Die Entscheidung für ein Kleines Fach hat die Biomathematik-Absolventin Daniela Zöller noch nie bereut. Nach dem Studium standen ihr alle Wege offen – sie entschied sich für eine akademische Laufbahn. Der erste von zwei Berichten über Kleine-Fächer-Alumnis.
An ihr Aha-Erlebnis erinnert sich Daniela Zöller auch heute noch genau, mehr als ein Jahrzehnt danach: „Kurz vor meinem Abitur bin ich zum ‚Tag der Mathematik’ an die Hochschule Koblenz gefahren“, erzählt sie, „und saß da in einer Vorlesung, in der die Biomathematik präsentiert wurde. In jedem einzelnen Moment dieser Veranstaltung habe ich gemerkt, dass es genau das ist, was ich machen möchte.“ Inzwischen hat sie das Studium längst hinter sich und arbeitet in Freiburg an ihrer Habilitation.
Die Entscheidung für ein Kleines Fach, da ist sich Daniela Zöller heute sicher, war goldrichtig – auch wenn sie erst durch einen Zufall überhaupt auf die Biomathematik aufmerksam wurde. „In der Schule kannte ich das Fach zunächst gar nicht, obwohl ich Mathematik und Biologie im Leistungskurs hatte“, sagt sie rückblickend. Ein Studienfach mit Mathe, darüber dachte sie schon lange nach, aber sie wünschte sich etwas mehr Anwendungsorientierung. Die Biomathematik, für die sie sich schließlich einschrieb, habe es damals nur zweimal in Deutschland gegeben: in Greifswald und eben in Koblenz. Wenn sie nicht dort aus der Nähe gestammt hätte, sagt sie, hätte sie vielleicht nie etwas von diesem Fach mitbekommen.
Heute ist sie ein Paradebeispiel dafür geworden, welche Chancen sich für Absolventen von Kleinen Fächern auftun. Viele ihrer Kommilitoninnen und Kommilitonen arbeiten jetzt entweder in der Pharmabranche oder bei einer der Agenturen, die für die Medikamentenzulassung zuständig sind. Daniela Zöller entschied sich für eine akademische Karriere an einer Uniklinik.
Alle diese Tätigkeiten, die im Grenzbereich von Mathematik und Medizin liegen, sind typisch für die Biomathematik. Mit Medizinprodukten, mit Bildverarbeitung oder auch Systembiologie können sich Absolventen auseinandersetzen, und Daniela Zöller nutzte das Studium, um sich in allen Bereichen erst einmal umzuschauen. „Uns sagte gleich am Anfang einer der Professoren, dass bundesweit alle arbeitslosen Mathematiker in einen einzigen Bus passen“, erinnert sie sich schmunzelnd – eine Aussage, die ihr viel Gelassenheit gab, um den Bereich zu finden, der ihr selbst am besten liegt.
Dass es das Feld der Biostatistik sein könnte, ahnte Daniela Zöller, als sie an der Hochschule erstmals mit sogenannten gemischten Modellen in Kontakt kam – und gleich fasziniert war. Was das ist? Sie erklärt es an einem Beispiel: Während bei der linearen Regression etwa ein Zusammenhang zwischen der Klassenstufe und Ergebnissen eines mathematischen Tests eines Kindes errechnet werden kann, könne man bei den gemischten Modellen etwa den Einfluss berücksichtigen, der zwischen Kindern entsteht, die von der gleichen Lehrerin unterrichtet wurden und die gleiche Schule besucht haben. Angewandt werden diese mathematischen Methoden vor allem in der medizinischen Forschung: „Als ich mit den gemischten Modellen in Kontakt kam, wollte ich das gleich in der Praxis anwenden und habe mich für ein Praktikum bei einer Firma beworben, die klinische Versuche mathematisch auswertet“, erzählt Zöller.
Genau das ist der Bereich, in dem sie bis heute tätig ist: An der Uniklinik in Mainz promovierte sie (dass sie von einer Fachhochschule kam, habe ihr wegen des stärkeren Fokus auf Anwendungsorientierung eher genutzt als geschadet, erinnert sie sich), jetzt ist sie an der Universitätsklinik in Freiburg am Institut für Medizinische Biometrie und Statistik tätig. Dort arbeitet sie an komplizierten Modellierungen, die vor allem das Ziel haben, die medizinische Forschung zu unterstützen – etwa, wenn die Daten von den drei großen Kohortenstudien, die derzeit in Deutschland stattfinden, miteinander verknüpft werden. Oder wenn, wie bei einem anderen Projekt, die Daten von großen deutschen Unikliniken für eine Analyse zusammengeführt werden, um etwa den Erfolg von unterschiedlichen Behandlungsmethoden bei bestimmten Krankheitsbildern zu bewerten – „dabei geht es um Bluthochdruck ebenso wie um Knie-Operationen; einfach um alles, was in einer Uniklinik behandelt wird“, sagt Daniela Zöller.
Dass sie hier an der richtigen Stelle ist, davon ist sie überzeugt. Genauso wie damals, als sie vor ihrem Abitur in der ersten Biomathematik-Vorlesung saß und gleich spürte, dass sie das Thema gefunden hatte, mit dem sie sich ihr Leben lang beschäftigen wollte.
Text von Kilian Kirchgeßner.
Zur Person:
Daniela Zöller ist Alumna des Kleinen Faches Biomathematik. Heute ist sie Wissenschaftlerin am Institut für Medizinische Biometrie und Statistik und arbeitet an ihrer Habilitation.