An der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sind Vielfalt und Chancengleichheit zentrale Elemente im entstehenden Hochschulentwicklungsplan.
Allein schon der Titel macht neugierig: „Wer wird Professor*in?“ heißt das Spiel, das an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg entwickelt wurde, und wer es spielt, schlüpft dafür in die Rolle einer Person, die ein Erststudium beginnt. Über alle möglichen Hindernisse hinweg führt der Weg bis zur Professur – „und ganz nebenbei vermitteln wir jede Menge Fakten- und Hintergrundwissen zum Thema Vielfalt“, sagt Sabine Wöller von der Präventions- und Beratungsstelle Antidiskriminierung.
Spielerisch und zugleich sehr strategisch geht das Team von der Universität Halle das Projekt an, das unter dem Motto „Vielfalt sichtbar machen – Diversität erleben – Diskriminierungsrisiken abbauen“ im Rahmen der HRK-Initiative „Vielfalt an deutschen Hochschulen“ stattfindet. Da sich die Universität im Zeitraum des Projektes in dem Prozess einer strategischen Neuausrichtung befindet, können dank des Projekts die Vielfaltsdimensionen als Querschnittsthemen im entstehenden Hochschulentwicklungsplan platziert werden. Workshops und andere Maßnahmen der Stabsstelle Vielfalt und Chancengleichheit, die an der Universität direkt der Rektorin zugeordnet ist, begleiten diesen Prozess. „Uns geht es um die strategische Verankerung dieses Themas“, sagt Martina Langnickel, die Leiterin der Stabsstelle. „Für jede der Vielfaltsdimensionen setzen wir innerhalb dieser Strategie eigene Schwerpunkte.“ Familiengerechtigkeit und Gleichstellung etwa seien an der Universität schon stark institutionalisiert und brauchten deshalb andere Impulse als beispielweise das Thema Inklusion, zu dem erst unlängst eine Inklusionsvereinbarung verabschiedet wurde. Ein gemeinsames Ziel gebe es auch, sagt Martina Langnickel: „Über alle Vielfaltsdimensionen hinweg möchten wir die bestehenden Maßnahmen sichtbarer machen.“
Besonders gern erinnert sie sich an einen Workshop in der Mitte des Projekts, bei dem zahlreiche Vielfaltsperspektiven zusammengetragen wurden, um den Austausch zu intensivieren. 40 Teilnehmende gab es, die aus allen Bereichen und Mitgliedergruppen kamen – von der Promovierenden- bis zur Schwerbehindertenvertretung. „Die positiven Rückmeldungen zeugen vom großen Engagement, das wir hier bei diesem Thema haben“, sagt Langnickel. Und: Es habe sich gezeigt, dass alle an einem Blick über den Tellerrand interessiert seien. „Wir wollen themenverschränkt arbeiten, und das war ein sehr gelungener Auftakt dafür.“
Eine weitere Maßnahme war eine Klausur aller Mitarbeitenden der Stabsstelle, die sich dafür an einen Tagungsort außerhalb der Stadt zurückzogen, um konzentriert und ungestört zu arbeiten. „Wir alle fanden die grundlegenden Diskussionen außerordentlich wertvoll, weil im Arbeitsalltag oft einfach keine Zeit für sie ist“, sagt Dr. Andrea Ritschel, Referentin für Vielfalt und Chancengleichheit. Wie ein Sensor seien die Gespräche mit professioneller Moderation gewesen – ein Sensor dafür, wie die breit gefächerten Themen der Stabsstelle bei Kolleg:innen wahrgenommen werden und wo gemeinsamer Handlungsbedarf und neue Ideen zu finden sind.
Das Spiel „Wer wird Professor*in?“, das im Rahmen des Projekts entstanden ist, wird in Halle unter anderem bei Infoständen und beim Hochschulinformationstag eingesetzt. In ihm entscheidet ein Glücksrad, ob der Weg vom Bachelorstudium zur Professur gelingt. Dieses legt fest, von welchem Stapel die Spieler:innen eine Karte ziehen und bestimmt so, ob die Karriere gefördert wird (zum Beispiel weil das akademische Elternhaus unterstützten kann) oder ausgebremst wird (zum Beispiel durch die Geburt eines Kindes). Zudem gibt es Supportkarten, die Unterstützungsmöglichkeiten aufzeigen, und Quizfragen zu Vielfalt im Hochschulkontext. „So wird spielerisch erfahrbar, was Vielfalt bedeutet und wo Diskriminierungsrisiken lauern – aber auch, wo die Universität in herausfordernden Situationen unterstützen kann“, sagt Sabine Wöller. Das Spiel wurde in zwei Formaten entwickelt. „Eines ist für Informationsstände gedacht und lässt sich in etwa zehn Minuten durchspielen“, so Sabine Wöller. Das zweite Format kommt in der Lehre und Weiterbildung zum Einsatz, es ist mit mehr Spielstationen auf eine längere Spieldauer ausgelegt, sodass sich die Themen besser vertiefen lassen. Durch diese attraktive und niedrigschwellige Maßnahme soll es gelingen, noch mehr Studierende und Beschäftigte für die Themen Vielfalt und Antidiskriminierung zu sensibilisieren – und bestenfalls auch das Interesse zu wecken, sich für eine diversitätssensible Universität einzusetzen.
Text von Kilian Kirchgeßner