Thesen zum 7. Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Union


Entschließung des 203. Plenums der HRK am 9. November 2004


Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit der 'Mitteilung' "Wissenschaft und Technologie: Schlüssel zur Zukunft Europas - Leitlinien für die Forschungsförderung der Europäischen Union" vom 16. Juni 2004 die Diskussion zur Vorbereitung ihres siebenten Forschungsrahmenprogramms eröffnet.


Zu dieser Diskussion nimmt die Plenarversammlung der Hochschulrektorenkonferenz mit sechs Thesen Stellung. Weil die in der HRK zusammenwirkenden Hochschulen (Universitäten, Fachhochschulen und andere Hochschularten) insgesamt die wissenschaftlichen Disziplinen und damit auch die thematische Breite des Forschungsrahmenprogramms abdecken, stellt die HRK hier die mit dem FRP verbundenen Rahmenbedingungen in den Vordergrund.


I. Investitionen finanzieren


Zur Sicherung der globalen Wettbewerbsfähigkeit Europas ist das EU-Gesamtbudget verstärkt von Subventions- auf Investitionsförderung umzustellen. In diesem Sinne plädiert die HRK für Umschichtungen im EU-Haushalt zugunsten von Forschung und technologischer Entwicklung.Nationale Forschungsförderung (in Deutschland durch Bund und Länder gemeinsam) ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Partizipation der Hochschulen an internationalen Förderprogrammen, die ihrerseits die nationale Forschungsförderung zwar ergänzen, aber nicht ersetzen können. EU-Forschungsförderung ist dort geboten, wo ein über die nationale Förderung hinausgehender Mehrwert geschaffen wird, der zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Europas beiträgt.


II. Exzellenz einfordern


Wissenschaftliche Qualität nach Maßgabe international akzeptierter Standards muss das ausschlaggebende Kriterium bei Planung und Durchführung eines auf 'Forschung' bezogenen Rahmenprogramms darstellen. Die Förderung zweitrangiger Forschung wäre nicht (mehr) geeignet, die im globalen Wettbewerb notwendigen Innovationen zu generieren, sondern stellte eine besondere Form der Subvention dar. Die HRK begrüßt das in den 'Leitlinien' erkennbare Anliegen, im nächsten Forschungsrahmenprogramms die Innovationsförderung durch verstärkte Anwendung des Exzellenzkriteriums voranzubringen, und sie bittet die EU-Kommission, diesen Ansatz in ihrem offiziellen Vorschlag für das 7. FRP zu verstärken.


III. Nachwuchs fördern


Das Ziel von Lissabon, Europa zur dynamischsten Region der Welt zu machen, kann nur realisiert werden, wenn junge Europäer exzellent ausgebildet werden. Die Qualifizierung junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist zum einen durch Mobilitätsprogramme zu fördern, zum anderen durch die Partizipation in hervorragend begutachteten Projekten, mit denen zugleich wertvolle Resultate zur Steigerung der Innovationsfähigkeit erzielt werden. Junge Wissenschaftler aus leistungsfähigen Hochschulen bieten auch den besten Ansatzpunkt, die Gründung innovativer Unternehmen zu fördern.


IV. ERC einrichten


Die Förderung von Forschung, insbesondere Grundlagenforschung, in Europa setzt einen Bewilligungs- und Evaluationsmechanismus voraus, der auf der Anwendung streng wissenschaftsgeleiteter Kriterien im peer review Verfahren beruht. Hierzu ist die Einrichtung eines nach diesen Prinzipien organisierten European Research Council (ERC) eine sinnvolle und notwendige Voraussetzung.Das herausragende Exzellenzprofil der ERC-Förderung bietet besondere Gewähr dafür, dass privates Kapital die EU-geförderte Grundlagenforschung als marktrelevante Forschung weiter führt und somit Cluster bzw. Netzwerke höchst innovativer Produktion oder Dienstleistung in Europa entstehen.


V. Förderverfahren vereinfachen


Universitäten bilden wegen der Parallelität von Forschung und Nachwuchsförderung den Motor wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Innovationen. Die Förderverfahren eines Forschungsrahmenprogramms müssen daher dem europäischen Universitätssystem angemessen sein und dürfen die Managementkapazitäten einzelner wissenschaftlicher Einrichtungen nicht überfordern. Antragsverfahren müssen der zeitlichen und finanziellen Belastung zumal der Antragsteller aus den Universitäten Rechnung tragen. Kontinuität bei Verfahren und Instrumenten der einzelnen FRP ist indes grundsätzlich geeignet, Antragstellung und Abwicklung zu erleichtern.Die Hochschulen haben ihrerseits angemessene Vorkehrungen mit Blick auf die gestiegenen Anforderungen an ihre Managementkompetenz zu treffen. Daher sind von jeder Hochschulleitung - nach Maßgabe der national bereitgestellten Infrastruktur, des jeweiligen institutionellen Profils und der Vorgabe des Rahmenprogramms - Grundsatzentscheidungen hinsichtlich des geplanten Engagements zu treffen und die notwendigen Ressourcen bereitzustellen, um Anträge der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler angemessen zu unterstützen oder zu veranlassen.


VI. Transdisziplinarität erleichtern


Wissenschaftlicher Fortschritt und wirtschaftliche Innovationen entstehen häufig an den Grenzen unterschiedlicher Disziplinen oder Branchen. Daher sind die Fördermaßnahmen der Forschungsrahmenprogramme so auszulegen, dass interdisziplinäre Themen oder branchenübergreifende Teams besonders gefördert werden und reibungslos nach analogen Regelungen arbeiten können. Dies macht auch eine angemessene Förderung der Geistes- und Sozial­wissenschaften erforderlich.