Die Bucerius Law School will die Vielfalt ihrer Studierenden erhöhen und mit ihrem aktuellen Projekt „Diversity matters!“ zeigen, dass Diversität auch und gerade an privaten Hochschulen ein wichtiges Thema ist.
Natürlich kennen sie die Vorbehalte an der Bucerius Law School: Eine private Hochschule mit strengem Auswahlverfahren und hohen Studiengebühren, dazu noch die Fokussierung auf die Rechtswissenschaften. „Viele denken, das sei nicht der beste Nährboden für Vielfalt“, sagt Isabelle Pfister. Mit dem Projekt „Diversity matters!“, das sie koordiniert, soll dieses Klischee auf seinen Wahrheitsgehalt überprüft werden und es sollen zusätzliche Instrumente entwickelt werden, um die Vielfalt weiter zu stärken.
Zwei Aspekte stehen dazu bei der Bucerius Law School in Hamburg im Fokus: Zum einen geht es um die Zusammensetzung der Lehrenden- und Studierendenschaft, zum anderen um den Alltag auf dem Campus. „Die Sensibilität für das Thema Vielfalt ist in der Rechtswissenschaft von großer Bedeutung“, sagt Isabelle Pfister: „Viele unserer Absolvent:innen werden anschließend als Richter:innen, Staatsanwält:innen oder Rechtsanwält:innen arbeiten und im Rahmen dieser Tätigkeiten als Multiplikator:innen ihr Wissen und ihre Erfahrung in die Gesellschaft tragen.“
Die Stiftungshochschule nimmt jedes Jahr 119 Studierende auf, die in einem zweistufigen Verfahren aus einem Vielfachen an Bewerber:innen ausgewählt werden. Damit die Finanzierung des Studiums nicht zu einer Hürde für Interessent:innen wird, gibt es einen „Umgekehrten Generationenvertrag“, wie er an der Bucerius Law School genannt wird: Studierende müssen die Gebühren erst nach ihrem Studium zurückzahlen, wenn sie eine bestimmte Gehaltsgrenze überschreiten – eine Möglichkeit, die stark nachgefragt ist. Alternativ kann für die Zeit des Studiums bis zum ersten Staatsexamen ein fester Gebührenbetrag von rund 60.000 Euro gezahlt werden. Außerdem werden Voll- und Teilstipendien angeboten. „Wir können und wollen an den hohen Ansprüchen an unsere Studierenden nichts ändern. Aber wir möchten sehr gute Abiturient:innen auf unser Angebot aufmerksam machen, die vielleicht nicht von allein auf die Idee kämen, sich bei uns zu bewerben“, sagt Isabelle Pfister.
Im Rahmen der HRK-Initiative „Vielfalt an deutschen Hochschulen“ sollen an der Bucerius Law School zunächst alle Engagierten aus den verschiedenen bestehenden Ansätzen und Angeboten zusammengebracht werden. Es gibt nämlich schon eine ganze Reihe von Stellschrauben, an denen gedreht wird – von mehreren Stipendien über ein Mentoring-Programm für Erstakademiker:innen bis hin zu einem Auswahlverfahren, in dem die verschiedenen Vielfaltsdimensionen berücksichtigt werden. Auf dem Campus gibt es zudem die Law Clinic; in dieser Initiative bringen die Studierenden ihr juristisches Know-How ehrenamtlich ein; sie beraten mittellose Menschen, die aufgrund von Sprachbarrieren oder anderen Ausschlussmechanismen sonst keinen Zugang zu qualifizierter Rechtsberatung hätten „Wer dort mitarbeitet, bekommt einen anderen Blick auf die Gesellschaft“, hat Isabelle Pfister beobachtet. Alle diese Erfahrungen und Eindrücke will die Bucerius Law School zusammenführen, um einen ganzheitlichen Ansatz zu formulieren.
Teil des Projekts „Diversity matters!“ ist auch eine umfangreiche Erhebung von Daten und Bedarfen. Neben einer quantitativen Befragung zum Diversitätsklima soll es auch qualitative Interviews geben, in denen Studierende und Lehrende ebenso wie Mitarbeitende der Verwaltung zu ihrem Blick auf das Thema Vielfalt befragt werden. Hochschulweit werden Teilnehmer:innen angesprochen; bei der Auswahl soll darauf geachtet werden, dass möglichst alle Vielfaltsdimensionen abgebildet sind. Am Schluss des Projekts werden die Erkenntnisse in einem Workshop zusammengeführt, in dem ein ganzheitliches Diversitätskonzept erarbeitet werden soll. In einer Videoreihe sollen zudem Personen zu Wort kommen, die auf dem Campus in ganz unterschiedlicher Weise mit dem Thema Vielfalt zu tun haben. Zu einer abschließenden Tagung mit der Ergebnispräsentation werden auch Vertreter:innen von anderen Hochschulen und (juristischen) Fakultäten eingeladen. „Wir wollen Vorreiter sein“, fasst Isabelle Pfister den Anspruch an das Projekt zusammen.
Text von Kilian Kirchgeßner