Zu den Gesetzentwürfen der Bundesregierung zum Dienst- und Besoldungsrecht der Professoren und Professorinnen


Entschließung des 194. Plenums vom 3. Juli 2001


I.


Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) stellt fest, dass die Bundesregierung Entwürfe zu Gesetzesnovellen vorgelegt hat, die im Kern die Empfehlungen der HRK aus dem Jahre 1998 aufgreifen. Die HRK bekräftigt ihre bereits im Plenarbeschluss vom 3./4.7.2000 enthaltene Auffassung, dass diese Reformvorschläge als Teile der Gesamtreform des Hochschulwesens hin zu einer stärkeren Wettbewerbs- und Leistungsorientierung - zusammen mit anderen Vorschlägen wie z.B. zum Nebentätigkeitsrecht - erforderlich sind.Die HRK kann die Reformvorschläge, die zum Teil wenig realitätsnah begründet werden, allerdings nur unter der Bedingung unterstützen, dass durch eine der Arbeitsweise der Wissenschaft angemessene Umsetzung die Ziele der Reform auch erreicht werden können. Dazu gehört insbesondere, dass die Länder die in der Gesetzesnovelle zum Besoldungsrecht enthaltene Option tatsächlich nutzen und zusätzliche Personalmittel für die zumindest mehrjährige Einrichtung von Länderfonds zur Verfügung stellen.Die von den Länderfinanzministern bisher geforderte rigide Kostenneutralität widerspricht den Reformzielen und ist, mittelfristig betrachtet, auch nicht wirtschaftlich. Sie wird daher von der HRK nach wie vor abgelehnt.Insoweit geht der Gesetzentwurf der Bundesregierung zwar in die richtige Richtung. Doch muss der darin ermöglichte Verzicht auf eine strikte Kostenneutralität durch eine entsprechende, verbindliche Erklärung der Länder noch während des Gesetzgebungsverfahrens abgesichert werden.


II.


Im Mittelpunkt der Novellierungsvorschläge der Bundesregierung stehen die Erweiterung des Qualifizierungswegs bis zur Berufungsfähigkeit auf eine Professur an Universitäten durch die Schaffung einer "Juniorprofessur" mit größerer und früherer Selbständigkeit sowie einer Öffnung des Zugangs für Bewerber/innen aus aller Welt, Schaffung der besoldungssystematischen Möglichkeit, an allen Hochschularten Stellen der Professorenämter W2 und W3 einzurichten, Verhandelbarkeit aller Professorengehälter in jedem Einzelfall - auch bei Erstberufungen - im Rahmen der finanziellen Spielräume der jeweiligen Hochschule (ohne gesetzlich festgelegte Obergrenzen) und Ersetzung der Dienstalterszulagen durch variable leistungsbezogene Gehaltsbestandteile.


III.


Neben der Bereitstellung zusätzlicher Personalmittel durch die Länder fordert die HRK: Mit der Juniorprofessur soll eine neue, stärker wettbewerbsorientierte Form der Qualifikation für die Berufung auf eine Professur eingeführt werden. Dies kann nicht bedeuten, das andere Wege gesetzlich ausgeschlossen oder als Ausnahmefall definiert werden. Vielmehr sollen Fakultäten und insbesondere die Nachwuchswissenschaftler/innen bestimmen, auf welchem Weg künftig die erforderliche zusätzliche Qualifikation nach der Promotion erlangt wird.Deshalb fordert die HRK, in § 44 Abs. 2 HRG-Entwurf auf die Definition von weiteren Regelberufungsvoraussetzungen zu verzichten. Daher ist diese Vorschrift bis auf den letzten Satz ersatzlos zu streichen. Dies entspricht auch der Auffassung der anderen, in der Allianz zusammengeschlossenen Wissenschafts­organisationen.


