Von Lehrkonzepten zur Diversitätsstrategie: Beim Thema Vielfalt setzt die SRH Hochschule Heidelberg auf erprobte Strukturen.
Die SRH Hochschule Heidelberg betrachtet Vielfalt als integralen Bestandteil ihrer Identität, so Petra Kling. Gegründet im Jahr 1969, war die Hochschule aus der Stiftung Rehabilitation Heidelberg hervorgegangen, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst auf die Wiedereingliederung von Kriegsversehrten in den Arbeitsmarkt konzentrierte. Heute ist die SRH Hochschule Heidelberg Teil eines breit aufgestellten Stiftungsunternehmens mit Krankenhäusern, Fachschulen, spezialisierten Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen – und zählt zu den ältesten privaten Hochschulen in Deutschland.
„CORE – Diversity (CORDIS)“ ist das Projekt überschrieben, das die Heidelberger:innen im Rahmen der HRK-Initiative „Vielfalt an deutschen Hochschulen“ durchführen. Es besteht aus drei tragenden Säulen: einer Bestandsaufnahme, die mit einer Umfrage einhergeht, um individuelle Perspektiven und Bedarfe zu erheben. Zweitens gehören Workshops dazu, um Mitarbeitende im Bereich ihrer Diversitätskompetenzen weiterzubilden, und schließlich wird mit einer multimedialen Ausstellung die Vielfalt der Hochschulangehörigen sichtbar gemacht – intern, aber auch in der regionalen Öffentlichkeit. „Wir möchten zur Weiterentwicklung einer diversitätsfördernden Hochschulkultur beitragen“, sagt Petra Kling.
Der Titel CORDIS beinhaltet eine Anspielung auf das didaktische Konzept der Hochschule. Beim „CORE-Prinzip“ („Competence-oriented Research and Education“) ist einer der wichtigsten Grundsätze, dass die Lehre konsequent studierendenzentriert und lernzielorientiert gestaltet wird. Die traditionelle Semesterstruktur wurde hochschulweit aufgelöst und die Module finden stattdessen seit 2012 in Fünf-Wochen-Blöcken statt. Jeder Block schließt mit einer kompetenzorientierten Prüfung ab, maximal zwei Module laufen parallel nebeneinander. Die Folge: „Bulimielernen gibt es bei uns nicht“, sagt Projektmanagerin Petra Kling – Schritt für Schritt arbeiten die Studierenden so auf ihren Studienabschluss hin. Dieses Konzept zieht eine Zielgruppe besonders an, die an anderen Hochschulen möglicherweise nicht so glücklich wäre: „Zu uns kommen Macher:innen, die vor allem Handlungskompetenz erwerben wollen“, so fasst es Petra Kling zusammen. Und bei Erstsemesterbefragungen geben tatsächlich viele Studierende an, dass dieses Lernkonzept zu ihren Hauptgründen gehört, warum sie sich für die SRH Hochschule entschieden haben. Das Alleinstellungsmerkmal strahlt sogar international aus, die Studierendenschaft setzt sich aktuell aus 76 verschiedenen Nationen zusammen, 28 Prozent der Studierenden stammen nicht aus Deutschland; viele haben die Hochschulzugangsberechtigung in ihrem Heimatland erworben und sind dann speziell für das Studium nach Heidelberg gezogen.
Entsprechend gibt es bereits zahlreiche Angebote im Bereich der Vielfalt, die zwischenzeitlich übersichtlich auf der Homepage zusammengestellt wurden. „Bei unserer Umfrage haben wir aber festgestellt, dass trotz Kommunikationsmaßnahmen auf allen Kanälen viele Studierende sie gar nicht kennen“, bilanziert Petra Kling. Um dem abzuhelfen, haben die beiden Diversitätsbeauftragten und die Senatsbeauftragten für Studieren mit Unterstützungsbedarf damit begonnen, die Angebote persönlich während der laufenden Veranstaltungen den Studierenden vorstellen. Das Prinzip der Blockmodule erleichtert es, dabei alle Studierenden zu erreichen, dennoch muss der Gang durch die Veranstaltungsräume mit jedem neuen Jahrgang wiederholt werden.
Um innerhalb der Hochschule die Vielfaltskompetenzen der Mitarbeitenden weiterzuentwickeln, werden im Rahmen des Projekts CORDIS auch sechs Workshops angeboten, die sich mit den Themen Internationalität, Menschen mit Einschränkungen sowie Geschlechtervielfalt auseinandersetzen und zu einem besonderen Verständnis sowie einer verstärkten Sensibilität beitragen sollen. Die Kerninhalte fließen künftig in die regulären didaktischen Schulungen ein, die die Lehrenden an der SRH Hochschule Heidelberg im Rahmen ihres Onboardings obligatorisch durchlaufen.
Als Höhepunkt des Projekts, und um die Sichtbarkeit und das Bewusstsein für die auf dem Campus vorhandene Vielfalt zu erhöhen, ist darüber hinaus eine große Ausstellung mit dem Titel „Campusgeschichten“ geplant. Zahlreiche Hochschulangehörige werden dabei auf Plakaten ihre persönliche Geschichte präsentieren. Die Plakate sollen ein ganzes Semester lang auf den Fluren des zwölfstöckigen Hochschulgebäudes prominent platziert werden, außerdem auch als sogenannter Digitaler Zwilling auf der Homepage der Hochschule zugänglich sein. „Im Rahmen einer öffentlichen Vernissage wollen wir damit auch die Heidelberger Stadtgesellschaft erreichen“, sagt Petra Kling.
Eine Erkenntnis bezüglich des Gelingens einer vielfaltsfördernden Hochschulkultur ist für Petra Kling kurz vor Ende des Projekts sehr bedeutsam: Der entscheidende Schlüssel liegt in der Unterstützung durch die Hochschulleitung. In Heidelberg können sich alle Beteiligten dieser gewiss sein, wodurch die SRH Hochschule Heidelberg ihren Ruf als weltoffene Willkommenshochschule auch künftig weiter festigen kann.
Text von Kilian Kirchgeßner