Entschließung des 140. Senats der Hochschulrektorenkonferenz vom 2.10.2018
Der Senat der Hochschulrektorenkonferenz hält fest, dass die betrügerische Praxis der sogenannten "Raubzeitschriften" (predatory journals) in erster Linie die jeweiligen Forschenden schädigt. Die Berichte über Veröffentlichungen auch deutscher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in diesen Zeitschriften sind - ebenso wie Berichte über scheinwissenschaftliche Konferenzen - aber auch geeignet, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wissenschaft zu schwächen. Die Hochschulen nehmen das Thema ernst, auch wenn der Anteil solcher Veröffentlichungen in Deutschland insgesamt sehr gering ausfällt. Sie sind sich ihrer Verantwortung für die wissenschaftliche Qualitätssicherung bewusst. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass grundsätzlich jede Wissenschaftlerin und jeder Wissenschaftler das Recht hat, eigenständig über den Publikationsort zu entscheiden, und damit auch die primäre Verantwortung für diese Wahl trägt. Die Hochschulen können durch eine Reihe von Maßnahmen dazu beitragen, Standards des wissenschaftlichen Publizierens zu verteidigen und Qualitätssicherungsprozesse zu verbessern:
1. Nachwuchsförderung: Die Unterstützung von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bei ersten Publikationen ist ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Betreuerinnen und Betreuer sowie erfahrene Ko-Autorinnen und Autoren sind dabei die wichtigsten Ratgeber, insbesondere bzgl. fachspezifischer Publikationspraktiken. Darüber hinaus sollten zentrale Einrichtungen wie Graduiertenschulen oder Bibliotheken Informationen und Schulungen für alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anbieten, um Kenntnisse zur Identifikation fragwürdiger Publikationsformen zu vermitteln.
2. Einstellungen, Berufungen und Evaluationen: Die vermeintliche Attraktivität von schnellen Veröffentlichungen bei "Raubverlagen" ist auch im Kontext des hohen Publikationsdrucks zu sehen, dem sich gerade junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausgesetzt sehen. Eine disziplin- und karrierealter-spezifische Begrenzung der Anzahl an Publikationen, die bei Bewerbungen für Stellen oder Professuren anzugeben sind, wirkt Publikationsstrategien entgegen, die zuvorderst auf Quantität ausgerichtet sind. Grundsätzlich ist im Rahmen aller Einstellungs- bzw. Berufungsverfahren sowie aller personenbezogenen Evaluationen dafür Sorge zu tragen, dass die Qualität der wissenschaftlichen Arbeit entscheidend ist.[1] Dieser Grundsatz muss selbstverständlich auch bei Begutachtungen und Evaluationen wissenschaftlicher Einrichtungen gelten.
3. Institutionsübergreifende Initiativen: Auf verschiedenen Ebenen des Wissenschaftssystems existieren bereits Initiativen, Auflistungen fragwürdiger "Fachzeitschriften" zu erstellen. Solche Negativlisten können Hinweise darauf liefern, ob eine Veröffentlichung in einem "Raubjournal" erfolgt oder geplant ist. Die von der wissenschaftlichen Fachgemeinschaft getragene Positivliste "Directory of Open Access Journals (DOAJ)" hilft, qualitätsgeprüfte Open Access Zeitschriften ausfindig zu machen. Die Hochschulen weisen jedoch darauf hin, dass entsprechende positive wie negative Auflistungen u.a. auf Grund der hohen Dynamik sowie der Spezialisierung im Publikationsmarkt immer nur Teilmengen der relevanten Fälle abbilden können. Sie ersetzen damit niemals eine genaue Prüfung des Publikationsmediums durch Autorinnen und Autoren bzw. Gutachterinnen und Gutachter.
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[1] Vgl. DFG (2013): Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis. Denkschrift, Bonn; HRK (2013): Gute wissenschaftliche Praxis an deutschen Hochschulen. Empfehlung der 14. HRK-Mitgliederversammlung, Nürnberg.