An der Kieler Universität sollen konkrete Handlungsempfehlungen zum Thema Vielfalt entwickelt werden. Die Besonderheit: In die Erarbeitung ist ein breiter Kreis von Teilnehmer:innen eingebunden – einschließlich externer Expert:innen.
Die Einladungsliste für die Semester-Werkstätten ist denkbar lang: Alle Stakeholder der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel stehen darauf, Studierende also ebenso wie Lehrende und Mitarbeitende. Weiterhin werden Teilnehmende von Schulprojekten eingeladen, Studieninteressierte und schließlich noch Vereine aus der Umgebung von Kiel, die sich mit Behinderung, Antirassismus, sexueller Vielfalt und anderen Diversitätsdimensionen beschäftigen. „Wir planen eine große Bestandsaufnahme zum Thema Vielfalt bei uns an der Universität und wollen vor allem Wünsche, Ideen und Bedürfnisse aufnehmen“, sagt Eddi Steinfeldt-Mehrtens: „Die Expertise und gelebte Erfahrung der Teilnehmenden trägt zu einer nachhaltigen Umsetzung bei.“
Eddi Steinfeldt-Mehrtens ist Beauftragte_r für Diversität an der Kieler Universität und in dieser Position maßgeblich für die Planung und Durchführung der geplanten Semester-Werkstätten zuständig. Für das laufende Wintersemester 23/24 sind drei Werkstätten zum Thema „Teaching Diversity in Transition“ geplant. Die diversitätssensible Lehre steht im Mittelpunkt: Wie lassen sich also die unterschiedlichen Bedürfnisse am besten berücksichtigen? „Wir möchten am Schluss Handlungsempfehlungen veröffentlichen, in denen wir Tipps geben und Unsicherheiten ausräumen“, sagt Steinfeldt-Mehrtens. Schon die Bezeichnung des Formats als Semester-Werkstatt ist deshalb bewusst gewählt: In Workshops zu unterschiedlichen Themen und Vielfalts-Dimensionen sollen die Beteiligten aktiv ihre Ideen einbringen, Verbesserungsmöglichkeiten in der Lehre benennen und Empfehlungen erarbeiten. Durch den breiten Partizipationsprozess können so unterschiedliche Perspektiven einfließen und für ein Diversity Mainstreaming sensibilisieren.
Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel gehört zu den deutschen Hochschulen mit einer langen Tradition im Bereich Vielfalt. Seit 13 Jahren schon beschäftigt sie sich systematisch mit dem Thema; Schleswig-Holstein war das erste deutsche Bundesland, das für seine Hochschulen die Einführung von Diversitätsbeauftragten verpflichtend machte. Ein besonderes Augenmerk lag in Kiel bislang auf dem Thema Behinderung. So gibt es beispielsweise das Institut für inklusive Bildung (IIB), an dem Menschen mit Behinderung als Bildungsfachkräfte arbeiten und Studierende schulen. „Das Angebot des IIB richtet sich nicht nur an angehende Lehrkräfte, sondern bringt Behinderung als Querschnittsthema in alle Bereiche der Universität“, sagt Lea Raak, die als Inklusionsexpertin im Team von Eddi Steinfeldt-Mehrtens mitarbeitet. „Die Lebens- und Studien- bzw. Arbeitsbedingungen für Menschen mit Behinderungen an der CAU zu verbessern ist uns ein gleichbleibend wichtiges Anliegen“.
Eine der Besonderheiten am aktuellen Kieler Projekt, das im Rahmen der HRK-Initiative „Vielfalt an deutschen Hochschulen“ gefördert wird, ist die institutionelle Verankerung: Die Stabsstelle Diversität und Antidiskriminierung sowie der Geschäftsbereich Qualitätsentwicklung in der Lehre sind gemeinsam federführend. Dadurch fließt Expertise aus zwei Bereichen ein, die sich inhaltlich bestens ergänzen. Die Dramaturgie des Projekts ist exakt ausbalanciert: In einer ersten Werkstatt im November fand in Arbeitsgruppen vor allem eine Ideensammlung statt. Bei der zweiten Werkstatt im Januar soll schon konkreter an der Umsetzung der Ideen gearbeitet werden, und beim dritten Termin im Februar geht es dann vor allem um eine Zwischenpräsentation und den Feinschliff. Die gesammelten Impulse fließen im Nachgang in die Handlungsempfehlungen ein. Dass sie später auch tatsächlich Eingang in die Lehre finden, da sind die Kieler:innen guter Hoffnung: Dadurch, dass sie von einer breiten Gruppe von Praktiker:innen und Betroffenen entwickelt werden, sollen sie besonders konkret und gut umsetzbar werden. „Wir möchten, dass das Thema Vielfalt durch die enge Zusammenarbeit so vieler Beteiligter noch selbstverständlicher zu einem Teil der Universitätskultur wird“, sagt Eddi Steinfeldt-Mehrtens.
Text von Kilian Kirchgeßner