Zustimmend zur Kenntnis genommen vom 197. Plenum vom 9. Juli 2002
Die Hochschulrektorenkonferenz begrüßt ausdrücklich, dass das Bundesministerium für Wirtschaft als deutscher Verhandlungsführer die deutsche Position zu den anstehenden Verhandlungen über GATS in enger Kooperation mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung unter Einbeziehung der Hochschulen entwickelt.
Für die Hochschulrektorenkonferenz sind folgende Leitlinien und Forderungen von grundlegender Bedeutung bei den Verhandlungen:
I. Bildung und somit auch Hochschulbildung ist kein gewöhnliches "Handelsgut" wie sonstige Waren. Bildung gehört zum Kern staatlicher Daseinsvorsorge. Die hat Auswirkungen auf die Ausgestaltung der Regelungskompetenzen, die nicht durch internationales Handelsrecht ausgehöhlt werden dürfen.In den Strukturen der Bildungssysteme bilden sich kulturelle Traditionen und Werthaltungen ab. Diese entziehen sich einer vornehmlich oder gar ausschließlich handelspolitischen Betrachtungsweise und sind ein wichtiger Bezugspunkt für die Diskussion über GATS, der nicht außer Acht gelassen werden darf. Nationale und auch internationale Bildungspolitik darf nicht dem Primat der Handelspolitik unterworfen werden.
II. Es ist zumindest fraglich, ob GATS einen geeigneten Rahmen darstellt, um die Ziele im internationalen Engagement der deutschen Hochschulen zu erreichen. Bestehende Internationalisierungsstrategien werden zumeist in kooperativen Strukturen realisiert und sind daher von GATS kaum betroffen.
III. In den anstehenden Verhandlungen sind folgende Klarstellungen unerlässlich: Im Bereich der sektoralen Verpflichtungen sieht die HRK keinen Handlungsdruck. Die bereits 1994 eingegangenen weitgehenden Verpflichtungen Liberalisierungsverpflichtungen im Bildungssektor dürften kaum mehr weitergehende Zugeständnisse erlauben.
- Ein zentrales Anliegen der Hochschulreform ist die Implementierung von Qualitätssicherungsverfahren und -systemen (Akkreditierung, Evaluierung, Benchmarking). Maßstäbe für Qualität können nicht losgelöst vom kulturellen Anspruch einer Gesellschaft festgelegt werden. Sie sind Kernaufgabe der Bildungspolitik und müssen unabhängig von Verpflichtungen nach GATS festgelegt werden können. Im Bereich der horizontalen (alle Dienstleistungsbereiche betreffenden) Verpflichtungen sind daher konsequenterweise Dienstleistungen, die in "hoheitlicher Gewalt", d.h. in staatlicher Verantwortung und/oder in öffentlicher Verantwortung oder Gewährleistung, erbracht werden, von der Liberalisierung nach GATS ausgenommen. Diese Einschränkung ist beizubehalten. In den Verhandlungen muss sichergestellt werden, dass dies auch für Bildungsdienstleistungen im Hochschulbereich gilt.
Die Tatsache, dass im Bildungssektor neben den staatlichen und öffentlichen auch einige private Angebote existieren, darf nicht dazu führen, dass die staatlichen Angebote dem Ausnahmebereich der "in hoheitlicher Gewalt" erbrachten Dienstleistungen entzogen werden. - Erheblicher Klärungsbedarf besteht weiterhin in der Einschätzung staatlicher Subventionen für inländische private Anbieter von Bildungsdienstleistungen. Die Forderung nach Inländerbehandlung gem. Art. 12 GATS darf nicht zu einer Verpflichtung von staatlicher Subventionierung ausländischer Anbieter von Bildungsdienstleistungen führen.
- Die bilaterale/multilaterale Anerkennung von Zertifikaten unterliegt bisher nicht der Meistbegünstigtenklausel nach Art. VII GATS. Dies ist unbedingt beizubehalten, da sonst eine Entwertung der Hochschulabschlüsse zu befürchten ist.