Entschließung des 87. Senats vom 8. Juni 1999
Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) fordert mit Entschiedenheit, die negativen und sozial unvertretbaren Auswirkungen des so genannten "630 DM-Gesetzes" und des "Korrektur-Gesetzes zur Scheinselbständigkeit" auf die Hochschulen, die offenbar vom Gesetzgeber nicht vorausgesehen wurden, rasch zu korrigieren. Insbesondere die studentischen (wissenschaftlichen) Hilfskräfte müssen aus der Geltung des "630 DM-Gesetzes" herausgenommen werden.
1. Diese studentischen Hilfskräfte werden in den Fachbereichen und wissenschaftlichen Einrichtungen vor allem für Dienstleistungen in der Lehre und in der Lehre eingebundene Forschung sowie damit zusammenhängende Verwaltungstätigkeiten - also überwiegend studienbezogen - eingesetzt. Ihre Tätigkeit stellt keinen Missbrauch der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse dar.
Entgegen der auch aus der Bundesregierung geäußerten Auffassung haben fast alle Hochschulen für diese Hilfskräfte keine Pauschal-Lohnsteuer abgeführt, sondern jene gegen Vorlage einer Lohnsteuerkarte beschäftigt. Da diese studentischen Einkünfte meist unterhalb des gesetzlichen Freibetrages bleiben, fehlt es auch an der subjektiven Steuerpflicht dieser Hilfskräfte. Sofern sie bestand, wurde sie über die Einkommensteuererklärung abgerechnet.
Die mit der gesetzlichen Neuregelung verbundene regelmäßige Abgabe von 10 % des Lohnes an die Krankenversicherung und 12 % an die gesetzliche Rentenversicherung führt also tatsächlich zu einer schlagartigen Erhöhung der Personalkosten um 22 %, die von den Hochschulen mit ihren ohnehin unzureichenden Haushaltsmitteln nicht aufgefangen werden kann. Es findet dadurch eine Umfinanzierung von den Hochschulhaushalten zu den Kranken- und Rentenversicherungen statt.
Die Neuregelung trifft somit vor allem die Studierenden. Dies bedeutet für den Lehrbetrieb z.B. reduzierte Tutorien und Bibliotheksöffnungszeiten oder aber stark reduzierte Verdienste von Studierenden ohne erkennbaren Gegenwert. Studienzeitverlängerungen sind nicht auszuschließen, sogar eher wahrscheinlich.
Die Einbeziehung der studentischen (wissenschaftlichen) Hilfskräfte in die gesetzliche Krankenversicherung ist unsachgemäß, da Studierende schon über die studentische Krankenversicherung (zwangs)versichert sind - und zwar ohne Begründung eines Arbeitsverhältnisses. Der Gedanke der Unterstützung der gesetzlichen Krankenversicherung als "Solidargemeinschaft" geht deshalb hier fehl, es sei denn, für die studentischen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen entfiele künftig die Zwangsmitgliedschaft in der studentischen Krankenversicherung.
Die aus Beiträgen zur Rentenversicherung entstehenden Rentenansprüche sind so klein, dass es nicht gerechtfertigt ist, die geringen Einkünfte der Studierenden ausgerechnet zu dem Zeitpunkt zu vermindern, in dem sie auf diese Mittel angewiesen sind, um ihr Studium zügig durchzuführen. Ein früherer Studienabschluss führte dagegen durch eine entsprechend frühere qualifizierte Berufstätigkeit zu höheren Beiträgen zur Rentenversicherung. Das Plenum der HRK hat schon am 4.11.1996 darauf hingewiesen, dass die Hochschulabsolventen auf diese Weise einen größeren Beitrag zur Konsolidierung der Rentenversicherung leisten können als über den Weg, geringfügige Beschäftigungsverhältnisse rentenversicherungspflichtig zu gestalten.
2. Das sog."Korrektur-Gesetz" gegen die "Scheinselbständigkeit" unterwirft zu Unrecht z.B. die Lehrbeauftragten der Hochschulen der eingeführten gesetzlichen Vermutung der Unselbständigkeit. Es widerspricht auch der von der Bundesregierung unterstützten Förderung von Hochschulabsolventen als Existenzgründer.
Die HRK fordert deshalb, Existenzgründer für jeweils 5 Jahre aus der Geltung des Gesetzes herauszunehmen. Im übrigen schlägt sie mindestens vor, mit den Spitzenverbänden der Sozialversicherungsträger einen Katalog der Tätigkeiten an den Hochschulen zu vereinbaren, bei denen die gesetzliche Vermutung der Unselbständigkeit ohne Einzelnachweis als widerlegt gilt. Hierzu sollten in jedem Fall die Lehrbeauftragten zählen.
Die HRK weist im übrigen darauf hin, dass die Kosten des für die Umsetzung beider Gesetze erforderlichen großen Verwaltungsaufwandes in keinem Verhältnis zum Ertrag stehen und ebenfalls zu Lasten des Auftrages der Hochschulen in Bildung, Ausbildung und Forschung gehen.