Die wissenschaftliche Weiterbildung an den Hochschulen


Entschließung des 170. Plenums vom 12. Juli 1993



Vorwort


A. Ausgangslage


I. Gesetzlicher Auftrag


II. Begriffliche Abgrenzung


III. Das Engagement der Hochschulen in der Weiterbildung


IV. Formen und Typen der Weiterbildung an Hochschulen


B. Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung


I. Sicherung der Lehre im grundständigen Studium


II. Verhältnis von grundständigem Studium und Weiterbildung


III. Zielgruppen und Aufgaben der wissenschaftlichen Weiterbildung

  1. Berufsbezogene wissenschaftliche Weiterbildung
  2. Allgemeine wissenschaftliche Weiterbildung

IV. Abschlüsse und Zertifikate


V. Einsatz neuer Medien


VI. Infrastruktur und Organisation


VII. Kooperation mit Praxispartnern


VIII. Ressourcensicherung, Finanzierung und Anreize


C. Empfehlungen


Anhang


Regelungen zu weiterführenden/weiterbildenden Studienangeboten: Auszüge aus dem Hochschulrahmengesetz und den Ländergesetzen*


 


Vorwort


Der ständige soziale Wandel und die Veränderungen der Arbeitswelt gehen mit vielfältigen neuen Anforderungen einher, die alle gesellschaftlichen Bereiche erfassen. Ein mehrfacher Wechsel der beruflichen Position und der ausgeübten Tätigkeit im Verlauf eines Lebens wird immer selbstverständlicher. Gleichzeitig erweitert und erneuert sich das verfügbare Wissen immer rascher. Ein abgeschlossenes Studium kann nicht mehr eine das ganze Berufsleben überdauernde Qualifikation bieten. Auch für Hochschulabsolventen ist daher die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens allgemein anerkannt. Infolge dessen wachsen den Hochschulen vermehrt Aufgaben der wissenschaftlichen Weiterbildung zu.


Mit dem "Konzept zur Entwicklung der Hochschulen in Deutschland", das vom 167. Plenum der HRK am 6. Juli 1992 einstimmig beschlossen wurde, haben die Hochschulen ihren Willen bekräftigt, einen Beitrag zur Studienreform in den Hochschulen zu leisten. Eine Neubestimmung des Verhältnisses von grundständigem, berufsbefähigendem Studium und wissenschaftlicher Weiterbildung ist erforderlich.


In den neuen Ländern stehen die Hochschulen angesichts der tiefgreifenden Umgestaltungen im Gesellschafts- und Wirtschaftssystem in den nächsten Jahren vor einer besonders schwierigen Situation. Umfangreiche Anforderungen der Nachqualifizierung sind eine zusätzliche Aufgabe der Hochschulen. Dabei werden die Möglichkeiten einerseits dadurch eingeschränkt, daß gerade jene Fächer gefordert sind, die grundlegend neu aufgebaut werden. Der Erhalt bzw. die Entwicklung eines umfassenden Weiterbildungsangebotes werden andererseits durch die Einschnitte in die Personalhaushalte erschwert.


Das 170. Plenum der Hochschulrektorenkonferenz hat die folgende Stellungnahme zur Weiterbildung am 12. Juli 1993 verabschiedet.


A. Ausgangslage


I. Gesetzlicher Auftrag


Nach § 2 Abs. 4 sowie § 21 HRG und den entsprechenden Hochschulgesetzen der Länder, die darauf Bezug nehmen, zählt die Weiterbildung zu den gesetzlichen Aufgaben der Hochschulen. Demgemäß ist wissenschaftliche Weiterbildung eine hauptamtliche Dienstaufgabe der Hochschullehrer.


Der Einlösung dieser Forderung steht jedoch eine Vielzahl von Restriktionen entgegen. Zu nennen sind insbesondere die Überlastsituation in vielen Fächern, die aufgrund der bestehenden Regelungen der Hochschulfinanzierung fehlenden haushaltsrechtlichen Spielräume, zusätzliche Lehrleistungen zu honorieren, sowie die mangelnde Anrechnung von Weiterbildungsleistungen auf das Lehrdeputat. Dies hat dazu geführt, daß die von Hochschullehrern in Nebentätigkeit erbrachte Weiterbildung dominiert.


II. Begriffliche Abgrenzung


Der Weiterbildungsbegriff wird nicht einheitlich verwendet. So haben sich berufsgruppenspezifische Terminologien entwickelt, in denen Weiterbildung zum Teil von Fortbildung abgegrenzt (Mediziner) [1], teils damit zusammengefaßt wird (Lehrer). Gelegentlich wird für bestimmte Formen der wissenschaftlichen Weiterbildung auch der Begriff "Kontaktstudium" verwendet, aber ebenfalls nicht systematisch abgegrenzt.


Von der "Weiterbildung" und dem "weiterbildenden Studium" nach § 21 HRG sind Aufbau-, Ergänzungs- und Zusatzstudien (Graduiertenstudien) nach § 10 Abs. 5 HRG zu unterscheiden, die zu weiterer wissenschaftlicher und beruflicher Qualifikation oder zur Vertiefung eines Studiums, insbesondere zur Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses angeboten werden sollen. Veranstaltungen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses werden üblicherweise nicht zur wissenschaftlichen Weiterbildungdung gezählt, da sie in der Regel unmittelbar an ein grundständiges Studium anschließen.


