Empfehlung des 185. Plenums vom 6. Juli 1998
A. Einleitung
1. Die Kommission 'Selbstkontrolle in der Wissenschaft' der Deutschen Forschungsgemeinschaft hat am 19. Januar 1998 ausführliche "Vorschläge zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis" vorgelegt. Darin werden Hochschulen und Forschungseinrichtungen aufgefordert, Regeln guter wissenschaftlicher Praxis verbindlich zu formulieren und Verfahren zum Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens zu entwickeln. Die HRK wird gebeten, eine Muster-Verfahrensordnung für die Hochschulen zu erarbeiten [1].
2. Jede Hochschule trägt im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags Verantwortung für die Organisation von Forschung, Lehre und Nachwuchsförderung. Lehre und Nachwuchsförderung sind unmittelbar mit der Forschung in den Hochschulen verbunden. Die Leistungskraft der Hochschulen in der Forschung hängt wesentlich auch von der intellektuellen Leistungsfähigkeit ihrer Nachwuchswissenschaftler ab. Deswegen ist es für Hochschulen von besonderer Bedeutung, eine Atmosphäre der Offenheit, Kreativität und Leistungsbereitschaft zu erhalten und zu fördern und nicht durch ein Übermaß an Regularien zu verhindern.
Zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung in der Forschung muß die Hochschule jedoch im gesetzlichen Rahmen Vorkehrungen treffen, mit Fällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens umzugehen, damit sie die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen kann und Steuermittel oder private Zuwendungen nicht zweckentfremdet werden.
3. Der rechtliche Handlungsspielraum im Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten ist Hochschulen und Forschungseinrichtungen durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.12.1996 (BVerwG 6 C 5.95) beschrieben worden [2]. Demzufolge:
- darf die Hochschule dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, daß ein Hochschullehrer seine durch Art. 5. 3 Satz 1 GG geschützte Forschungsfreiheit möglicherweise mißbraucht oder verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter anderer gefährdet oder verletzt, diesen Anhaltspunkten nachgehen und ggf. eine Kommission, in der Hochschullehrer den ausschlaggebenden Einfluß haben, zur Prüfung des Sachverhalts sowie etwaiger Konsequenzen einsetzen;
- darf eine solche Kommission nur dann und nur gegenständlich begrenzt tätig werden, wenn und soweit gegen einen Wissenschaftler schwerwiegende Vorwürfe erhoben werden, etwa daß er verantwortungslos gegen grundlegende Prinzipen der Wissenschaftlichkeit verstoßen oder die Forschungsfreiheit mißbraucht habe oder daß seinen Arbeiten der Charakter der Wissenschaftlichkeit nicht nur im einzelnen oder nach der Definition bestimmter Schulen, sondern systematisch abzusprechen sei;
- ist die Kommission befugt, eine entsprechende Feststellung zu treffen und auch entsprechende Kritik an der Arbeit des Forschers zu üben, sofern der Wissenschaftler die Grenzen der Wissenschaftsfreiheit zweifelsfrei überschritten hat; kommt sie aber zu der Erkenntnis, daß der Wissenschaftler bei seiner Tätigkeit ernsthaft versucht, die Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens zu beachten und er auch nicht die Rechte anderer verletzt hat, so hat sie nicht die Befugnis, die entsprechenden Arbeiten zu bewerten;
- ist bei Dienstvergehen der zuständige Disziplinarvorgesetze darüber zu unterrichten, der das Weitere veranlaßt; sind die Rechte anderer verletzt worden, so hat die Kommission das Notwendige zum Schutz der Betroffenen zu veranlassen;
- ist Vertraulichkeit zu wahren; die Anforderungen sollen sich an denen eines förmlichen Disziplinarverfahrens orientieren.
4. Der Senat der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) hat am 14.11.1997 "Verfahren bei Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten in Forschungseinrichtungen der Max-Planck-Gesellschaft - Verfahrensordnung" verabschiedet. Dieser MPG-Beschluß ist teils unmittelbar, teils mittelbar in den nachfolgenden Text eingegangen, zum einem weil er den Handlungsspielraum des genannten Urteils ausschöpft, zum anderen weil die Verfahren zum Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens für alle Wissenschaftler [3] unabhängig von ihrem Wirkungsort grundsätzlich gleichartig sein sollten.
Die HRK empfiehlt ihren Mitgliedshochschulen, die folgenden Handreichungen zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten - ggf. in modifizierter Form - möglichst bald zu übernehmen bzw. in Kraft zu setzen [4].