Für eine Entscheidung zugunsten des neuen Qualifizierungsweges ist zunächst die Attraktivität der Arbeitsbedingungen der "Juniorprofessur" ausschlaggebend. Außerdem müssen definierte Auswahlkriterien in transparenten Berufungsverfahren auf Professuren zum Tragen kommen. Gegenüber dem geltenden Verfahren soll dabei ausschließlich die aufnehmende Universität über die wissenschaftliche Eignung entscheiden.Nach Auffassung der HRK ist die grundsätzliche Gleichstellung der Juniorprofessur in Forschung und Lehre mit der Professur ein wesentlicher Fortschritt für Nachwuchswissenschaftler/innen. Allerdings darf die Lehrbelastung die Forschungsarbeit nicht behindern. Deshalb darf das Lehrdeputat einer Juniorprofessur im Durchschnitt der Beschäftigungszeit 4 SWS unter keinen Umständen übersteigen.Zu begrüßen ist die Absicht des BMBF, die Forschungsausstattung der Juniorprofessuren mit einem Betrag von 180 Mio. Euro zu fördern.


Hingegen ist eine monatliche Vergütung von ca. 6.000 DM, in Ausnahmefällen 6.600 DM, zzgl. einer Zulage von ca. 500 DM nach drei Jahren und Bewährung in vielen Fällen nicht ausreichend, um die weltweit besten Nachwuchswissenschaftler/innen für eine Juniorprofessur gewinnen zu können. Hier muss eine im Einzelfall wettbewerbsfähige Vergütung angeboten werden können.Auch ist die Bemessungsgrundlage von 6.000 Juniorprofessuren aus HRK-Sicht stark überhöht. Ob und wie viele Juniorprofessuren eingerichtet werden, muss eigenverantwortlich in den Universitäten entschieden werden. Die HRK rechnet - ähnlich wie die DFG - mit ca. 2.000 bis 3.000 Positionen.


Die HRK fordert den Bundesrat auf, die von der Bundesregierung in ihrer Begründung zum Gesetzentwurf und von den meisten Experten vorgetragene Interpretation des § 34 Abs. 1 ProfBesReformG-E. ausdrücklich zu bestätigen, dass die Einführung von Leistungsbezügen nicht zu Minderausgaben in den Haushalten der Länder führt.


Diese Vorschrift erlaubt auch eine jährliche "Überschreitung des Vergaberahmens ... in Höhe von durchschnittlich 2 %". Mit dieser Option ist es den Ländern möglich, die erforderlichen Mehrausgaben für die Professorenbesoldung zu leisten.Die HRK sieht dies als eine der zentralen Regelungen des Reformvorhabens an, da ohne sie die Besoldungsreform ihr Ziel verfehlt.Die HRK fordert deshalb alle Länder auf, tatsächlich die schon erwähnten Länderfonds zumindest für eine mehrjährige Übergangszeit einzurichten, ohne dabei ihre Hochschulfinanzierung an anderer Stelle zu mindern.Auf diese Weise könnte die von der HRK schon mehrfach geforderte, in einem mehr auf Wettbewerb orientierten Vergütungssystem zwingend erforderliche Angleichung der Professorenbesoldung in den neuen Bundesländern an die der alten realisiert werden. Außerdem wären auch kleinere Hochschulen und solche mit einer "jungen" Altersstruktur bei der Professorenschaft von Anfang an in der Lage, sowohl wettbewerbs-, d.h. "marktorientierte" Gehälter als auch leistungsbezogene Gehaltsbestandteile zu zahlen. Dies betrifft insbesondere Fachhochschulen, aber auch Universitäten im Hinblick auf die Juniorprofessuren.


Darüber hinaus müssen nach Auffassung der HRK den Hochschulen möglichst umfassend flexibilisierte Haushalte zur Verfügung gestellt werden, um zusätzliche Gestaltungsspielräume bei der Besoldung der Professorenschaft zu erhalten.Der Regierungsentwurf zielt insoweit in die richtige Richtung, als Drittmittel und im Rahmen der Haushaltsflexibilisierung erwirtschaftete Finanzmittel, die keine Personalausgaben sind, zur Aufstockung der Besoldungsmittel für die Professorenschaft verwendet werden können, (ohne den Vergaberahmen für die Zukunft zu erhöhen).Dies muss aber auch für die im Personalhaushalt erwirtschafteten Finanzmittel gelten.Außerdem muss gewährleistet sein, dass die Länder keine Vorgaben (Quoten) bezüglich der Aufteilung von W 2 - und W 3 - Stellen in den Hochschulen machen. Diese Entscheidung muss im Rahmen der fachlichen Profilbildung eine Entscheidung jeder einzelnen Hochschule sein, die diese auch über ihr Budget verantwortet.