Ergänzungsstudien jedoch vermitteln spezielle berufsbezogene Qualifikationen (z.B. Wirtschaftsinformatiker, Vertriebsingenieur) und werden vielfach von berufstätigen Hochschulabsolventen zum Zweck der Weiterbildung genutzt; dies gilt z.T. in ähnlicher Weise für Aufbaustudiengänge. Die Übergänge zwischen den verschiedenen Angeboten der Hochschulen sind also fließend.


In der Praxis hat sich eine pragmatische allgemeine Definition durchgesetzt: "Wissenschaftliche Weiterbildung" ist der Oberbegriff, der unter funktionalem Aspekt alle Lehrtätigkeiten an Hochschulen zusammenfaßt, die der Erneuerung, Erweiterung, Vertiefung etc. des in einer Erstausbildung und im Rahmen beruflicher Erfahrung erworbenen Wissens dienen oder Erwachsene auf neben- und nachberufliche Tätigkeiten vorbereiten [2]. Aufbaustudien wären immer dann der Weiterbildung zuzuordnen, wenn das entsprechende Angebot auch für berufstätige Hochschulabsolventen zugänglich und auf ihren Bedarf zugeschnitten ist und in relevantem Umfang von ihnen tatsächlich wahrgenommen wird.


Graduierten- bzw. Promotionsstudien im unmittelbaren Anschluß an ein grundständiges Studium gelten nicht als Weiterbildung. Unabhängig von den unterschiedlichen Definitionen und Abgrenzungen wird im folgenden in Anlehnung an § 21 HRG entsprechend der gängigen Praxis davon ausgegangen, daß wissenschaftliche Weiterbildung an Hochschulen nur diejenigen Studienangebote umfaßt, die

  • nach einem ersten berufsqualifizierenden Abschluß (in der Regel Hochschulstudium, aber auch qualifizierte berufliche Ausbildung) und
  • nach einer Phase beruflicher Tätigkeit einen Wiedereinstieg in organisiertes Lernen ermöglichen und als solche in Anspruch genommen werden und
  • im Hinblick auf die Adressatengruppen inhaltlich und didaktisch-methodisch entsprechend aufbereitet sind und das spezielle Zeitbudget Berufstätiger berücksichtigen.

III. Das Engagement der Hochschulen in der Weiterbildung


Wissenschaftliche Weiterbildung wird in den Hochschulen sowohl in Form weiterbildender Studiengänge als auch als Einzelveranstaltung mit kürzerer Dauer angeboten. Die von der HRK regelmäßig erhobenen und als "Weiterführende Studienangebote" dokumentierten Veranstaltungen umfassen zur Zeit (1992) knapp 1.000 überwiegend längerfristige, curricular strukturierte Angebote, von denen circa ein Drittel der Weiterbildung im oben definierten Sinne dienen. Die meisten beziehen sich auf Zusatz-, Ergänzungs- und Aufbaustudien im Sinne von § 10 Abs. 5 HRG. Hinzu kommen zahlreiche Weiterbildungsangebote von kürzerer Dauer, die darin nicht erfaßt sind. Dies belegt, daß die Hochschulen große Anstrengungen unternehmen, um ihrem Weiterbildungsauftrag nachkommen. Dabei ist insbesondere das große Engagement der Fachhochschulen hervorzuheben.


An den Hochschulen der DDR bestand eine entwickelte Infrastruktur und eine direkte Verantwortlichkeit (Direktorate bzw. Abteilungen) für die wissenschaftliche Weiterbildung. Diese sind mittlerweile abgebaut oder erheblich reduziert worden. Dennoch unternehmen die Hochschulen der neuen Länder große Anstrengungen in der Weiterbildung. Sie widmen sich dabei in besonderem Maße der Nach- und Umqualifizierung von Absolventen der Hochschulen und der ehemaligen Fachschulen.


Hier besteht ein erheblicher Bedarf. Zur Zeit sind die personellen Bedingungen (Relation Lehrpersonal zu Studierenden) noch verhältnismäßig günstig. Mit dem zu erwartenden Anstieg der Studienanfänger- und Studierendenzahlen bei angekündigten weiteren Stellenkürzungen ist jedoch bereits auf mittlere Sicht zu befürchten, daß das Engagement in der wissenschaftlichen Weiterbildung aus kapazitären Gründen reduziert werden muß.


Die Universitäten und Fachhochschulen in ganz Deutschland sind in vielfältiger Weise auch in Weiterbildungsaktivitäten involviert, die in Zusammenarbeit mit Institutionen außerhalb der Hochschulen erbracht werden. Dies geschieht zum Teil in von den Hochschulen zu diesem Zweck eigens gegründeten Trägern außerhalb der Hochschule (e.V., GmbH), durch Kooperation mit anderen in der Weiterbildung engagierten und interessierten Trägern oder im Rahmen individueller Kontakte von Hochschullehrern, die auf Honorarbasis im Auftrag externer Veranstalter tätig werden.


Diese Formen der Auslagerung von Weiterbildungsleistungen sind Ausdruck der Tatsache, daß den Hochschulen zumeist nur begrenzte Möglichkeiten gegeben sind, innerhalb der Hochschule erbrachte Leistungen in der Weiterbildung angemessen zu honorieren. Da überdies den Hochschulen in der Regel nur ein Teil der eingenommenen Gebühren verbleibt und damit eine direkte zweckgebundene Refinanzierung der verbrauchten Ressourcen nur bedingt gesichert ist, fehlen vielfach auch das Interesse und der Anreiz der Hochschule als Institution, Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung zu intensivieren oder zu erweitern.


