Zum Bedarf an wissenschaftlichen Großgeräten


Entschließung des 187. Plenums vom 22./23. Februar 1999


1. Die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau ist, wie vom Wissenschaftsrat und der HRK immer wieder anhand klarer Kriterien festgestellt, seit 1988 unterfinanziert. Bund und Länder haben diese Tatsache nicht geleugnet und zur Begründung auf die knappe Finanzlage der öffentlichen Haushalte verwiesen.


Der Ausbau der Fachhochschulen, die Grundsanierung alter Bauten, die fachliche Abrundung und Schwerpunktbildung der Universitäten und künstlerischen Hochschulen sind als Zweck des Hochschulbaus zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit von Forschung und Lehre der Hochschulen in Deutschland politisch zwar anerkannt, konnten jedoch bei weitem nicht umgesetzt werden. Mit zuletzt je 1,8 Mrd. DM lagen der Bundesansatz und die Länderbeiträge für die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau Jahr für Jahr weit unter dem vom Wissenschaftsrat nach sorgfältiger Prüfung der Anmeldungen der Länder für ihre Hochschulen als wissenschaftspolitisch unerläßlich bezeichneten Finanzvolumen, zuletzt jeweils 2,4 Milliarden DM.


2. Die anhaltende Unterfinanzierung wirkte sich in den letzten Jahren mehr und mehr zu Lasten der Großgeräteausstattung der Hochschulen aus. Das Finanzvolumen der zur Beschaffung empfohlenen Großgeräte sank von 873 Millionen DM im Jahre 1992 auf 614 Millionen DM im Jahre 1997 und auf 448 Millionen DM im Jahre 1998.


Von den vom Wissenschaftsrat empfohlenen Globalbeträgen wurden Jahr für Jahr im Planungsausschuß für den Hochschulbau erhebliche Abschläge vorgenommen, allein beim 27. Rahmenplan gut 57 Prozent. Die tatsächlichen Beschaffungen blieben noch hinter den reduzierten Globalbeträgen zurück, da die Länder im Rahmen der ihnen zugewiesenen Summen in erheblichem Umfang auch bauliche Maßnahmen aus Großgerätemitteln finanzierten. Der dadurch entstandene Investitionsstau wird vom Wissenschaftsrat auf mehr als 1 Milliarde DM geschätzt.


3. Der Wissenschaftsrat hat auf der Basis der in der Vergangenheit beschafften Geräte und unter Berücksichtigung des notwendigen Ergänzungsbedarfs, der sich aus dem technischen Fortschritt und den wachsenden Anforderungen der Wissenschaften ergibt, im Jahre 1995 einen jährlich wachsenden Ersatzbedarf allein für die alten Länder (ohne Bayern, für das noch verläßliche Angaben fehlten) in Höhe von 554 Millionen DM im Jahre 1996 bis 636 Millionen DM (ohne CIP und WAP) im Jahre 2.000 errechnet.


Unter Berücksichtigung Bayerns und der neuen Länder summiert sich der Bedarf für größere und Großgeräte auf ca. 900 Millionen DM pro Jahr. Dieser Bedarf wurde auf der Basis einer Bagatellgrenze von 150.000 DM geschätzt, die durch die HBFG-Novelle 1996 für Universitäten auf 250.000 DM angehoben wurde. Der Finanzbedarf für Geräte zwischen 150.000 und 250.000 DM beträgt jedoch weniger als 50 Millionen DM pro Jahr. Daraus ergibt sich ein Ersatzbedarf von mindestens 850 Millionen DM pro Jahr (ohne CIP und WAP). Dem steht jedoch bislang für 1999 nur eine Summe von 575 Millionen DM gegenüber.


4. Die Hochschulrektorenkonferenz weist erneut auf die fatalen Folgen dieser Entscheidungen hin. Die Geräteausstattung der Hochschulen ist vielfach aufgrund fehlender Investitionsmöglichkeiten veraltet. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit vor allem der experimentellen Fächer ist in Frage gestellt. Sie kann auch durch Drittmittel nicht aufgefangen werden. Die Unterbrechungen des Computer-Investitions-Programms und des Wissenschaftler-Arbeitsplatzrechner-Programms beeinträchtigen eine zeitgemäße Ausbildung der Studierenden in der Informations- und Kommunikationstechnologie in allen Fächern.


Der dringend notwendige Einssatz neuer Medien in Lehre, Studium und Weiterbildung wird verzögert. Der Anschluß an internationale Datenübertragungsnetze ist behindert. Die unzureichende Verfügbarkeit von Hochleistungsrechnern wirkt sich als Hindernis für rechenintensive Grundlagenforschung aus. Die HRK stimmt mit dem Wissenschaftsrat überein, daß die anhaltend unzureichenden Reinvestitionen für wissenschaftliche Großgeräte der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses wie der Forschung gleichermaßen schaden und die internationale Anziehungskraft der deutschen Hochschulen beeinträchtigen.


5. Deshalb fordert die HRK die Länder auf, der vom Bund geplanten Erhöhung der Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau für ihren Finanzierungsanteil zu folgen. Sie spricht sich nachdrücklich dafür aus, die zusätzlichen Mittel in den kommenden Jahren vorrangig zur Verbesserung der Großgeräteausstattung der Hochschulen einzusetzen.


Angesichts des bezifferten Ersatz- und Erneuerungsbedarfes und des aufgelaufenen Reinvestitionsstaus sollte das Beschaffungsvolumen auf mindestens eine Milliarde DM pro Jahr angehoben werden. Außerdem sollten die Voraussetzungen für die Finanzierung von CIP- und WAP-Pools im HBFG modifiziert werden, um der Weiterentwicklung von Technik und Markt im Computerbereich Rechnung zu tragen.


6. Trotz hoher Dringlichkeit des Reinvestions- und Sanierungsbedarfs bei Bauten muß die Geräteausstattung Priorität erhalten. Der Generationswechsel bei Professorinnen und Professoren in den nächsten zehn Jahren aufgrund der Altersstruktur wird mit erheblichen Investitionen im Gerätebereich einhergehen müssen, wenn die Hochschulen national und international konkurrenzfähig bleiben sollen. Die jetzt gegebene Chance zur Neuorientierung der Hochschulen in Forschung und Lehre muß genutzt werden. Aufgrund unzureichender Ausstattung nicht erstklassig besetzte Professuren wirken sich auf 25 Jahre nachteilig für die Entwicklung der Hochschule, die Konkurrenzfähigkeit ihrer Forschung und die Qualität von Lehre und Studium aus.


7. Die HRK appelliert an die Länder, dem verstärkten Großgerätebedarf der Hochschulen durch entsprechende Anmeldungen Rechnung zu tragen und nicht kurzsichtig für Großgeräte bestimmte Mittel für Bauvorhaben einzusetzen, die seit 1996 im HBFG-Verfahren auch mit alternativen Finanzierungsmodellen vorangebracht werden können.