B. Wissenschaftliches Fehlverhalten
1. Wissenschaftliches Fehlverhalten liegt vor, wenn in einem wissenschaftserheblichen Zusammenhang bewußt oder grob fahrlässig Falschangaben gemacht werden, geistiges Eigentum anderer verletzt oder sonstwie deren Forschungstätigkeit beeinträchtigt wird. Entscheidend sind jeweils die Umstände des Einzelfalles.
Als möglicherweise schwerwiegendes Fehlverhalten kommt insbesondere in Betracht:
a. Falschangaben
- das Erfinden von Daten;
- das Verfälschen von Daten, z.B.
- durch Auswählen und Zurückweisen unerwünschter Ergebnisse, ohne dies offenzulegen,
- durch Manipulation einer Darstellung oder Abbildung;
- unrichtige Angaben in einem Bewerbungsschreiben oder einem Förderantrag (einschließlich Falschangaben zum Publikationsorgan und zu in Druck befindlichen Veröffentlichungen).
b. Verletzung geistigen Eigentums
- in bezug auf ein von einem anderen geschaffenes urheberrechtlich geschütztes Werk oder von anderen stammende wesentliche wissenschaftliche Erkenntnisse, Hypothesen, Lehren oder Forschungsansätze:
- die unbefugte Verwertung unter Anmaßung der Autorschaft (Plagiat),
- die Ausbeutung von Forschungsansätzen und Ideen, insbesondere als Gutachter (Ideendiebstahl),
- die Anmaßung oder unbegründete Annahme wissenschaftlicher Autor- oder Mitautorschaft,
- die Verfälschung des Inhalts,
- die unbefugte Veröffentlichung und das unbefugte Zugänglichmachen gegenüber Dritten, solange das Werk, die Erkenntnis, die Hypothese, die Lehre oder der Forschungsansatz noch nicht veröffentlicht sind.
c. Inanspruchnahme der (Mit-)Autorenschaft eines anderen ohne dessen Einverständnis.
d. Sabotage von Forschungstätigkeit (einschließlich dem Beschädigen, Zerstören oder Manipulieren von Versuchsanordnungen, Geräten, Unterlagen, Hardware, Software, Chemikalien oder sonstiger Sachen, die ein anderer zur Durchführung eines Experiments benötigt).
e. Beseitigung von Primärdaten [5], insofern damit gegen gesetzliche Bestimmungen oder disziplinbezogen anerkannte Grundsätze wissenschaftlicher Arbeit verstoßen wird.
2. Eine Mitverantwortung für Fehlverhalten kann sich unter anderem ergeben aus
- aktiver Beteiligung am Fehlverhalten anderer,
- Mitwissen um Fälschungen durch andere,
- Mitautorschaft an fälschungsbehafteten Veröffentlichungen,
- grober Vernachlässigung der Aufsichtspflicht.
C. Empfehlungen
I. Allgemeines
Hochschulen müssen ihre Verantwortung für ihre Absolventen auch dadurch wahrnehmen, daß sie den Studierenden im Studium die Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens und guter wissenschaftlicher Praxis vermitteln. Dies geschieht üblicherweise bereits in den Einführungen in das wissenschaftliche Arbeiten im Grundstudium. Darin sollte angesichts der raschen wissenschaftlichen Entwicklung in manchen Disziplinen, zumal in solchen, deren Forschungsergebnisse kurzfristig wirtschaftlich verwertbar werden, Sensibilität auch im Hinblick auf die Möglichkeit wissenschaftlichen Fehlverhaltens vermittelt werden. Gleichzeitig hat die Hochschule auch die Aufgabe, ihre Studierenden zu Ehrlichkeit und Verantwortlichkeit in der Wissenschaft zu erziehen.
Außerdem sollte jede Hochschule Vorkehrungen für den Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten treffen. Hierzu werden im folgenden Vorschläge unterbreitet.
II. Ombudsmann
Die Hochschule bestellt einen oder mehrere erfahrene Wissenschaftler mit nationalen und internationalen Kontakten als Ansprechpartner für Angehörige der Hochschule, die Vorwürfe wissenschaftlichen Fehlverhaltens vorzubringen haben (Ombudsmann [6]). Der Ombudsmann berät als Vertrauensperson diejenigen, die ihn über ein vermutetes wissenschaftliches Fehlverhalten informieren, und greift von sich aus einschlägige Hinweise auf, von denen er (ggf. über Dritte) Kenntnis erhält. Er prüft die Vorwürfe unter Plausibilitätsgesichtspunkten auf Konkretheit und Bedeutung, auf mögliche Motive und im Hinblick auf Möglichkeiten der Ausräumung der Vorwürfe.