In vielen vergleichbaren Industriestaaten hat die Hochschulweiterbildung einen höheren Stellenwert erlangt. Dabei ist jedoch zu beachten, daß in Deutschland außerhalb der Hochschulen ein gut entwickelter Weiterbildungssektor existiert, der in anderen Ländern im Hochschulbereich angesiedelt ist (z.B. die Community Colleges in den USA). Die internationalen Erfahrungen belegen auch, daß eine gesetzliche Festlegung von Weiterbildungsaufgaben der Hochschulen ins Leere läuft, wenn entsprechende Anreize und Rahmenbedingungen fehlen.


IV. Formen und Typen der Weiterbildung an Hochschulen


An den Hochschulen und in ihrem Umfeld haben sich, trotz der hemmenden Rahmenbedingungen, zahlreiche Formen und Ansätze der wissenschaftlichen Weiterbildung entwickelt. Sie sind durch große thematisch-inhaltliche Breite und spezifische organisatorische, institutionelle, zeitliche und funktionale Besonderheiten gekennzeichnet.


Veranstaltungen der wissenschaftlichen Weiterbildung werden in unterschiedlicher Dauer und zeitlicher Abfolge angeboten. Sie dauern in manchen Fällen wenige Tage oder Wochen, in anderen ein oder mehrere Semester, sie werden als längere Sequenz von Einzel- oder als Blockveranstaltungen durchgeführt, finden abends oder am Wochenende statt, sind in Lehrgangsform oder als Baustein-System aufgebaut, und können z.T. als angeleitetes Selbststudium (Fernstudium) mit oder ohne Bezug zum ausgeübten Beruf wahrgenommen werden. Gelegentlich besteht auch die Möglichkeit, einzelne Abschnitte eines umfangreicheren Angebotes gesondert zu absolvieren und testieren zu lassen.


Die Hochschulen stellen sich bei der Planung ihrer Weiterbildungsangebote vielfach bereits auf das begrenzte und spezielle Zeitbudget berufstätiger Teilnehmer ein. Wachsende Aufmerksamkeit wird auch der adressatengerechten Gestaltung geschenkt. Die meisten Weiterbildungsveranstaltungen sind speziell für diesen Zweck entwickelt bzw. modifiziert; nur in geringerem Umfang findet eine direkte Übernahme ("Umetikettierung") grundständiger Lehrangebote für die Weiterbildung statt.


Obwohl Wissenschaftliche Weiterbildung in der Regel auf den Qualifizierungsbedarf bestimmter Berufs- oder Personengruppen mit mehr oder weniger klar definierten Zugangsvoraussetzungen ausgerichtet ist, werden zunehmend auch breitere Zielgruppen ohne spezielle Voraussetzungen angesprochen (z.B. Seniorenstudium). Vielfach ergeben sich aus Kontakten zu Verbänden und zur Wirtschaft sowie aus Impulsen des Arbeitsmarktes im regionalen Umfeld der Hochschule erfolgreiche Anknüpfungspunkte für wissenschaftliche Weiterbildung, die dem Erhalt des beruflichen Status, einer berufsbezogenen Erweiterung von Qualifikationen oder beruflichem Aufstieg dienen kann. Daneben können aber auch Veränderungen in den Lebensumständen eine wichtige Rolle für die Nachfrage nach wissenschaftlicher Weiterbildung spielen, wie z.B. für Personen, die nach Phasen der Kindererziehung wieder in den Beruf einsteigen wollen.


In den neuen Ländern engagieren sich die neugegründeten Fachhochschulen besonders in der Nachqualifizierung von Absolventen der früheren Fachschulen. Auch an Universitäten werden Kurse zur Nach- und Umqualifizierung von Lehrern (zusätzliches weiteres Fach, sonstige Zusatzqualifikationen) durchgeführt; beide Formen werden zum großen Teil als berufsbegleitendes Fernstudium (Fernstudienbrückenkurse) angeboten. Für Ökonomen, Juristen und Lehrer in den neuen Ländern bietet die Fernuniversität Hagen seit 1990 besondere Weiterbildungskurse an.


Die Teilnehmer an Kursen der wissenschaftlichen Weiterbildung sind vielfach als Gasthörer eingeschrieben, bei langfristigeren Angeboten sind sie z.T. ordentlich immatrikuliert. Die Entscheidung darüber, ob Abschlüsse (akademische Grade), Zeugnisse, Zertifikate oder Bescheinigungen für die Teilnahme vergeben werden, wird meist in Abhängigkeit von der Dauer der Veranstaltung und damit vom Umfang der vermittelten Qualifikation getroffen.


Im Hinblick auf den sich entwickelnden europäischen Arbeits- und Bildungsmarkt haben einzelne Hochschulen begonnen, mit Partnerhochschulen aus europäischen Nachbarländern, insbesondere im EG-Raum, grenzüberschreitende Weiterbildungs-Kooperationen aufzubauen (z.B. RWTH Aachen, U Karlsruhe, U Freiburg, U und FH des Saarlandes, PH Flensburg, U Kaiserslautern, U Trier). Der "europäischen Dimension" wird damit auch in der Weiterbildung zunehmende Beachtung zuteil.


B. Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung


I. Sicherung der Lehre im grundständigen Studium


Voraussetzung für ein größeres Engagement der Hochschulen in der Weiterbildung ist die Sicherung und Verbesserung der Lehre in den grundständigen Studiengängen [3]. Die grundständige Lehre gehört zu den prioritären Aufgaben der Hochschulen, die nicht zuletzt angesichts der unhaltbaren Situation aufgrund von Überlastung und Unterfinanzierung der Hochschulen häufig nicht mehr in der notwendigen Qualität gewährleistet werden kann. Eine Grundsanierung ist erforderlich, um die allseits anerkannten Ausstattungsdefizite zu beseitigen und einen geordneten Studienbetrieb unter Bedingungen der "Normallast" sicherzustellen.


