Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) wird der Nationalen Kontaktstelle der so genannten Coalition for Advancing Research Assessment (CoARA) als Gast beitreten und die Anstrengungen für eine Reform der Forschungsbewertung auf europäischer Ebene damit noch intensiver begleiten. Die HRK-Mitgliederversammlung hat diesen Schritt Mitte Mai in ihrer Sitzung in Fulda beschlossen.
Durch ihren Gaststatus als assoziiertes Mitglied in dem derzeit von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) organisierten „National Chapter Deutschland“ der CoARA möchte die HRK den inhaltlichen Austausch über Reformziele und -maßnahmen der europäischen Forschungsbewertung mit den hochschulischen Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern der CoARA sowie mit weiteren deutschen und europäischen Wissenschaftsorganisationen befördern. Die HRK wird zudem eine gemeinsame Arbeitsgruppe ihrer Mitgliedergruppen zu dieser Thematik einrichten, um alle Hochschultypen in die weitere Diskussion aktiv einzubinden.
Prof. Dr. Georg Krausch, HRK-Vizepräsident für Forschung und wissenschaftliche Karrierewege, erläutert: „Die HRK hat die CoARA-Vereinbarung bislang nicht unterzeichnet und ist somit auch kein Mitglied. Zugleich beobachten wir diese EU-Initiative zur Reform der Forschungsbewertung sehr aufmerksam und diskutieren sie in unseren Gremien kontrovers. Das Meinungsbild zu den Grundsätzen und angedachten Verpflichtungen der Reformbewegung ist sehr heterogen. Einigen Hochschulen fehlt in der vorliegenden CoARA-Vereinbarung ein explizites Bekenntnis zu wissenschaftlicher Exzellenz, zu Leistung und Wettbewerb – bislang für global konkurrenzfähige Spitzenforschung eigentlich unverzichtbare Prinzipien. Zugleich werden Kernbefunde der Initiative, insbesondere die Kritik an einer partiellen Dominanz quantitativer Bewertungsmetriken, geteilt.“
Prof. Dr. Angela Ittel, HRK-Vizepräsidentin für Internationales, Gleichstellung und Diversität sowie Leiterin der Arbeitsgruppe Forschungsbewertung der Mitgliedergruppe Universitäten in der HRK, hebt hervor: „Die HRK-Mitgliederversammlung hat mit ihrem Votum anerkannt, dass die CoARA-Reformbewegung die europäische, wie auch die deutsche Wissenschaftslandschaft absehbar prägen wird. Eine aktive Beteiligung der HRK an der Diskussion soll dazu beitragen, dass die Interessen der deutschen Hochschulen dabei ausreichend Berücksichtigung finden. Ein Gaststatus für die HRK im German National Chapter ist dafür aktuell ein notwendiges Signal.“
Darüber hinaus empfiehlt die HRK ihren Mitgliedern, eine eigene Analyse der CoARA-Initiative in Hinblick auf mögliche Auswirkungen der geplanten Reform auf die jeweilige Hochschule vorzunehmen. Dabei könne auch geprüft werden, ob ein Beitritt für ihre Hochschule sinnvoll ist. Eine solche Auseinandersetzung mit den Prämissen des angestoßenen Reformprozesses bereite die Basis für die anstehende Auseinander¬setzung der deutschen Hochschulen mit den konkreten Reformvorschlägen aus den thematischen, über Europa verteilten CoARA-Arbeitsgruppen, so Ittel.
Der europäische Prozess zur Reform der Forschungsbewertung war im Januar 2022 mit einem Aufruf der Europäischen Kommission an die Wissenschaftsorganisationen in der EU gestartet worden. Ausgangspunkt ist der Befund einer zu großen Dominanz rein quantitativer Indikatoren in der Bewertung von Forschungsleistungen. Die Reformanstrengungen der EU zielen dementsprechend auf eine breitere Anerkennung unterschiedlicher Beiträge zur Qualität und Wirkung von Forschung ab, die über die Quantifizierung klassischer Publikationen und eingeworbener Drittmittel hinausgehen.
Im Juli 2022 veröffentlichte die Europäische Kommission das „Agreement on Reforming Research Assessment“. Dieser wissenschaftspolitischen Vereinbarung sind die Prinzipien und Verpflichtungen zu entnehmen, die der angestrebten Reform der europäischen Forschungsbewertung die Richtung vorgeben. Einrichtungen und Organisationen der europäischen Wissenschaft, die diese Vereinbarung unterzeichnen, verpflichten sich zusammenzuarbeiten, um eine systemische Reform der Forschungsbewertung in Europa zu ermöglichen. Darüber hinaus haben Unterzeichnende die Möglichkeit, der Coalition for Advancing Research Assessment (CoARA) beizutreten. Europaweit haben über 700 wissenschaftliche Einrichtungen die Vereinbarung unterzeichnet. In Deutschland sind es bislang knapp über 30.