Zu Ombudsleuten sollten nur Persönlichkeiten gewählt werden, die aufgrund der ihnen möglicherweise zugehenden Informationen nicht selbst zu einschlägigem Handeln, beispielsweise als Prorektor oder Dekan oder als Dienstvorgesetzte gezwungen sind. Es kann jedoch naheliegen, den oder die Vertrauensdozenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit dieser Funktion zu betrauen. Der Ombudsmann hat für den Fall der Befangenheit oder der Verhinderung einen oder mehrere Stellvertreter.
Jedes Mitglied der Hochschule hat Anspruch darauf, den - im Vorlesungsverzeichnis genannten - Ombudsmann innerhalb kurzer Frist persönlich zu sprechen [7].
III. Kommission
1. Die Hochschulleitung bestellt eine - ebenfalls im Vorlesungsverzeichnis personell ausgewiesene - ständige Kommission zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Die Kommission wird auf Antrag des Ombudsmannes oder eines ihrer Mitglieder aktiv. Das Verfahren vor der Kommission ersetzt nicht andere, gesetzlich oder satzungsrechtlich geregelte Verfahren (z.B. ordnungsrechtliche Verfahren der Hochschulen, Disziplinarverfahren, arbeitsgerichtliche Verfahren, Strafverfahren). Diese werden ggf. von den jeweils zuständigen Organen eingeleitet.
2. In der Kommission haben Hochschullehrer die Mehrheit. Die Kommission kann etwa aus drei oder fünf erfahrenen Professoren der eigenen Hochschule oder aus drei Professoren und zwei externen Mitgliedern, von denen eines die Befähigung zum Richteramt oder Erfahrungen mit außergerichtlichen Schlichtungen hat, bestehen. Die Amtszeit sollte drei Jahre mit der Möglichkeit einmaliger Wiederbestellung betragen. Die Kommission wählt aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und entscheidet mit Stimmenmehrheit der Mitglieder. Der Ombudsmann und sein Stellvertreter gehören der Kommission als Gäste mit beratender Stimme an.
IV. Verfahren
1. Vorprüfung
a. Bei konkreten Verdachtsmomenten für wissenschaftliches Fehlverhalten wird unverzüglich im Regelfalle der Ombudsmann, ggf. auch ein Mitglied der o.g. Kommission, informiert. Die Information soll schriftlich erfolgen; bei mündlicher Information ist ein schriftlicher Vermerk über den Verdacht und die diesen begründenden Belege aufzunehmen.
b. Der Ombudsmann übermittelt Anschuldigungen wissenschaftlichen Fehlverhaltens unter Wahrung der Vertraulichkeit zum Schutz des Informanten und der Betroffenen der von der Hochschulleitung bestellten Kommission, die die Angelegenheit untersucht.
c. Dem vom Verdacht des Fehlverhaltens Betroffenen wird unverzüglich von der Kommission unter Nennung der belastenden Tatsachen und Beweismittel Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Buchstabe a) Satz 2 gilt entsprechend. Die Frist für die Stellungnahme beträgt zwei Wochen. Der Name des Informierenden wird ohne dessen Einverständnis in dieser Phase dem Betroffenen nicht offenbart.
d. Nach Eingang der Stellungnahme des Betroffenen bzw. nach Verstreichen der Frist trifft die Kommission innerhalb von zwei Wochen die Entscheidung darüber, ob das Vorprüfungsverfahren - unter Mitteilung der Gründe an den Betroffenen und den Informierenden - zu beenden ist, weil sich der Verdacht nicht hinreichend bestätigt bzw. ein vermeintliches Fehlverhalten vollständig aufgeklärt hat, oder ob eine Überleitung in das förmliche Untersuchungsverfahren zu erfolgen hat.
e. Wenn der Informierende mit der Einstellung des Prüfungsverfahrens nicht einverstanden ist, hat er innerhalb von zwei Wochen das Recht auf Vorsprache in der Kommission, die ihre Entscheidung noch einmal prüft.