Diese Forderung ist in Zusammenhang zu sehen mit der Forderung nach einer stärkeren Beteiligung der Hochschulen in der Weiterbildung. Der dramatische Anstieg der Studierendenzahl in den vergangenen Jahrzehnten hat die Entwicklung der Weiterbildung an den Hochschulen beeinträchtigt, obwohl mit der gestiegenen und weiterhin steigenden Zahl von Hochschulabsolventen die Nachfrage nach wissenschaftlicher Weiterbildung - mit zeitlicher Verzögerung - entsprechend zunimmt.


Unter den gegebenen Bedingungen würde eine bloße Verlagerung der ohnehin überbeanspruchten Ressourcen aus der grundständigen Lehre in die wissenschaftliche Weiterbildung dem Mangel nicht abhelfen, sondern ihn nur verschieben. Eine Umschichtung innerhalb der verfügbaren Ressourcen scheidet als Lösung daher aus. Andererseits bleiben einer Beteiligung der Hochschulen in der Weiterbildung ohne zusätzliche Mittel bzw. Finanzierungsinstrumente wie bisher enge Grenzen gezogen.


II. Verhältnis von grundständigem Studium und Weiterbildung


Es besteht weitgehend Konsens, daß das grundständige Studium in den Hochschulen einer gründlichen Überprüfung und Neustrukturierung bedarf. Die HRK hat im "Konzept zur Entwicklung der Hochschulen in Deutschland" hierzu folgende Grundsätze entwickelt:


Neben der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses haben die Universitäten immer auch berufsvorbereitende Aufgaben übernommen, die mit der Entwicklung zur "Massenuniversität" erheblich an Gewicht gewonnen haben. Den differenzierten Anforderungen des Arbeitsmarktes müssen die Universitäten durch ein entsprechend differenziertes Studienangebot verstärkt Rechnung tragen. Am Prinzip der Ausbildung durch Wissenschaft, d.h. der theoretischen Durchdringung der fachlichen Grundlagen, ist festzuhalten (auch im Hinblick auf die Forschungsaufgaben der Universität mit ihrem Bezug zur Lehre). Die Mehrheit der Studierenden strebt jedoch nicht die Ausbildung zur Ausübung von Wissenschaft als Beruf an.


Angesichts der anhaltenden Überlastung der Hochschulen, der - gemessen am Anteil des Altersjahrgangs - weiterhin steigenden Studiennachfrage und der anhaltend hohen Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt nach qualifizierten Hochschulabsolventen auf der einen Seite, der hohen Studienabbrecherquoten, der zu langen Studienzeiten und des darauf zum Teil zurückgehenden hohen Berufseintrittsalters der Hochschulabsolventen in Deutschland andererseits ist es unabweisbar, die universitären Studiengänge zu überprüfen und neu zu strukturieren. Die Straffung und der Abbau der Prüfungsrelevanz von Spezialisierungen grundständiger universitärer Studiengänge muß mit dem Ziel betrieben werden, das Studium wieder in angemessener Zeit absolvieren zu können.


Die HRK hält "eine Aufteilung und Abstimmung zwischen grundständigem Studium und wissenschaftlichen Aufbau- und Vertiefungsstudien sowie berufsorientiertem Weiterbildungsstudium" für erforderlich. Damit ist auch die Möglichkeit gegeben, grundständige Studiengänge zu entlasten. Die HRK hat hierfür Fachkommissionen eingesetzt, die entsprechende Vorschläge erarbeiten sollen.


Angesichts der Nachfrage nach Hochschulabsolventen mit mehr anwendungsorientiertem, berufsbezogenem Qualifikationsprofil und der Nachfrage der Studienbewerber wird die Ausbildung an Fachhochschulen künftig eine größere Bedeutung erhalten. Dementsprechend kommt auch der Weiterbildung an Fachhochschulen ein größeres Gewicht zu.


Ziel der Ausbildung an Universitäten und Fachhochschulen ist nach § 10 Abs. 1 HRG der berufsfähige (nicht: berufsfertige) Absolvent. Speziellere, zur Berufsfertigkeit führende Lehrangebote sollten in der Praxis oder in weiterbildenden Studien für berufstätige Interessenten angeboten werden. Deshalb werden in Zukunft in größerem Umfang entsprechende Weiterbildungsangebote erforderlich. Die wissenschaftliche Weiterbildung der Hochschulen dient dabei vorrangig dem Zweck, die in der Berufspraxis vermittelte Berufsfertigkeit wissenschaftlich zu vertiefen, zu erweitern und zu erneuern und auf neue Aufgabenfelder vorzubereiten.


III. Zielgruppen und Aufgaben der wissenschaftlichen Weiterbildung


Wissenschaftliche Weiterbildung wendet sich in der Regel an berufstätige Erwachsene mit Hochschulabschluß, ist berufsfeldbezogen und wird deshalb überwiegend berufsbegleitend angeboten. Auch Berufstätigen ohne Hochschulzugangsberechtigung steht das weiterbildende Studium offen, sofern die Betreffenden die erforderliche Eignung im Beruf erworben haben. Weiterbildungsangebote richten sich auch an Personen, die nicht mehr oder vorübergehend nicht berufstätig sind (Senioren, Frauen im Erziehungsurlaub, Arbeitslose).


