Die Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen setzt für ihre entstehende Diversitätsstrategie auf Erfahrungen aus anderen Hochschulen – und hat dafür ein intensives Hospitationsprogramm aufgelegt. Ein Interview mit der Rektorin Prof. Barbara Schermaier-Stöckl.
Ihr Projekt „katho divers“ setzt sich aus zahlreichen Einzelveranstaltungen zusammen. Was war für Sie bislang das persönliche Highlight?
Interessanterweise gleich unsere Auftaktveranstaltung. Die war nämlich symbolträchtig: Wir hatten trotz der kurzen Vorlaufzeit von einem Monat rund 80 Teilnehmende. Das hat mir gleich am Anfang gezeigt, dass das Thema bei uns gut platziert ist.
Ist die Resonanz dann weiterhin so hoch geblieben?
Oh ja! Wir hatten das ganze Wintersemester als Diversitätssemester ausgerufen und fortlaufend Workshops zu verschiedenen Diversitätsthemen angeboten, durchschnittlich alle drei Wochen, und auch die waren gut besucht.
Moment: Die Katholische Hochschule hat ja neben ihrem Sitz in Köln auch Standorte in Aachen, Münster und Paderborn. Wie können Sie da alle Interessierten erreichen?
Wir haben die Workshops allesamt im Online-Format durchgeführt. Die wurden zum verbindenden Element während der Projektlaufzeit. Und dann haben sich an jedem unserer Standorte Planungsgruppen mit bis zu zehn Personen zusammengetan, die auch vor Ort nochmal dezentrale Workshops und Vorträge angeboten haben. Uns war wichtig, dass wir dabei alle Aktiven mit ins Boot geholt haben, denn es gab auch schon vorher eine ganze Reihe von Arbeitsgruppen. Die wollten wir miteinander vernetzen und die Arbeit stärker strukturieren.
Wie erklären Sie sich das große Interesse?
Sicherlich hat es eine Rolle gespielt, dass ich damals als Prorektorin die Projektleitung übernommen habe und jetzt Rektorin der Hochschule bin. Dass es so hoch aufgehängt ist innerhalb der Hochschulstruktur, war sicherlich sehr hilfreich. Ich selbst bin aber vor allem begeistert vom großen Engagement vor Ort: Es ist gelungen, sowohl Studierende als auch Verwaltungsmitarbeitende und Wissenschaftler:innen zu motivieren. Gerade auf Ebene der Studierenden hatte ich sogar den Eindruck, als hätten sie nur darauf gewartet, dass endlich etwas in Bewegung gerät.
Nun sind Sie eine katholische Hochschule. Gibt es von Seiten des Trägers Vorbehalte gegen Initiativen für mehr Vielfalt?
Im Gegenteil: Ich habe eine sehr große Offenheit erfahren, und natürlich haben wir unsere Träger – die Bistümer in NRW – eng mit einbezogen. Unser erklärtes Ziel ist es, dass wir unterrepräsentierte Gruppen bewusst an die Hochschule holen. Es gibt nach außen immer noch das Bild, dass bei uns nur Katholik:innen studieren können. Das stimmt aber nicht – man sollte sich mit dem christlichen Menschenbild identifizieren, aber eine Kirchenmitgliedschaft ist keine Aufnahmevoraussetzung. Und wir merken übrigens schon jetzt, dass das Projekt eine starke Wirkung entfaltet: Viele aktive Studierende trauen sich jetzt, mit Themen wie sexueller Identität oder sexueller Orientierung nach außen zu gehen. Unser Projekt wird als Ermutigung zu einem offensiveren Umgang verstanden, und das freut mich sehr.
Einer der zentralen Inhalte Ihres Projekts waren die sogenannten Hospitationen, bei denen Hochschulangehörige mit anderen Hochschulen in Kontakt getreten sind. Wie lief das?
Das war unheimlich interessant! Wir arbeiten bei uns ja an einer Diversitätsstrategie, und dafür wollten wir ganz bewusst Impulse, Erfahrungen und Ideen von anderen aufgreifen. Dazu waren wir an allen Hochschulstandorten in engem Austausch mit den anderen Hochschulen, die es dort gibt – und zwar auf der Ebene von allen Statusgruppen. Studierende, Verwaltungsmitarbeitende und Lehrende waren gleichermaßen beteiligt. Unser Ziel ist es, uns über die Strukturen zu informieren und auch mögliche Fallstricke kennenzulernen. Es gab dafür Besuche bei den anderen Hochschulen – und schon jetzt zeigt sich: In vielen Fällen besteht der Wunsch, die Zusammenarbeit auch langfristig zu vertiefen. Das ist übrigens einer der Gründe, weshalb wir gerade einen neuen Namen für unser Abschlussforum suchen.
Warum denn das?
Weil es eben kein Abschluss sein soll. Wir sehen die HRK-Initiative als Auftakt: Für uns geht es jetzt erst richtig los!
Das Interview führte Kilian Kirchgeßner.