Die HRK begrüßt, dass der zur Verfügung stehende Vergaberahmen für die Bezahlung der Professoren/innengehälter in vollem Umfang an den regelmäßigen Besoldungsanpassungen teilnimmt (§ 34). Die HRK begrüßt auch, dass die Länder dieses "Anpassungsvolumen" bezüglich der Leistungszulagen nicht gleichmäßig, sondern unterschiedlich auf die Professorenschaft verteilen (lassen) können. Insoweit handelt es sich um die Option für eine (weitere) Umverteilung von Finanzmitteln nach Leistung.


Die HRK lehnt aber die vorgesehene Optionsmöglichkeit für die Länder ab, Leistungszulagen befristet oder unbefristet zu vergeben (§ 33 Abs. 1). Denn es entspricht internationaler Praxis, dass Leistungszulagen (mit Ausnahme der Funktionszulagen) unbefristet vergeben, dabei aber auf dem ereichten Niveau "eingefroren" werden können.Nur mit dieser Maßgabe ist es zu akzeptieren, dass ruhegehaltsfähig nur solche Leistungszuschläge (neben dem festen Gehaltsbestandteil) sein sollen, die in den letzten fünf Jahren vor Eintritt in den Ruhestand bezahlt wurden (§ 35 Abs. 2 S.1).


Der Begriff "Grundgehalt" ist irreführend und deshalb für die Akzeptanz der Novellierungsvorschläge eine überflüssige psychologische Hürde. Er sollte durch den Begriff "fester Gehaltsbestandteil" ersetzt werden. Damit wird schon im Gesetzestext klargestellt, dass zu jeder Vergütung ein zu verhandelnder variabler Bestandteil gehört, wie es in der Gesetzesbegründung erläutert wird.Damit würde auch wesentlich deutlicher, dass von einer "drastischen" Absenkung der Eingangsbezahlung der Professoren schon vom Grundsatz her keine Rede sein kann, zumal im geltenden Besoldungssystem die Eingangsbezahlung bei jüngerem Eintrittsalter des Professors/der Professorin deutlich niedriger ist.


Die vorgesehenen Übergangsvorschriften erscheinen im materiellen Regelungsgehalt angemessen und bezüglich der Fristen ausreichend lang, so dass sich alle Betroffenen in akzeptabler Weise auf die Neuregelungen einstellen können. Die Habilitierten oder in der Habilitation stehenden Wissenschaftler/innen sind von der Neuregelung im HRG insoweit nicht betroffen. Bei Berufungsverfahren werden ihre Chancen gegenüber dem jetzigen Stand nicht beeinträchtigt, sofern der Forderung der HRK in Ziffer III,1 dieser Stellungnahme entsprochen wird.


Die HRK hat schon in ihrer Stellungnahme vom Juli 2000 betont, dass die Entwicklung von Verfahren und Kriterien zur Bemessung der Leistung und Belastung der Professorenschaft eine weitere unabdingbare Aufgabe ist, von deren Erfüllung die wissenschaftsangemessene Umsetzung der Reformvorschläge abhängt.Die HRK ist nach wie vor der Auffassung, dass es sich dabei um Aufgaben der Hochschulen und nicht um solche der Gesetzgeber handelt. Insoweit begrüßt die HRK das Fehlen entsprechender Vorgaben im Gesetzentwurf und fordert auch von den Landesgesetzgebern, diese Aufgabe den Hochschulen zu überlassen.Aus der langjährigen Erfahrung von Universitäten in USA und Kanada lassen sich Verfahren und Kriterien entwickeln, die den Bedürfnissen der deutschen Hochschulen genügen. Rechtlich gesichert muss nur sein, dass sowohl Kriterien wie Verfahren im Einzelfall transparent und verbindlich sind. Alles weitere, auch die Frage, welches Gremium in der Hochschule - oder von ihr beauftragt - empfiehlt bzw. entscheidet, soll der Hochschule überlassen bleiben.


IV.


Die HRK wiederholt ihre Forderung, dass entsprechende Reformen auch für die übrigen Mitarbeiter(innen) im Wissenschaftsbereich folgen müssen, da sonst die Reform für die Professorenschaft "in der Luft hinge".