Da die Hochschulen mit einer Vielzahl anderer Weiterbildungsträger in Konkurrenz stehen, sind sie gehalten, sich auf die wissenschaftliche Weiterbildung zu konzentrieren, für die sie besondere Kompetenz und Erfahrung besitzen. Sie tragen damit dem Anspruch an die "Profiltreue" ihrer Angebote und die Innovation durch die Hochschulen selbst Rechnung.


In den neuen Ländern ergeben sich aus der Umstellung auf marktwirtschaftliche Bedingungen und den Veränderungen im Rechtssystem neue und umfangreiche Anforderungen an die wissenschaftliche Weiterbildung. Hier gilt es, an die vorhandenen Erfahrungen der Hochschulen anzuknüpfen, die bestehenden Strukturen - soweit noch vorhanden - zu erhalten und auf die neue Marktsituation einzurichten.


Die Kooperation in der Weiterbildung mit Hochschulen in europäischen Nachbarländern sollte ausgebaut werden. Für das Zusammenwachsen der Arbeitsmärkte in Europa und die damit verbundenen Mobilitätserfordernisse sind Möglichkeiten zum Erwerb der für berufliche Tätigkeiten im Ausland benötigten Kenntnisse (Recht, Wirtschaft, Verwaltung, fachspezifische Fremdsprachen, Landeskultur) von wesentlicher Bedeutung.


Sinnvollerweise wird zwischen berufsbezogener und allgemeiner wissenschaftlicher Weiterbildung unterschieden:


1. Berufsbezogene wissenschaftliche Weiterbildung


Es ist gesicherte Erfahrung und steht auch für die Zukunft außer Zweifel, daß weit überwiegend berufsbezogene wissenschaftliche Weiterbildung nachgefragt wird. In der gemeinsamen Erklärung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der damaligen Westdeutschen Rektorenkonferenz vom 13./14. Februar 1989 wird hierzu ausgeführt:


Der Wandel in der Arbeitswelt geht mit neuen und tendenziell höheren Anforderungen an die Beschäftigten einher. Eine qualifizierte Erstausbildung bleibt die entscheidende Voraussetzung für die Bewältigung des vielschichtigen Strukturwandels, sie muß aber in steigendem Maße durch Weiterbildung ergänzt werden.


Als Antriebskräfte der Weiterbildung wirken die mit der Unternehmenszielsetzung verbundenen Anforderungen an die Mitarbeiter zur Bewältigung der verfahrens- und produktbezogenen Innovationen sowie die Erfordernisse der betrieblichen Personalförderung. Nicht minder bedeutsam für die Weiterbildung sind aber auch Motive des beruflichen Fortkommens auf seiten der Beschäftigten. Besondere Aufmerksamkeit verdienen Weiterbildungsmaßnahmen zur Wiedereingliederung von Frauen, die aus familiären Gründen ihre Berufstätigkeit längere Zeit unterbrochen haben.


Berufsbezogene wissenschaftliche Weiterbildung hat die Aufgabe, vorhandene Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu ergänzen, zu aktualisieren oder zu spezialisieren. Neben der aktuellen Verwertbarkeit verlangt die Komplexität der beruflichen Anforderungen aber zunehmend auch fachübergreifende Qualifikationen (Planungs-, Methoden- und soziale Handlungskompetenz).


Für die Hochschulen wird es künftig darauf ankommen, berufsbezogene Weiterbildungsveranstaltungen noch stärker zielgruppenadäquat zu entwickeln und anzubieten. Dies betrifft z.B. die Zeiteinteilung der Adressaten (berufsbegleitende Teilzeitangebote, Verwendung von Fernstudieneinheiten), die Bedürfnisse der Zielgruppen (anwendungsorientiert, problemlösungsbezogen) und die Darbietungsformen (mediale Vielfalt, didaktische Aufbereitung, spezielle Arbeitsformen). Der berufliche Erfahrungshintergrund der Teilnehmer sollte bei der Vorbereitung angemessen berücksichtigt werden. Für Angebote der berufsbezogenen wissenschaftlichen Weiterbildung sollten die Hochschulen die Durchführungskosten deckende Entgelte erheben, die ihnen verbleiben müssen.


2. Allgemeine wissenschaftliche Weiterbildung


Die Hochschulen bieten, wenngleich in geringerem Umfang, auch nicht berufsbezogene wissenschaftliche Weiterbildung an. Sie nehmen hier eine ihrem Auftrag zur Pflege und Entwicklung der Wissenschaften und der Künste (§ 2 Abs. 1 HRG) entsprechende kulturelle Aufgabe wahr. Entsprechende Veranstaltungen richten sich an Personen mit allgemeinem Bildungsinteresse, bei denen jedoch auch konkretere Weiterbildungsmotive bedeutsam sein können, wie z.B. die Befähigung zur Teilnahme an qualifizierten ehrenamtlichen gesellschaftlichen Aufgaben.


Obwohl die wissenschaftliche Weiterbildung ohne beruflichen Bezug in der absehbaren Zukunft keine dominierende Rolle spielen wird, darf sie im Hinblick auf die kulturelle Funktion der Hochschulen als Stätten der Bewahrung, Entwicklung und Weitergabe wissenschaftlicher Erkenntnis nicht vernachlässigt werden. Die Hochschulen müssen in Rechnung stellen, daß ihre gesellschaftliche Verantwortung die Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse an eine breitere Öffentlichkeit einschließt. Für diesen Zweck können auch besondere Vermittlungsformen wie z.B. das Fernstudium geeignet sein.


