„Hochschulen müssen Orte sein, an denen sich Jüdinnen und Juden ohne Wenn und Aber sicher fühlen können“, mahnte der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Professor Dr. Walter Rosenthal, gestern zum Auftakt der 37. Mitgliederversammlung in Berlin. Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober und mit der sich anschließenden israelischen Militäroperation im Gazastreifen sei es allerdings auch an mehreren deutschen Hochschulen zu antiisraelischen bzw. zu in Form und Wesen klar antisemitischen Vorfällen gekommen.
„Wir wissen, dass sich viele jüdische Studierende und Mitarbeitende, wenn sie sich auf dem Campus bewegen, lieber nicht als Jüdinnen oder Juden bzw. als israelische Staatsbürger:innen zu erkennen geben, weil sie sich bedroht fühlen. Das begleitet uns schon viel zu lange und ist in den vergangenen Wochen noch schlimmer geworden“, kritisierte Rosenthal. Unverhohlene Drohungen mit körperlicher Gewalt, das Anbringen von Plakaten oder Graffiti sowie Kundgebungen, die den Terror der Hamas gutheißen, die Opfer ausblenden oder aufrechnen, die das Existenzrecht Israels in Frage stellen und Jüdinnen und Juden insgesamt angehen und einschüchtern sollen, wie jüngst zu beobachten, seien nicht zu rechtfertigen und keinesfalls hinnehmbar.
„An deutschen Hochschulen ist kein Platz für Antisemitismus“, bekräftigte der Präsident der HRK heute im Namen der Mitgliederversammlung. Die entsprechende Entschließung der HRK aus dem Jahr 2019 gelte uneingeschränkt und nicht nur in der aktuellen Konfliktsituation. Hochschulen seien Zentren der demokratischen Kultur, Orte des Dialogs und Stätten der Vielfalt. Sie müssten friedliche und rationale Diskursräume sein. Alle Hochschulangehörigen seien aufgefordert, sich jetzt entschieden und anhaltend gegen Antisemitismus in jeglicher Form zu wenden – nicht nur symbolisch, sondern auch durch konkretes, solidarisches Handeln.
„Wir dulden keine Gewalt, weder verbal noch physisch, keinen Antisemitismus, keinerlei Ausgrenzung – auch nicht gegen Studierende und Mitarbeitende palästinensischer Herkunft, die sich aktuell ebenfalls Sorgen machen“, stellte der HRK-Präsident klar. Das Miteinander an einer Hochschule und die produktive Diskussion auf und neben dem Campus beruhten auf wechselseitigem Respekt, der Wahrung wissenschaftlicher Grundsätze, auf der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und der Einhaltung der Gesetze.
HRK-Präsident Walter Rosenthal kündigte an, dass der Austausch über geeignete Maßnahmen gegen Antisemitismus an Hochschulen nun innerhalb der HRK umso entschlossener fortgesetzt werde. Viele Mitglieder hätten nicht nur im Hinblick auf die aktuellen Vorkommnisse bereits relevante Handlungsfelder für ein entschiedenes Eintreten gegen Antisemitismus identifiziert und nachahmenswerte Maßnahmen ergriffen.
Das könne beispielsweise reichen von eindeutigen Solidaritätsbekundungen der Hochschulgremien, über die konsequente Anzeige und Sanktionierung antisemitischer Straftaten von Hochschulangehörigen, der gezielten Erhöhung von Sicherheitsvorkehrungen auf dem Campus, der Stärkung von Anlaufstellen für Antidiskriminierung bzw. Antisemitismus, der Ausweitung von Angeboten der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Antisemitismus, jüdischer Kultur und Geistesgeschichte in Lehre, Forschung sowie Wissenschaftskommunikation bis hin zur verstärkten Kooperation mit israelischen Wissenschaftseinrichtungen.