2. Förmliche Untersuchung
a. Die Eröffnung des förmlichen Untersuchungsverfahrens wird der Hochschulleitung vom Vorsitzenden der Kommission mitgeteilt.
b. Die Kommission kann nach eigenem Ermessen Fachgutachter aus dem Gebiet eines zu beurteilenden wissenschaftlichen Sachverhalts sowie Experten für den Umgang mit solchen Fällen als weitere Mitglieder mit beratender Stimme hinzuziehen. Hierzu können u.a. Schlichtungsberater zählen.
c. Die Kommission berät in nichtöffentlicher mündlicher Verhandlung. Sie prüft in freier Beweiswürdigung, ob wissenschaftliches Fehlverhalten vorliegt. Dem Wissenschaftler, dem Fehlverhalten vorgeworfen wird, ist in geeigneter Weise Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Betroffene ist auf seinen Wunsch mündlich anzuhören; dazu kann er eine Person seines Vertrauens als Beistand hinzuziehen. Dies gilt auch für sonstige anzuhörende Personen.
d. Den Namen des Informierenden offenzulegen kann erforderlich werden, wenn der Betroffene sich andernfalls nicht sachgerecht verteidigen kann, weil beispielsweise die Glaubwürdigkeit und Motive des Informierenden im Hinblick auf den Vorwurf möglichen Fehlverhaltens zu prüfen sind.
e. Hält die Kommission ein Fehlverhalten für nicht erwiesen, wird das Verfahren eingestellt. Hält die Kommission ein Fehlverhalten für erwiesen, legt sie das Ergebnis ihrer Untersuchung der Hochschulleitung mit einem Vorschlag zum weiteren Verfahren, auch in bezug auf die Wahrung der Rechte anderer, zur Entscheidung und weiteren Veranlassung vor. Andernfalls wird das Verfahren eingestellt.
f. Die wesentlichen Gründe, die zur Einstellung des Verfahrens oder zur Weiterleitung an die Hochschulleitung geführt haben, sind dem Betroffenen und dem Informierenden unverzüglich schriftlich mitzuteilen.
g. Ein internes Beschwerdeverfahren gegen die Entscheidung der Kommission ist nicht gegeben.
h. Am Ende eines förmlichen Untersuchungsverfahrens identifiziert der Ombudsmann alle diejenigen Personen, die in den Fall involviert sind (waren). Er berät diejenigen Personen, insbesondere die Nachwuchswissenschaftler und Studierenden, die unverschuldet in Vorgänge wissenschaftlichen Fehlverhaltens verwickelt wurden, in bezug auf eine Absicherung ihrer persönlichen und wissenschaftlichen Integrität.
i. Die Akten [8] der förmlichen Untersuchung werden 30 Jahre aufbewahrt. Die im Zusammenhang mit einem Fall wissenschaftlichen Fehlverhaltens genannten Personen haben Anspruch darauf, daß der Ombudsmann ihnen über die Dauer der Aufbewahrungsfrist auf Antrag einen Bescheid (zu ihrer Entlastung) ausstellt.
3. Weitere Verfahren
a. Wenn wissenschaftliches Fehlverhalten festgestellt worden ist, prüft die Hochschulleitung zur Wahrung der wissenschaftlichen Standards der Hochschule als auch der Rechte aller direkt und indirekt Betroffenen die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen. Die Ahndung wissenschaftlichen Fehlverhaltens richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles.
b. In der Hochschule sind auf Fakultätsebene die akademischen Konsequenzen, z.B. der Entzug akademischer Grade oder der Entzug der Lehrbefugnis, zu prüfen. Die Fakultäten haben in Zusammenarbeit mit der Hochschulleitung zu prüfen, ob und inwieweit andere Wissenschaftler (frühere und mögliche Kooperationspartner, Koautoren), wissenschaftliche Einrichtungen, wissenschaftliche Zeitschriften und Verlage (bei Publikationen), Fördereinrichtungen und Wissenschaftsorganisationen, Standesorganisationen, Ministerien und Öffentlichkeit benachrichtigt werden sollen oder müssen.
c. Die jeweils zuständigen Organe oder Einrichtungen leiten je nach Sachverhalt arbeits-, zivil-, straf- oder ordnungsrechtliche Maßnahme [9], [10] mit den entsprechenden Verfahren ein.
D. Schlußbemerkungen
Neben Maßnahmen zur Feststellung und Ahndung wissenschaftlichen Fehlverhaltens sollten in den Hochschulen Maßnahmen verstärkt oder neu eingeführt werden, die geeignet sind, wissenschaftliches Fehlverhalten nicht entstehen zu lassen. Den Hochschulen als Stätten von Forschung, Lehre und Nachwuchsförderung kommt hierbei institutionelle Verantwortung zu.