IV. Abschlüsse und Zertifikate


Die Teilnahme an Veranstaltungen der wissenschaftlichen Weiterbildung sollte grundsätzlich bescheinigt werden. Förmliche Abschlüsse sollten jedoch nur in besonderen Ausnahmefällen vergeben und auf weiterbildende Studiengänge beschränkt werden, für die eine Studien- und Prüfungsordnung vorliegt [4]. Eine restriktive Praxis ist nicht zuletzt zu empfehlen, um einer Inflation von Abschlüssen in dem bislang kaum strukturierten und noch wenig transparenten Weiterbildungsbereich vorzubeugen. In der Regel sollten Zertifikate oder Teilnahmebescheinigungen vergeben werden. Freilich sind Art und Verbindlichkeit solcher Zertifikate abzuklären und zu vereinheitlichen.


Sofern für bestimmte Veranstaltungen sowohl Interessenten ohne Hochschulzugangsberechtigung als auch Studienberechtigte zugelassen werden, sollten alle erfolgreichen Teilnehmer grundsätzlich die gleichen Abschlüsse/Zertifikate erwerben können. Von einer internen Differenzierung der Weiterbildungskurse nach Vorbildung der Teilnehmer wird daher abgeraten. Die in der Weiterbildung erworbenen Bescheinigungen und Zertifikate sollten aussagekräftige Angaben über die Inhalte der Veranstaltung, ihre Dauer und die erworbenen Kenntnisse enthalten.


V. Einsatz neuer Medien


Die spezifischen Voraussetzungen und Bedürfnisse von Weiterbildungsteilnehmern erfordern ein verändertes Verständnis des Lehrens und des Lernens. Notwendig ist eine der jeweiligen Zielgruppe gemäße didaktisch-methodische Gestaltung und eine medial vielfältige Stoffdarbietung. Die noch überwiegenden, traditionellen Vermittlungsformen (Lehrvortrag, Seminar) sollten daher durch mediale Lehr-Lernkonzepte ergänzt werden. Audiovisuelle Medien können Lernprozesse unterstützen und den Wiedereinstieg in organisiertes Lernen erleichtern. Dabei ist sowohl an den Einsatz neuer Informationsmedien (Kabel, Satellit, ISDN) als auch an computergestützte Lehr-Lernsysteme zu denken.


Interaktive Lernsysteme, die einen "Dialog" zwischen Nutzer und Programm ermöglichen, sind vielfach noch im Entwicklungsstadium. Sie ermöglichen Lernprozesse unabhängig von der ständigen Präsenz einer Lehrperson, erfordern jedoch eine kostenaufwendige apparative Konfiguration. Wo immer möglich, sollte jedoch der Einsatz von neuen Medien in der Weiterbildung gefördert werden. Auch die Verwendung von Fernstudieneinheiten, die eine zeitliche Flexibilität ermöglichen und unabhängig von der örtlichen Präsenz der Teilnehmer wahrgenommen werden können, wäre für die Weiterbildung zu begrüßen.


VI. Infrastruktur und Organisation


Mit der wissenschaftlichen Weiterbildung werden vorwiegend hochschulexterne Zielgruppen angesprochen. Daher sind personell und sächlich angemessen ausgestattete zentrale Einrichtungen erforderlich, die den Kontakt zwischen den Partnern innerhalb und außerhalb der Hochschulen herstellen helfen, die organisatorischen Rahmenbedingungen schaffen, den Bedarf ermitteln und die Vermarktung der Weiterbildung unterstützen. An einigen Hochschulen sind Einrichtungen dieser Art bereits vorhanden. Sie werden entweder als Zentrale Einrichtungen/Betriebseinheiten innerhalb der Hochschulen (Clearingstellen, Kontaktstellen) oder außerhalb der Hochschulen in der Trägerschaft etwa von Vereinen o.ä. betrieben. Für Zentrale Weiterbildungseinrichtungen innerhalb der Hochschule müssen Stellen und Sachmittel im Haushalt bereitgestellt werden.


Länder und Bund haben trotz des gesetzlichen Weiterbildungsauftrages der Hochschulen die rechtlichen, personellen und finanziellen Rahmenbedingungen nicht entsprechend ausgestaltet. Es ist offen, ob sie in absehbarer Zukunft diese Bedingungen nachhaltig verbessern oder zusätzliche Mittel im erforderlichen Umfang zur Verfügung stellen werden. Daher ist zu befürchten, daß die Hochschulen bei unveränderten oder wenig geänderten Rahmenbedingungen auf die wachsende Nachfrage nach wissenschaftlicher Weiterbildung nicht angemessen reagieren können und von kommerziellen Anbietern aus dem Markt gedrängt werden.


Die Hochschulgesetzgebung geht davon aus, daß die Hochschullehrer wissenschaftliche Weiterbildung im Hauptamt durchführen, was weitgehend an der akuten Überlast im grundständigen Studium scheitert. Da das öffentliche Dienst- und Haushaltsrecht bislang nicht die Instrumente bereitstellt, um innerhalb der Hochschulen zusätzliche Lehrkapazität zu erschließen, ist Weiterbildung überwiegend nur im Nebenamt durchführbar. Für die Hochschulen ist angesichts dieser Rahmenbedingungen die Verankerung zumindest eines wesentlichen Teils der von ihnen angebotenen Weiterbildung in Einrichtungen außerhalb der Hochschule unverzichtbar. Um ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen und sich den Weiterbildungsmarkt besser erschließen zu können, kommen die Hochschulen daher nicht umhin, zentrale Weiterbildungseinrichtungen in privater Trägerschaft zu gründen. Sie treten damit zugleich in einen stärkeren Wettbewerb sowohl untereinander, als auch mit kommerziellen Anbietern. Sie gewinnen Handlungsspielraum, gehen auf dem freien Markt aber auch ein größeres Risiko ein.


