4.1981/ 6./7. Juni 1981; "Zum Auf- und Ausbau der Beratungsangebote für Studieninteressenten und Studierende in den neuen Bundesländern". Empfehlungen des 164. Plenums der HRK, 1.7.1991. "Zusammenarbeit von Schule, Berufsberatung und Studienberatung". Übereinkommen zwischen der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder, der Bundesanstalt für Arbeit und der Hochschulrektorenkonferenz, Februar 1992. "Perspektiven der Studienberatung" (Fachtagung der HRK), 22.-24.8.1990 in Konstanz; "Ein Jahr davor: Studieren in Europa" (4. Europäisches Kolloquium für Studienberater), 3.-5.7.1991 in Berlin.
[2] Kultusministerkonferenz/Hochschulrektorenkonferenz: Umsetzung der Studien- strukturreform. Bonn 1993, S. 7.
[3] Die Hochschulgesetze der Länder Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen sehen ein besonderes psychologisches Beratungsangebot vor.
[4] KMK/HRK: Umsetzung der Studienstrukturreform. Bonn 1993, S. 7.
[5] Die Fachkommissionen Anglistik und Betriebswirtschaftslehre der HRK haben u.a. empfohlen, bei Studienbeginn und nach der Zwischenprüfung generell eine fachliche Beratung verpflichtend vorzusehen, um die Studienplanung der Studierenden zu verbessern. Vgl. HRK: Studienstrukturreform in Anglistik und Betriebswirtschaftslehre. Bonn 1994.
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