Empfehlung der 27. HRK-Mitgliederversammlung vom 19.11.2019
Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
Der Abschluss des „Zukunftsvertrags“ und damit der Einstieg des Bundes in die dauerhafte Finanzierung der Hochschullehre ist ein bedeutsamer Schritt für die Verlässlichkeit der Hochschulfinanzierung. Mit der dauerhaften Förderung ab 2021 soll nach dem Willen von Bund und Ländern insbesondere unbefristetes, mit Studium und Lehre befasstes Hochschulpersonal ausgebaut werden. Bund und Länder sehen darin einen wesentlichen Faktor für die Verbesserung der Qualität von Studium und Lehre.
Bereits für das Jahr 2020 ist die Evaluation der Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes gesetzlich vorgesehen. Mit dem Änderungsgesetz sollte Fehlentwicklungen in der Befristungspraxis entgegengetreten werden, ohne die in der Wissenschaft erforderliche Flexibilität und Dynamik zu beeinträchtigen. Die Novelle flankierte die Bemühungen der Hochschulen und Forschungseinrichtungen um eine Verbesserung der Beschäftigungssituation und Karriereperspektiven des wissenschaftlichen Personals.
Die umfassende Standortbestimmung durch die Evaluation verbunden mit der verlässlicheren Finanzierungsperspektive des Zukunftsvertrags gibt den Hochschulen die Möglichkeit, ihre Maßnahmen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und ihre Befristungspraxis zu überprüfen und weiter zu entwickeln.
Hintergrund
Eine geeignete Systematik hierfür stellen die HRK-Empfehlung „Orientierungsrahmen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses nach der Promotion und akademischer Karrierewege neben der Professur“ (2014) sowie die Kernthesen zu dieser Empfehlung dar.[1] Mit diesen Empfehlungen hat die HRK Standards für die Nachwuchsförderung und das Anliegen der Personalentwicklung gesetzt, die eine große Anzahl von Hochschulen in hochschulspezifischen Orientierungsrahmen umgesetzt haben.
Weiter vorangetrieben wurde die Entwicklung von Personalentwicklungskonzepten außerdem durch Vorgaben verschiedener Förderprogramme. So war etwa im Rahmen des Bund-Länder-Programms zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses (Tenure Track Programm) die Verankerung der Personalentwicklung als strategisches Handlungsfeld der Universität Antragsvoraussetzung. Auch in der Exzellenzstrategie stellt die Qualität der Personalentwicklungskonzepte sowohl auf Ebene der Exzellenzcluster, als auch in der Förderlinie Exzellenzuniversitäten ein Kriterium dar.
Handlungsfelder
Ziel der hochschulspezifischen Orientierungsrahmen war es, Konzepte zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und Angebote für akademische Karrierewege zu erarbeiten, in denen Befristungsregeln und Möglichkeiten für Zusatzqualifikationen Berücksichtigung finden. Die Personalentwicklungskonzepte sollten dem Aspekt der Chancengleichheit von Frauen und Männern sowie Diversitätsaspekten Rechnung tragen. Jede Hochschule sollte unter Einbindung der Fakultäten bzw. Fachbereiche ein Konzept für die zukünftige Stellenplanung und Personalentwicklung unter Berücksichtigung der spezifischen Bedarfe unbefristeter und befristeter Arbeitsverhältnisse im Bereich des promovierten wissenschaftlichen Personals erarbeiten.
Neben der Identifizierung und Besetzung von Dauerstellen wurden die Schaffung von Beratungs- und Qualifizierungsangeboten und die Weiterentwicklung von Kooperationen zu Handlungsfeldern der Hochschulen bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses bestimmt.
Die Hochschulen haben ihr Angebot zur Qualifizierung von Promovierenden im Rahmen von Graduiertenschulen und -akademien sowie strukturierten Promotionsprogrammen in den letzten Jahren erheblich erweitert. Zunehmend bieten sie darüber hinaus auch für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach der Promotion eine Reihe an Förderungen an. Qualifizierungsangebote erstrecken sich zum einen auf Angebote, die insbesondere auf Karrieren innerhalb der Wissenschaft ausgerichtet sind, beispielsweise in den Bereichen Hochschuldidaktik oder Drittmitteleinwerbung. Zum anderen haben die Hochschulen Fördermaßnahmen entwickelt, die auch oder sogar primär für außerhochschulische Karrierewege von Bedeutung sind, z. B. Trainings im Bereich Entrepreneurship oder Projektmanagement.
Die Hochschulen sehen sich jedoch häufig mit der Schwierigkeit konfrontiert, erfolgreiche Qualifizierungsangebote dauerhaft aufrecht zu erhalten, da auch in diesem Bereich ein hohe Abhängigkeit von Drittmitteln und befristeten Landes- und Bundesmitteln sowie Vorgaben in Zielvereinbarungen besteht. Möglicherweise können neue Kooperationen mit anderen Hochschulen bzw. außerhochschulischen Partnern Chancen eröffnen, Maßnahmen zu verdauern und neue Angebote zu entwickeln, die Karriereperspektiven für promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weiter vervielfältigen.
Empfehlung
Vor dem Hintergrund dieser wissenschaftspolitischen und hochschulischen Entwicklungen erklärt die Mitgliederversammlung der HRK:
1. Die Mitgliedshochschulen der HRK unterstützen die Evaluation des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes.
2. Flankierend setzt die Mitgliederversammlung eine Arbeitsgruppe ein, die auf der Grundlage der Empfehlungen des Orientierungsrahmens Berichte und Empfehlungsentwürfe erarbeitet u. a. zu
- Grundsätzen von Arbeit in der Wissenschaft unter Berücksichtigung des Gedankens der wissenschaftlichen Generationengerechtigkeit,
- dem Verhältnis Dauerstellen/befristete Stellen im wissenschaftlichen Bereich und dem Unterschied zwischen Qualifizierungsaufgaben und Daueraufgaben,
- noch offenen Rechtsfragen der Befristung in der Wissenschaft – auch mit Blick auf das Drittmittelrecht,
- Kooperationsmodellen nach der Promotion insbesondere mit außerhochschulischen Forschungseinrichtungen sowie zwischen Universitäten und FH/HAW hinsichtlich des Karrierewegs zur FH/HAW-Professur. Dabei sollte auch die Internationalisierung von Karrierewegen Berücksichtigung finden.
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------- [1] Kernthesen zum „Orientierungsrahmen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und akademischer Karrierewege neben der Professur“, Empfehlung der 18. HRK-Mitgliederversammlung am 12.5.2015.