Unabdingbar bleibt die enge Verbindung zur Hochschule, bei der die Verantwortung für die Lehre liegen muß. Dies ist entscheidend für die Qualitätssicherung der wissenschaftlichen Weiterbildung und stellt ein wichtiges Element des Vertrauensschutzes für die Teilnehmer dar.


VII. Kooperation mit Praxispartnern


Eine dauerhafte Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaftsunternehmen, Kammern, Verbänden und anderen Partnern außerhalb der Hochschule ist in der Weiterbildung aus mehreren Gründen sinnvoll und anzustreben. Sie erleichtert die Klärung des Qualifikationsbedarfs der anzusprechenden Zielgruppen und ermöglicht eine bessere organisatorische Abstimmung (z.B. die Gewährung von Freistellungen).


Zur Ausgestaltung von Kooperationen und möglicher Organisationsmodelle liegen detaillierte Empfehlungen der Konzertierten Aktion Weiterbildung vor, auf die zurückgegriffen werden sollte [5]. Dabei muß die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der jeweils beteiligten Institutionen gewährleistet bleiben. Da die Erwartungen und handlungsbestimmenden Orientierungen der Hochschulen und der hochschulexternen Partner nicht in jeder Hinsicht deckungsgleich sind, können befriedigende Lösungen nur im verständigen und gleichberechtigten Dialog aller Beteiligten entwickelt werden.


Bei der Suche nach Kooperationspartnern und der Anbahnung von Kontakten können zentrale Weiterbildungseinrichtungen auf Hochschul- oder Fachbereichsebene fördernd und unterstützend wirken. Obwohl bereits an einer größeren Zahl von Hochschulen Zentrale Einrichtungen für Weiterbildung bestehen, spielen diese Stellen bei der Initiierung von Weiterbildungsmaßnahmen bislang eine zu geringe Rolle. Angesichts der Vielfalt der möglichen Partnerschaften, Zielsetzungen und Realisierungsformen kooperativer Weiterbildungsangebote verbietet es sich, eine einheitliche Systematik der Kooperationsmodelle zu entwerfen. Vieles spricht dafür, daß die Anpassung an die jeweilige Situation am ehesten erreicht wird, wenn unterschiedliche Formen und Ansätze sich im Wettbewerb bewähren müssen.


VIII. Ressourcensicherung, Finanzierung und Anreize


Voraussetzung für ein auf Dauer tragfähiges Angebot wissenschaftlicher Weiterbildung in den Hochschulen ist, daß die Aufgaben der Weiterbildung bei der Ressourcenzuweisung angemessen berücksichtigt werden (Anrechnung auf das Lehrdeputat, Honorierung, sonstige Anreize). Trotz des gesetzlichen Auftrags fehlt es dazu bislang an ausreichenden Instrumenten und Anreizen. So ist noch immer nicht hinreichend gewährleistet, daß Gebühreneinnahmen aus Weiterbildungstätigkeiten in der Hochschule verbleiben und für Honorarzahlungen verwendet bzw. in zweckgebundene Ausstattung reinvestiert werden können. Es ist ferner nicht sachgerecht, daß die Hochschulen bislang im Bereich der Weiterbildung von der Förderung nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in der Regel ausgeschlossen sind.


Die Hochschulen erwarten, daß Rahmenbedingungen durch Abbau von Restriktionen vor allem rechtlicher Art geschaffen werden, die es ihnen erlauben, ihrem gesetzlichen Weiterbildungsauftrag nachzukommen. Davon wird es wesentlich abhängen, ob und in welchem Umfang zusätzliche Kapazität für die wissenschaftliche Weiterbildung erschlossen werden kann.


Nach herrschender Rechtsauffassung sind die Hochschulen aus wettbewerbsrechtlichen Gründen im Prinzip gehalten, für die weiterbildenden Studienangebote Teilnehmergebühren und Entgelte zu erheben. Dies ist zumindest stets dann geboten, wenn die Hochschulen mit privaten Weiterbildungsträgern in Konkurrenz treten [6]. Wenn die Hochschulen sich aber wie Wettbewerber verhalten sollen, müssen ihnen auch wettbewerbsgerechte Handlungsmöglichkeiten bei der Einwerbung und Honorierung der Dozentenleistungen eingeräumt werden.


Alternativ sollte auch die Möglichkeit bestehen, Lehrleistungen in der wissenschaftlichen Weiterbildung, soweit sie innerhalb der Hochschule erbracht werden, auf das Lehrdeputat anzurechnen. Dies bietet sich insbesondere dann an, wenn einzelne Fachbereiche Reserven in der Lehrkapazität haben und ein überwiegend öffentliches Interesse an den betreffenden Angeboten besteht. Dies betrifft in erster Linie die allgemeine wissenschaftliche Weiterbildung.


