Zur Stärkung von Forschung und Entwicklung und des wissenschaftlichen Nachwuchses an Fachhochschulen/Hochschulen für Angewandte Wissenschaften


Empfehlung des 133. HRK-Senats am 15.6.2016

1.    Einleitung
Die aktuell vor der endgültigen Entscheidung stehenden großen Förderprogramme in der Hochschulpolitik wie die Exzellenzstrategie und der Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs sind in ihrem Kern auf universitäre Forschungs- und Personalstrukturen ausgerichtet. Für die Forschung und Entwicklung an Fachhochschulen/Hochschulen für Angewandte Wissenschaft (FH/HAW) sind vergleichbare Initiativen in diesem Umfang bisher nicht erfolgt. Dadurch werden dringend benötigte Impulse für die Innovationskraft von Wirtschaft und Gesellschaft nicht gesetzt. Der Senat der HRK empfiehlt der Politik daher die folgenden Maßnahmen:

2.    Aufeinander abgestimmte Förderprogramme für FH/HAW
Die Rahmenbedingungen der FH/HAW sind strukturell anders als die der Universitäten, und Professuren an Fachhochschulen entwickeln sich auf einem anderen Karriereweg. Professorinnen und Professoren an FH/HAW bedürfen einer Doppelqualifikation. Neben einer überdurchschnittlich abgeschlossenen Promotion müssen sie hervorragende Leistungen in einer beruflichen Karriere in der Praxis von mindestens drei Jahren und unter Weiterentwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse nachweisen. Deshalb sind an FH/HAW auch andere Instrumente der Förderung erforderlich. Dabei muss die verstärkte Förderung von Forschung und Entwicklung und des wissenschaftlichen Nachwuchses an FH/HAW in aufeinander abgestimmten Programmen erfolgen.

3.    Steigerung der programmbasierten Förderung von Forschung und Entwicklung an FH/HAW
Die programmbasierte Förderung einzelner Vorhaben der FH/HAW muss im Rahmen der anerkannten Programmformate des BMBF sowie der DFG gesteigert werden. Angehende Wissenschaftler/-innen können so nach ihrem Masterabschluss im Rahmen von Forschungsprojekten in FH-affinen Beschäftigungsverhältnissen qualifiziert werden. Die FH/HAW konnten sich in den vergangenen Jahren als verlässlicher Partner Kleinerer und Mittlerer Unternehmen (KMU) etablieren. Die Programmförderung ist deshalb zugleich immer auch Innovationsförderung für KMU und Gesellschaft, da die FH/HAW zentrale Partner von KMU und Gesellschaft in der angewandten Forschung sind. Um den stark gestiegenen Förderbedarf befriedigen zu können, sollten die spezifischen Mittel im BMBF über einen Zeitraum von 5 Jahren einen jährlichen Aufwuchs von 20 Millionen Euro erfahren.

Um als Strukturförderung die Profilierung und Herausbildung thematisch fokussierter F&E-Schwerpunkte an den forschungsstarken FH/HAW zu unterstützen, sollte die Förderlinie FH-Impuls dauerhaft weitergeführt werden.

4.    Eine gezielte Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchs an FH/HAW

a.    Ausbau der Promotionskollegs

Die kooperativen Promotionskollegs sollten zusätzlich zu den vor fünf Jahren etablierten sieben kooperativen BMBF-Kollegs ausgebaut werden. So können wissenschaftliche Karrieren für Nachwuchswissenschaftler/-innen im engen thematischen Bezug zu FH/HAW mit ihren spezifischen Forschungsprofilen in Kooperation mit Universitäten angeboten werden. Der wissenschaftliche Nachwuchs kann damit für ein späteres Karriereziel einer Professur an FH/HAW interessiert und gewonnen werden. Dabei können auch Personen mit Berufserfahrung für eine Promotion angesprochen werden. Der Blick auf die über 200 Forschungsschwerpunkte der Fachhochschulen, die auf der HRK-Forschungslandkarte erfasst werden, lässt eine Ausweitung auf insgesamt 50 Promotionskollegs angemessen erscheinen. Damit wird nicht nur die Zusammenarbeit zwischen FH/HAW und Universitäten im Rahmen kooperativer Promotionen breit gefördert, sondern auch der Karriereweg Fachhochschulprofessur frühzeitig beworben.

b.    Ermöglichung des Erwerbs einer intersektoralen Doppelqualifikation
Nach der Promotion müssen Nachwuchswissenschaftlern/-innen auch unterschiedlich gestaltete Teilzeitstellen angeboten werden können, die eine Beschäftigung von z.B. bis zu 50 % an FH/HAW und von mindestens 50 % bei Praxispartnern (Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen) ermöglichen. Ziel ist es, diesen Personen die erforderliche Doppelqualifikation in einem durch die Hochschule qualitätsgesicherten wissenschaftlichem Beschäftigungsverhältnis zu ermöglichen und ihr Interesse an praxisorientierter Lehre sowie Forschung und Entwicklung zu stärken und zu fördern. So können sie für eine spätere Bewerbung auf eine Professur an einer FH/HAW gewonnen werden. Hier sollten in einem zeitlich gestaffelten Verfahren 50 auskömmlich dotierte Stellen mit einer Laufzeit von jeweils sechs Jahren durch das BMBF gefördert werden.

5.    Fazit
Die hier geforderten Fördermaßnahmen zielen auf die Stärkung der Innovationsfähigkeit insbesondere der deutschen KMUs, die laut aktueller Studien kontinuierlich sinkt. Sie stehen im Einklang mit dem Beschluss der Geschäftsführenden Vorstände der CDU/CSU-Fraktion und der SPD-Fraktion vom 16. April 2015 („Innovation antreiben, Technologietransfer beschleunigen“).

Sie ermöglichen gleichzeitig die Lösung der spezifischen Personalbedürfnisse der FH/HAW durch eine gezielte Nachwuchsförderung für Professuren an FHs/HAWs und damit die Absicherung des wissenschaftlichen Personalbedarfs an FH/HAW entsprechend ihrer spezifischen Berufungsvoraussetzungen und Anforderungen an die Qualifikation der Bewerberinnen und Bewerber.

Maßnahmen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses dienen auch der Anhebung der Zahl dauerhafter Beschäftigungsverhältnisse für den wissenschaftlichen Nachwuchs an den FH/HAW. Um das notwendige Betreuungsverhältnis in der Lehre auch an forschungsstarken Fachhochschulen/Hochschulen für Angewandte Wissenschaften sicherstellen zu können, bedarf es der Anhebung der Anzahl der Professuren in diesen Schwerpunktbereichen.

Zusätzlich müssen diese Programme durch nachhaltige Maßnahmen zum Aufbau der Forschungsinfrastruktur und des akademischen Mittelbaus flankiert werden.