Die Hochschule Magdeburg-Stendal will als Willkommens-Hochschule die Themen rund um Vielfalt stärker an der eigenen Hochschule und in der Region voranbringen.
Zum ersten Mal hatte Sascha Bornkampf mit einem Awareness-Konzept zu tun, als er noch Student war. Zusammen mit ein paar engagierten Kommiliton:innen setzte er sich an der Hochschule Magdeburg-Stendal dafür ein, den studentischen Treffpunkt Frösi wiederzubeleben. Das Frösi, einst eine Institution an der Hochschule, benannt nach einer früheren DDR-Kinderzeitschrift („Fröhlich sein und singen“), kam während seiner Studienzeit zunehmend ins Straucheln. „Wir haben damals einen Verein gegründet, um das Frösi wiederzubeleben. Nach den ersten Partys war uns klar: Ein Awareness-Konzept würde uns helfen, unter den Gästen ein Bewusstsein dafür zu schaffen, was erwünscht ist und was nicht – und an wen sie sich gegebenenfalls wenden können.“
Ein paar Jahre liegt das inzwischen zurück, heute ist Sascha Bornkampf wissenschaftlicher Mitarbeiter – und kann auf seine studentischen Erfahrungen aufbauen: Die Planung eines hochschulweiten Awareness-Konzepts ist eine der tragenden Säulen beim Projekt Vista-Win, das im Rahmen der HRK-Initiative „Vielfalt an deutschen Hochschulen“ umgesetzt wird. „Zum Thema Awareness veranstalten wir unter anderem Workshops, mit denen wir eine breite Zielgruppe ansprechen“, sagt Sascha Bornkampf: Von Studierenden über Mitarbeitende des Veranstaltungsmanagements geht es bis hin zu Angestellten der externen Firma, die für die Sicherheit auf dem Campus zuständig ist.
„Unser Ziel ist es, zu einer Willkommens-Hochschule zu werden und dafür eine durchdachte Strategie zu entwickeln“, sagt Prof. Dr. Josefine Heusinger, die das Projekt Vista-Win verantwortet. Dieses Ziel will das Team aus Professor:innen und Mitarbeitenden von beiden Standorten der Hochschule mit einer ganzen Reihe von Bausteinen erreichen: Mehr als 25 Maßnahmen und Veranstaltungen sind über die Projektlaufzeit geplant, darunter Weiterbildungen, Filmabende, Seminare und Diskussionsrunden. Inhaltlich ist das Projekt nicht auf das Thema Awareness beschränkt – im Gegenteil: Mit einem bewusst breiten Zuschnitt will sich die Hochschule neu aufstellen, eine Struktur etablieren und Angebote miteinander verknüpfen, die es bislang an beiden Hochschulstandstandorten in Magdeburg und Stendal oft schon parallel zueinander gibt. Auch soll die Selbstorganisation mehr Rückenwind bekommen: Ob queere Personen, Studierende mit Zuwanderungsgeschichte oder First Academics – sie alle werden unterstützt, sich zu organisieren und enger miteinander in Kontakt zu kommen.
„Das Thema Vielfalt schwappt zu uns in die Hochschule rein“, so fasst es Josefine Heusinger zusammen: „Und wir sehen es als unsere Aufgabe an, es wiederum hinauszutragen, ob in die Stadt Magdeburg oder den ländlichen Raum um den Standort Stendal.“ An Kitas und Schulen in der Region, aber auch an der Hochschule selbst gibt es immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund – und die geplante milliardenschwere Ansiedelung des Chip-Herstellers Intel sorgt wegen der Anziehungskraft auf internationale Fachkräfte für zusätzliche Aufmerksamkeit. Debatten anzustoßen und das Thema auf die Tagesordnung zu heben, sei deshalb eine wichtige Aufgabe – auch mit Blick auf die Öffentlichkeit außerhalb der Hochschule.
Ein besonderes Augenmerk soll auch auf die First-Generation-Academics geworfen werden. „Traditionell haben wir viele Erstakademiker:innen bei uns“, sagt Heusinger. Jetzt soll sich die Hochschule im Sinne des lebenslangen Lernens noch stärker für die verschiedenen Zielgruppen öffnen. Dazu ist unter anderem geplant, die Zulassung zu vereinfachen. So wurde gerade beschlossen, dass Studieninteressent:innen mit einigen Jahren relevanter Berufserfahrung für ein Probestudium zugelassen werden – und wer in dieser Zeit mindestens 30 Creditpoints sammelt, wird dann automatisch in den regulären Studierenden-Status überführt, ohne die bisher verpflichtenden Eignungsfeststellungs-Prüfungen zu absolvieren.
„In einer Abschlussveranstaltung wollen wir am Ende des Semesters alle Fäden aus der gesamten Projektlaufzeit zusammenführen“, sagen Sascha Bornkampf und Josefine Heusinger. Die Detailplanung für die Veranstaltung steht noch aus, aber eins wissen sie schon: „Das soll richtig rocken!“
Text von Kilian Kirchgeßner