Für nicht oder nur zum Teil auf dem freien Markt finanzierbare Weiterbildungsangebote empfehlen sich Formen der Mischfinanzierung (öffentlich/privat) oder eine Abgeltung durch Deputatsentlastung. Ferner muß es in Einzelfällen auch künftig möglich sein, Teilnahmegebühren zu erlassen. Dabei ist vor allem an Personen ohne oder mit nur geringem Einkommen zu denken. Durch die Erhebung privatwirtschaftlicher Entgelte werden zugleich neue Finanzierungsquellen für die Weiterbildung erschlossen und eine angemessene Honorierung fachlich qualifizierten Lehrpersonals ermöglicht. Auf diese Weise können auch die angespannten Hochschulhaushalte - zumindest indirekt - entlastet werden.


C. Empfehlungen


I. Die HRK empfiehlt ihren Mitgliedshochschulen

  • die Gründung von Einrichtungen auf privatrechtlicher Basis (Vereine, GmbH) für die wissenschaftliche Weiterbildung. Eine Zusammenarbeit mehrerer Hochschulen (z.B. gemeinsame Trägerschaft) erscheint dabei ebenso sinnvoll wie die Bildung regionaler Konsortien mit Partnern außerhalb der Hochschule;

  • die Bedürfnisse und Entwicklungen des Arbeitsmarktes zu beachten und auf Veränderungen der Nachfrage flexibel zu reagieren. Daher sind auch künftig Kontakte und Kooperationen mit Wirtschaftsunternehmen, Verbänden, Kammern, Tarifparteien und Institutionen des Arbeitsmarktes in der Region unerläßlich;

In der wissenschaftlichen Weiterbildung sollte noch größeres Augenmerk auf eine zielgruppenadäquate Gestaltung gelenkt werden, um insbesondere

  • an den Voraussetzungen und spezifisch berufsbezogenen Lerninteressen anzuknüpfen, die zumeist an konkreten Problemen ausgerichtet sind;

  • den Lehrstoff methodisch und medial vielfältig darzubieten;

  • berufsbegleitende Angebote (Teilzeit-/Abendstudium, Wochenendveranstaltungen, Fernstudium) bereitzustellen, die den zeitlichen Möglichkeiten Berufstätiger Rechnung tragen.

II. Die HRK fordert die Länder und ggfs. den Bund nachdrücklich auf

  • die infrastrukturellen sowie die dienst- und haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, daß Weiterbildungsaufgaben auch innerhalb der Hochschulen angemessen wahrgenommen werden können.

Dies erfordert

  • zentrale Weiterbildungs-(Transfer-)Stellen in den Hochschulen, soweit noch nicht vorhanden, einzurichten, um die Kontakte zwischen Hochschulen und externen Partnern zu koordinieren,

  • den Abbau der Ressourcen für die Weiterbildung an den Hochschulen in den neuen Ländern unverzüglich zu stoppen,

  • Regelungen, die die Verfügung über vereinnahmte Weiterbildungsgebühren und Gestaltungsfreiraum für Honorarzahlungen einräumen, insbesondere

  • den § 34 AFG entsprechend zu novellieren und eine Verordnung zu § 50 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) zu erlassen, um geeignete Finanzierungsinstrumente und Anreize für die Weiterbildung in den Hochschulen zu schaffen,

  • alternativ zur Honorierung die Anrechnung von Weiterbildungsleistungen auf das Lehrdeputat zu ermöglichen,

  • insgesamt den Hochschulen mehr Autonomie, Entscheidungsrechte und Verantwortung für das eigene Handeln zu eröffnen.

 


Anhang: Regelungen zu weiterführenden/weiterbildenden Studienangeboten:Auszüge aus dem Hochschulrahmengesetz und den Ländergesetzen*


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Anmerkungen


[1] Die im Anschluß an die Approbation stattfindende Ausbildung zum Facharzt wird als "Weiterbildung" bezeichnet, während "Fortbildung" diejenigen Veranstaltungen umfaßt, die dem Erhalt, der Erneuerung oder der Ergänzung des medizinischen Wissens schlechthin dienen.


Zu weiteren berufsgruppenspezifischen Besonderheiten s. Wissenschaftsrat: Empfehlungen zur Weiterbildung an den Hochschulen. Köln 1983, S. 43-48; Lullies, S./Berning, E.: Länderbericht der Bundesrepublik Deutschland zur OECD-Studie über wissenschaftliche Weiterbildung. München 1990, S. 20-23 (hektogr. Ms.).


[2] Holtkamp, R./Kazemzadeh, F.: Das Engagement der Hochschulen in der Weiterbildung. (HIS-Hochschulplanung, Bd. 76.) Hannover 1989, S. 28-30.


[3] Vgl. HRK: Konzept zur Entwicklung der Hochschulen in Deutschland, Bonn 1992, S. 28 f.


[4] Im Hinblick auf die besondere Nachfrage nach abschlußbezogener Weiterbildung in den neuen Ländern sollten die Hochschulen für eine Übergangszeit dieser Form der Weiterbildung größeres Gewicht geben.


[5] Konzertierte Aktion Weiterbildung, Arbeitskreis 4: Empfehlungen zur wissenschaftlichen Weiterbildung durch Hochschulen in der Region. Hrsg. vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft (Nr. 8/90).


[6] Mestmäcker, E.-J./Veelken, W.: Wettbewerb in der Weiterbildung an Hochschulen. Die Anwendung des Wettbewerbsrechts auf das Angebot wissenschaftlicher Weiterbildung durch die staatlichen Hochschulen - Rechtsgutachten. (Bildung-Wissenschaft-Aktuell, 2/1990.) Hrsg. v. BMBW, Bonn 1990.


* Diese Texte entnehmen Sie bitte der Druckfassung der Broschüre, die Sie online bestellen können.