Durch eine Bestandsaufnahme und Reflektion vorhandener Angebote will die Universität zu Lübeck ihre Ressourcen möglichst effizient einsetzen – erste Erfolge gibt es bereits.
Das Motiv der Illustration hat Anna-Lena Luther gleich gefallen: In Anlehnung an die berühmten drei Affen ist es gestaltet – „nichts hören, nichts sehen, nichts sagen“ –, nur behutsam übertragen in den Universitäts-Alltag, mit Kopfhörer zum Beispiel statt der zugehaltenen Ohren. „Das ist eines unserer Plakate“, sagt Anna-Lena Luther, die Inklusionsbeauftragte der Universität: „Auf ihm werben wir für eine offene Gesprächskultur.“
Sechs solcher Motive gibt es auf den Plakaten, um sexuelle Gewalt geht es auf ihnen ebenso wie um respektvolle Sprache oder Antidiskriminierung. Diese Kampagne ist eine der Säulen des Projekts, das die Universität zu Lübeck im Rahmen der HRK-Initiative „Vielfalt an deutschen Hochschulen“ umsetzt: Es soll deutlich werden, welche Angebote und Ansprechpartner:innen es an der Hochschule bereits gibt – mit einer zentralen Webseite, auf der alle Beratungsstellen aufgeführt sind und exemplarisch auch ein archetypischer Beratungsverlauf skizziert wird, um Schwellenängste abzubauen. „Uns ist es wichtig, eine positive Botschaft zu vermitteln“, sagt Anna-Lena Luther: „Wir haben gemerkt: Viele Leute sind unheimlich genervt vom erhobenen Zeigefinger.“
In Sachen Vielfalt ist die Universität zu Lübeck schon seit vielen Jahren aktiv. Ein Fokusthema ist die Gesundheit, was sich schon aus dem Studienangebot ergibt: Medizin und Gesundheitswissenschaften sowie Psychologie zählen zu den großen Studienfächern an der Universität. Das geförderte Projekt trägt den Titel „Sichtbarkeit. Sensibilisierung. Selbstreflexion. Projekt zur vertiefenden Förderung von Vielfalt“. Eine tragende Rolle dabei spielt unconscious bias. Vor wenigen Monaten ist dabei ein wichtiger Durchbruch erreicht worden: Die Hochschulleitung hat einen Kurs zu diesem Thema für alle Mitarbeitenden zur Verpflichtung gemacht, sowohl für neu Hinzukommende als auch für Bestehende. Zusammen mit einer Datenschutz-Fortbildung ist es der einzige Selbstlernkurs, der obligatorisch ist. Luther und ihre Kolleg:innen erarbeiten dazu gerade einen Selbstlernkurs, der vier Module à zwei Stunden umfasst – mit mehreren Komponenten: Zum Einstieg wird vermittelt, wie die Lübecker Universität in Sachen Vielfalt aufgestellt ist; danach wird unconscious bias und Antidiskriminierung allgemeiner behandelt. Die Relevanz wird deutlich gemacht, außerdem gibt es konkrete Verhaltensempfehlungen. Zum Abschluss werden die Ansprechpersonen an der Universität genannt. Der Kurs ist damit perfekt auf die Gegebenheiten in Lübeck zugeschnitten.
Eine weitere Säule des Projekts ist das Monitoring, das in Zusammenarbeit mit einem externen Organisationsberater stattfindet. „Wir haben bereits viele statistische Daten zum Thema Vielfalt, an der Stelle wollen wir also nicht ansetzen“, sagt Anna-Lena Luther, „stattdessen möchten wir die Wirksamkeit unserer Maßnahmen hinterfragen: Wie gut werden sie angenommen? Wie helfen sie den Betroffenen? Und welche Angebote fehlen ihnen möglicherweise auch?“ Das Ziel dahinter ist eine Bündelung von vorhandenen Angeboten – aber explizit auch eine Verschlankung der Strukturen. „Wir haben bei uns knappe Ressourcen, und die möchten wir möglichst effizient einsetzen“, begründet Luther das Vorgehen. In den vergangenen Jahren seien immer neue Ansätze und Angebote hinzugekommen, ohne dass die Ressourcen im gleichen Tempo mitgewachsen seien. Eine Bestandsaufnahme und ein Hinterfragen, um zu einer neuen, aktualisierten Ausrichtung der Angebote zu gelangen – in genau diesem Sinne erhofft sich das Lübecker Team von dem laufenden Projekt neue Impulse und Fingerzeige.
Text von Kilian Kirchgeßner