Jeder Leiter oder Betreuer einer Arbeitseinheit hat sich wissenschaftlich vorbildlich zu verhalten. Studierende und Nachwuchswissenschaftler müssen im Interesse ihrer eigenen Zukunftsplanung auch selber wachsam gegenüber möglichem Fehlverhalten in ihrem Umfeld sein.
Die Fakultäten sind aufgefordert, in der curricularen Ausbildung 'wissenschaftliches Fehlverhalten' angemessen zu thematisieren und Studierende und Nachwuchswissenschaftler entsprechend zu sensibilisieren. Jeder Nachwuchswissenschaftler soll z.B. darüber informiert sein, wie lange welche Primärdaten aufzubewahren sind, und er sollte früh in seiner wissenschaftlichen Laufbahn die positive Erfahrung gemacht haben, selber fair behandelt worden zu sein [11]. In diesem Zusammenhang empfiehlt die HRK, auch aus Studienabschlußarbeiten unter Nennung des Autors zu zitieren.
Die wissenschaftlichen Fachgesellschaften sollten 'gute wissenschaftliche Praxis' [12] für ihre jeweiligen Fachgebiete schriftlich definieren.
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[1] Die Empfehlungen der DFG-Kommission sind den Hochschulen von der DFG unmittelbar zugeleitet worden. Die nachfolgenden Feststellungen und Empfehlungen der HRK konkretisieren einen spezifischen Aspekt der thematisch breiter angelegten DFG-Vorschläge, die zur besonderen Beachtung empfohlen werden.
[2] Der wesentliche Inhalt des Urteils ist in BVerwGE, Band 102, Berlin 1998, Nr. 43 zugänglich (Anhang).
[3] Personen- und Funktionsbezeichnungen in diesem Text gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.
[4] Die Universität Münster beispielsweise hat bereits Anfang 1998 eine in Anlehnung an den o.g. MPG-Beschluss formulierte Verfahrensordnung beschlossen.
[5] Vgl. DFG-Empfehlung 7.
Die Beseitigung von Primärdaten, zuumal im Wiederholungsfalle, kann unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles für eine Untersuchungsbehinderung zur Vertuschung von Fehlverhalten oder für grobe Fahrlässigkeit sprechen.
[6] Vgl. DFG-Empfehlung 5.
[7] Zu weiteren Aufgaben des Ombudsmannes s.u. B. IV. 2. h), i) und 3. c).
[8] Sofern keine einschlägigen Verwaltungsstellen bereitstehen, können die Aktenzweckdienlicherweise im Justitiariat geführt werden.
[9] Arbeitsrechtliche Konsequenzen wären z.B.
- Abmahnung
- außerordentliche Kündigung (ggf. Verdachtskündigung)
- ordentliche Kündigung
- Vertragsauflösung
- Entfernung aus dem Dienst
Zivilrechtliche Konsequenzen wären z.B.
- Erteiliung eines Hausverbots
- Herausgabeansprüche gegen den Betroffenen
- Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche aus Urheberrecht, Persönlichkeitsrecht, Patentrecht und Wettbewerbsrecht
- Rückforderungsansprüche (Stipendien, Drittmittel o.ä.)
- Schadensersatzansprüche
Strafrechtliche Konsequenzen wären zu ziehen z.B. wegen:
- Urheberrechtsverletzung
- Urkundenfälschung (einschließlich Fälschung technischer Aufzeichnungen)
- Sachbeschädigung (einschließlich Datenveränderung)
- Vermögensdelikt (einschließlich Betrug und Untreue)
- Verletzung des persönlichen Lebens- und Geheimnisbereichs
- Straftat gegen das Leben und Körperverletzung
[10] Hat ein Studierender sich eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens schuldig gemacht, sollte vom Ombudsmann im Falle eines anschließenden ordnungsrechtlichen Hochschulverfahrens ein Gutachten erstellt werden, mit welchen Auflagen dem Studierenden eine Chance zum Abschluss eines Studiums gegeben werden könnte.
[11] Im Hinblick auf wissenschaftliches Fehlverhalten hat sich in anderen Ländern das Diskutieren von Fallkonstellationen, in denen es typischerweise zu Fehlverhalten kommt, als effektiv erwiesen. In den USA ist dieser Themenkomplex in ausgearbeiteten Unterrichtshilfen aufgearbeitet worden.
[12] Vgl. Anmerkung 1.