Gemeinsame Erklärung von BDA, DGB und HRK[1], Juli 2016
Die Beschäftigungsfähigkeit, in abhängiger wie auch selbstständiger Beschäftigung, von Hochschulabsolventinnen und -absolventen ist ein Schlüsselthema für die Zukunft unseres Landes – angesichts der demographischen Entwicklungen, aber auch vor dem Hintergrund des starken Anstiegs der Studienanfängerquote in den vergangenen Jahrzehnten. Deutschland braucht im internationalen Wettbewerb ein leistungsstarkes Bildungssystem, das eine hervorragende Kompetenzentwicklung seiner Absolventinnen und Absolventen ermöglicht und diese in die Lage versetzt, die sich schnell wandelnden Anforderungen der Arbeitswelt zu bewältigen und sie mit zu prägen und zu gestalten. Dabei gewinnt auch die Persönlichkeitsbildung weiter an Bedeutung.
Die unterzeichnenden Organisationen schließen sich der Auffassung des Wissenschaftsrates an:
Die Hochschulen haben die Aufgabe, die drei zentralen Dimensionen akademischer Bildung – (Fach-)Wissenschaft, Persönlichkeitsbildung und Arbeitsmarktvorbereitung - jeweils angemessen zu berücksichtigen. Als vierte Dimension tritt die Befähigung zum gesellschaftlichen Engagement hinzu. Die Rahmenbedingungen hierfür sind gut: Die Arbeitslosigkeit unter Hochschulabsolventinnen und -absolventen ist in Deutschland seit vielen Jahren bemerkenswert niedrig. Dazu trägt neben der guten Konjunktur auch das deutsche Verständnis von Beschäftigungsfähigkeit der Hochschulabsolventen bei. Dieses ist problemlösungsorientiert und zielt in der Regel nicht auf die Vorbereitung auf eine konkrete Tätigkeit, sondern auf mögliche Beschäftigungsfelder einschließlich selbstständiger Berufe. Gleichwohl bestehen Unterschiede hinsichtlich des Grades, in dem die Beschäftigungsfähigkeit in den unterschiedlichen Fächern und Fachkulturen im Studium bedacht und entsprechende Kompetenzen vermittelt werden. In manchen Studiengängen ist die Praxisorientierung noch nicht stark ausgeprägt. Eine Stärkung der Arbeitsmarktrelevanz des Studiums im Sinne von Anwendungsbezügen ist daher sinnvoll und notwendig, denn sie wirkt bei Studierenden motivationsunterstützend und trägt damit in der Regel auch zu einer Verbesserung des Studienerfolgs bei.
Die Beschäftigungsfähigkeit von Absolventinnen und Absolventen besteht in ihrer Fähigkeit, auf der Basis wissenschaftlicher Bildung eine qualifizierte Beschäftigung aufzunehmen, sich neue Beschäftigungsfelder zu erschließen und den eigenen Weiterbildungsbedarf zu erkennen. Die wissenschaftliche Problemlösungskompetenz ist das zentrale Merkmal akademischer Bildung. Beschäftigungsfähigkeit beinhaltet den Erwerb verschiedener, auch arbeitsmarktrelevanter Kompetenzen. Hierzu zählen insbesondere fachwissenschaftliche und methodische Kompetenzen, soziale und personale Kompetenzen sowie die Fähigkeit, selbst unternehmerisch tätig zu werden.
Die Arbeitsmarktrelevanz hochschulischer Qualifikationen und die lebenslange Erhaltung der Beschäftigungsfähigkeit von Hochschulabsolventen sind auch zentrale Anliegen der Europäischen Studienreform. Das Jeriwan-Kommuniqué von 2015 fordert, den Informationsaustausch zwischen Regierungen, Hochschulen und Wirtschaft zu diesem Zweck weiter zu stärken.
Bei der Stärkung der Beschäftigungsfähigkeit kommen den einzelnen Akteuren unterschiedliche Aufgaben zu:
Die Hochschulen stellen die Studierenden und die Qualität von Studium und Lehre in das Zentrum der Lehre und unterstützen die Studierenden im Rahmen der oben genannten Qualifikationsziele beim Aufbau wissenschaftlicher und berufsfeldbezogener Kompetenzen während des Studiums.Im Austausch mit der beruflichen Praxis entwickeln sie ihre Studiengänge kontinuierlich weiter.
Unternehmen und andere Arbeitgeber leisten Beiträge durch hochwertige und anspruchsvolle Praktika und die Betreuung von Abschlussarbeiten. Sie unterstützen die Hochschulen bei der Konzipierung von Studienangeboten und weiterbildenden Qualifizierungsangeboten. Vertreterinnen und Vertreter der Unternehmen und Gewerkschaften (Berufspraxis) beteiligen sich im Rahmen von Programm- und Systemakkreditierungen an der Qualitätssicherung derStudiengänge.
Der Politik obliegt es, geeignete gesetzliche und materielle Rahmenbedingungen für ein gutes Studium im Sinne der oben beschriebenen Qualifikationsziele zu schaffen. Sie sichert die Durchlässigkeit und lässt den Hochschulen den nötigen Freiraum für eigenverantwortliche Profilbildung.
Ein gutes Studium, das die individuelle Beschäftigungsfähigkeit steigert, entsteht nicht ohne die Mitwirkung der Studierenden. Studierende haben das Recht und die Verantwortung, ihr Studium aktiv zu gestalten. Ihre Studieninhalte wählen sie auch im Hinblick auf das angestrebte Berufsfeld aus. Über den gesamten Studienverlauf holen sie regelmäßig persönliches Feedback ein und geben ihrerseits der Hochschule Feedback.
Die Unterzeichnenden bekräftigen ihre Entschlossenheit, ihre jeweiligen Verpflichtungen im Dialog aller Partner auch weiterhin wahrzunehmen und weiter zu entwickeln, um die Beschäftigungsfähigkeit von Hochschulabsolventinnen und -absolventen auch in einem sich rasch wandelnden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfeld sicherzustellen.
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[1] Die Erklärung wurde in Abstimmung mit folgenden staatlichen und privaten Akteuren erarbeitet: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Kultusministerkonferenz, Akkreditierungsrat, Centrum für Hochschulentwicklung, Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung, Hochschulallianz für Angewandte Wissenschaften, Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, Institut der deutschen Wirtschaft Köln.