„Es ist die richtige Zeit, das Thema Vielfalt breiter aufzustellen!“

Prof. Dr. Dorit Schumann,
Foto: Jürgen Scheere

Professorin Dr. Dorit Schumann, HRK-Vizepräsidentin für Transfer, Nachhaltigkeit, Gleichstellung und Diversität, im Interview über die neue HRK-Initiative, die Qual der Wahl bei der Auswahl der zu fördernden Projekte – und die langfristigen Ziele in Sachen Diversität.

Frau Professorin Schumann, Sie waren bei der Auswahl der Projekte für die neue Initiative „Vielfalt an deutschen Hochschulen“ dabei…

… und wir alle waren begeistert! Es war ja ein ganzes Team von Gutachterinnen und Gutachtern dabei, das seinerseits vielfältig aufgestellt war – und alle haben zurückgemeldet, wie großartig die Ideen waren.

Wie kamen Sie bei der Auswahl mit der Menge an Anträgen klar?  

Die Herausforderung für uns lag neben der erfreulich großen Zahl der Anträge auch darin, dass sehr viele davon grundsätzlich förderwürdig gewesen wären. Deshalb war es für uns ein wirkliches Ringen, unter zahlreichen hervorragenden Vorhaben diejenigen zu bestimmen, die dann auch tatsächlich gefördert werden können. 

Lassen Sie uns gern konkret werden: Gab es Anträge, die Sie besonders spannend fanden?

Ich erinnere mich zu Beispiel an Projektvorschläge, bei denen Vielfalt in die Entwicklung von digitalen Spielen integriert werden sollte. Bei der Förderung von Diversität denken Viele zunächst an persönliche Begegnungen, aber das Thema spielt eben auch im digitalen Raum eine große Rolle. Diese Beispiele zeigen, wie kreativ die Anträge waren. Mir ist dabei übrigens noch eins aufgefallen: Die Anträge kamen sowohl aus Universitäten als auch aus Hochschulen für Angewandte Wissenschaften, aus den Fachbereichen ebenso wie von Hochschulleitungen – da war wirklich eine große Bandbreite dabei.

Was ist denn für die HRK die Motivation, dieses Thema aufzugreifen?

Bei der Hochschulrektorenkonferenz gibt es generell viele Aktivitäten, die sich der Gleichstellung widmen. Da geht es zum Beispiel um die Fragen, wie man Frauen noch besser an Professuren heranführen und wie man ihnen Leitungspositionen in der Wissenschaft näherbringen kann. In diesem Bereich ist tatsächlich noch einiges zu tun, wenn Sie etwa darauf schauen, wie sehr Frauen bei den Professuren immer noch unterrepräsentiert sind und wie groß der Gender Pay Gap in der Wissenschaft immer noch ist – wieviel weniger Gehalt also Wissenschaftlerinnen beziehen als Wissenschaftler. Mir ist aber die Feststellung wichtig, dass wir uns bei der HRK beim Thema Diversität nicht nur um die Geschlechtergerechtigkeit kümmern, sondern Vielfalt breit aufgestellt verstehen. Daher bin ich froh, dass wir diese Ausschreibung mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung nun auf den Weg bringen konnten.

Aber ist das Thema nicht an den deutschen Hochschulen derzeit ohnehin ein Selbstläufer, der eine solche dezidierte Förderung gar nicht bräuchte?

Wir müssen das Thema nicht anstoßen, da haben Sie Recht. Aber mit dieser Initiative schaffen wir es, die vielen Ideen in der Hochschullandschaft aufzunehmen und bundesweit sichtbar zu machen. Und: Sie dürfen auch die Bedeutung des wechselseitigen Austauschs nicht unterschätzen. Wir regen einen Dialog an, der dazu führt, dass die Hochschulen voneinander lernen und Ideen und Konzepte austauschen können. Dieser Aspekt ist mindestens so wichtig wie die einzelnen konkreten Förderungen.

Welche Impulse sollen von der Initiative „Vielfalt an deutschen Hochschulen“ auch noch nach der Förderphase ausgehen?

Zum einen sammeln wir Good-Practice-Beispiele, die auch längerfristig als Inspiration wirken können. Zum anderen verspreche ich mir eine lebhafte Diskussion – und wünsche mir, dass sich die HRK beispielsweise in weiteren Empfehlungen oder anderen Veröffentlichungen der Beförderung der Diversität widmet. Solche hochschulpolitischen Impulse könnten das Thema im Hochschulbereich noch einmal stärken. Unsere aktuelle Initiative ist dafür ein wichtiger Ausgangs- und Kristallisationspunkt.

  

Zur Person:

Professorin Dr. Dorit Schumann ist Präsidentin der Hochschule Trier und als Vizepräsidentin der HRK für die Themen Nachhaltigkeit, Transfer, Gleichstellung und Diversität verantwortlich. Sie studierte Betriebswirtschaftslehre in Frankfurt am Main, forschte unter anderem in den USA und war vor ihrem Wechsel nach Trier viele Jahre Professorin für Logistik und Vizepräsidentin für Forschung an der Hochschule Fulda sowie Vizepräsidentin für Internationales an der German Jordanian University in Amman.