Zur aktuellen Antisemitismusdebatte im Bundestag


Entschließung der HRK-Mitgliederversammlung am 19.11.2024

Der Bundestag hat am 7. November 2024 die Resolution „Nie wieder ist jetzt – Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken“ verabschiedet. Angesichts einer möglichen weiteren Bundestagsresolution „Antisemitismus und Israelfeindlichkeit an Schulen und Hochschulen entschlossen entgegentreten sowie den freien Diskursraum sichern“ weist die HRK darauf hin, dass ein solcher Beschluss sachlich nicht geboten und vor dem Hintergrund von Hochschulautonomie und Wissenschaftsfreiheit nicht nützlich ist. Grundsätzlich begrüßt die HRK, dass der Bundestag die Anstrengungen der Hochschulen würdigt. Sie haben sich nicht erst seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 entschieden gegen jede Art von Antisemitismus gestellt. 

Die Wissenschaftsfreiheit ist für die Hochschulen die Grundlage allen Handelns. Die Hochschulen erwarten von Exekutive und Legislative, dass sie diese Wissenschaftsfreiheit auch bei der Abfassung von Resolutionen zu Hochschulen als Handlungsmaxime ansehen. In der aktuellen Situation heißt das:

  1. Die Diskussion über die Definition von Antisemitismus ist Gegenstand und Aufgabe wissenschaftlicher Auseinandersetzung. Politische Entscheidungen können und dürfen diesen wissenschaftlichen Diskurs weder gefährden noch unterbinden. Eine staatliche Intervention in die Art und Weise, wie dieser wissenschaftliche Diskurs an den Hochschulen ausgestaltet wird, ist nicht zulässig.
  2. Es ist sicherzustellen, dass staatliche Fördermittel für Forschung und Lehre allein nach wissenschaftsgeleiteten Prinzipien und Verfahren verteilt werden. 

Im Rahmen ihrer Hochschulautonomie haben die Hochschulen vielfältige Maßnahmen ergriffen und werden weitere ergreifen, um klar gegen Antisemitismus Stellung zu beziehen. Das umfasst Maßnahmen zum Schutz jüdischer Studierender und Mitarbeiter:innen sowie die Durchsetzung von Ordnungsmaßnahmen auf der Grundlage des Hausrechts bei antisemitischen Vorfällen. Soweit dies notwendig und angezeigt ist, werden die Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet. Durch Veranstaltungen wie Ringvorlesungen und Seminare stärken sie gezielt den Diskurs und die akademische Debattenkultur. Durch Forschung zu Antisemitismus und zu jüdischem Leben, durch antisemitismuskritische Bildung, durch Austauschprogramme mit Israel für Studierende und Forschende und durch die Einrichtung von Antisemitismus- und Antidiskriminierungsbeauftragten befähigen sie ihre Mitglieder, gegen Antisemitismus im Alltag und an der Hochschule einzutreten, und betreiben aktive Antisemitismusprävention. Die HRK lehnt Boykottaufrufe gegen israelische Wissenschaftler:innen und Wissenschaftseinrichtungen entschieden ab. Die Stärkung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit Israel ist auch ein Zeichen der Solidarität und Ausprägung der wissenschaftlichen Diskurskultur. Die HRK teilt daher ausdrücklich das Ziel der Bundesregierung, die Wissenschaftskooperation mit Israel auszubauen sowie die Förderung der Antisemitismusforschung durch das BMBF zu stärken. 

Aufklärung durch Forschung, Bildung und Austausch, nicht politische Bekenntnisse, sind das Mittel der Wahl – die Hochschulen nehmen diese Aufgaben verantwortungsbewusst wahr.